"Prozess der Aufarbeitung": DSV will "weitere Veränderung"

"Prozess der Aufarbeitung": DSV will "weitere Veränderung"
"Prozess der Aufarbeitung": DSV will "weitere Veränderung"

Der nach den schweren Missbrauchs- und Vertuschungsvorwürfen des früheren Wasserspringers Jan Hempel unter Druck geratene Deutsche Schwimm-Verband räumt ein, "dass es trotz aller Fortschritte und Bemühungen in der jüngeren Zeit dringend weiterer Veränderungen in der Verbandskultur bedarf". Das schrieb der DSV am Montag in einer Stellungnahme, die auf die ARD-Dokumentation "Missbraucht" folgt.

"Wir möchten uns an dieser Stelle aufrichtig bei allen Menschen entschuldigen, die jemals Gewalt, gleich ob körperlicher, seelischer oder sexueller Art im deutschen Schwimmsport erleben mussten", hieß es in den Schreiben: "Wir können Taten aus der Vergangenheit leider nicht mehr ungeschehen machen, aber als die aktuell Verantwortlichen tun wir alles in unserer Macht Stehende, um solche unfassbaren Taten jetzt und in Zukunft zu verhindern."

Hempel hatte öffentlich von sexuellem Missbrauch eines früheren Trainers berichtet und dem heutigen Bundestrainer Lutz Buschkow vorgeworfen, davon gewusst zu haben. Der DSV erklärte, erst durch die Veröffentlichung am 18. August von den Vorwürfen erfahren zu haben. "Noch am selben Tag wurde Herr Buschkow mit sofortiger Wirkung und bis zur Klärung der Vorwürfe von seinem Posten freigestellt. Bis zum Abschluss der Ermittlungen gilt allerdings die rechtsstaatliche Unschuldsvermutung", teilte der DSV mit.

"Der Prozess der Aufarbeitung hat begonnen und ist im Sinne der Gründlichkeit nicht innerhalb von wenigen Tagen abzuschließen", gab der DSV zu bedenken. Zur Aufarbeitung gehöre, dass die Präventionsbeauftragte Franka Weber "alle in der ARD-Dokumentation namentlich auftretenden Personen kontaktiert und ein Hilfsangebot unterbreitet sowie um weitere Informationen gebeten" habe, "die zur Aufklärung der Fälle beitragen können".

Die Sportpolitik in Berlin hatte den Druck auf den Schwimmverband am Wochenende erhöht und die öffentliche Förderung des DSV infrage gestellt. "Wir haben jetzt gesehen, dass die Zeit für Lippenbekenntnisse endgültig vorbei ist", sagte Mahmut Özdemir (SPD), für den Sport zuständiger Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium, der ARD-Sportschau.

Der DSV wies darauf hin, dass ein "Verband mit höchsten moralischen Ansprüchen mitunter schnell an rechtliche, strukturelle und auch finanzielle Grenzen" stoße, die auch durch die ausschließlich ehrenamtlich tätigen "Ansprechpersonen für den Bereich Prävention sexualisierter Gewalt" gesetzt werden. Daher seien der Schwimmverband und "alle anderen Sportorganisationen zwingend auch auf Unterstützung übergeordneter Institutionen angewiesen".

Der DSV schließe sich deshalb "nochmals ausdrücklich der Forderung nach einer unabhängigen und übergeordneten Anlaufstelle für Athlet*innen inklusive der notwendigen finanziellen Ausstattung durch die öffentliche Hand an, um die Verbände in ihrer Präventionsarbeit zu unterstützen". Der Verein Athleten Deutschland drängt auf die Gründung eines unabhängigen Zentrums für Safe Sport. Auch die Bundesregierung macht sich dafür stark.