Schröder drohen ungemütliche Zeiten

Dennis Schröder soll in der kommenden Saison dei Atlanta Hawks führen

"Wenn eine Zeitung negativ über einen Spieler berichtet, dann muss der Verband hinter ihm stehen. Wenn das nicht so ist, bin ich eben in Zukunft raus." Diese Drohung von Dennis Schröder hat gesessen.

Der Braunschweiger, der von Dirk Nowitzki die Fackel als Hoffnungsträger des deutschen Basketballs übernimmt, forderte in der Welt überdeutlich die Rückendeckung des Verbandes ein und greift dabei mit der Rücktritts-Drohung weit oben ins Regal. Und das kurz vor der EM (31. August bis 17. September).

Nach der Kritik rund um die EM 2015 habe er sogar an Rücktritt gedacht. Zeitpunkt und vor allem die Deutlichkeit der Aussagen verwundern – zumal es für Schröder auch in der NBA bei den Atlanta Hawks ab Oktober ungemütlicher werden könnte.

Denn bei seinem Klub ist Schröder, der ins erste Jahr seines 70-Millionen-Vertrages geht, auf einmal im Keller der NBA angekommen – und steht als Topverdiener viel mehr im Fokus als früher.

Dabei waren die Hawks vor zwei Jahren noch eines der heißesten Teams der NBA – heute werden sie als eines der miesesten eingestuft. Wie konnte es dazu kommen?

In zwei Jahren von der Spitze in den Keller

Was haben Jeff Teague, Kyle Korver, Paul Millsap und Al Horford gemeinsam? Richtig, alle vier waren All-Stars und spielten noch vor zwei Jahren gemeinsam bei den Atlanta Hawks.

Unterstützt wurden sie von DeMarre Carroll, einem der Aufsteiger des Jahres, und wohl nur die Golden State Warriors hatten damals eine noch bessere Starting Five als Atlanta.

Kein Wunder, dass die Hawks 2015 mit 60 Saisonsiegen die mit Abstand beste Bilanz im Osten hatten - sieben Siege vor den Cleveland Cavaliers um LeBron James.

Letzter Superstar mit Millsap weg

Dieses Hawks-Team mit Talent Schröder in der Hinterhand hatte das Potenzial, in den nächsten Jahren den Titel zu gewinnen.

Die Betonung liegt auf "hatte", denn von der damaligen Starting Five, die im Januar 2015 sogar komplett für den "Player of the Month" nominiert wurde, ist nichts mehr übrig.

In Millsap hat sich in diesem Sommer der letzte Superstar verabschiedet, in Dwight Howard und Tim Hardaway folgten zwei weitere Leistungsträger.

Schlechte Erfolgsaussichten für Schröder, der 2017 in seinen ersten Playoffs als Starter mit einem Schnitt von 24,7 Punkten und 7,7 Assists bewies, dass er den nächsten Schritt in seiner Entwicklung genommen hat.

Hawks ohne große Playoff-Chancen

Playoffs wird der deutsche Nationalspieler jedoch so schnell wahrscheinlich nicht mehr spielen - zumindest nicht mit den Atlanta Hawks.

In Kent Bazemore hat Atlanta gerade einmal noch einen zweiten zuverlässigen Scorer in den Reihen - das war's. Um damit die Playoffs zu erreichen, müsste Schröder schon zu Russell Westbrook mutieren und ein Triple-Double im Schnitt auflegen.

Deutlich realistischer ist aber, dass die Hawks mit den Brooklyn Nets und Chicago Bulls um den letzten Platz im Osten kämpfen. ESPN sieht Atlanta in seiner Vorhersage am Saisonende mit 27 Siegen sogar als das schlechteste Team der Liga.

Für die Hawks im Tank-Modus käme das wohl alles andere als ungelegen - schließlich würde dies die Chancen erhöhen, den Top-Draftpick zu erhalten.

Schröder jetzt voll im Fokus der Medien

Bleibt die Frage, wie Schröder mit der mitunter deutlich schärferen Kritik der US-Medien umgeht, wenn er schon bei Kritik in Deutschland empfindlich reagiert?

Natürlich geht es in Atlanta erst einmal nicht mehr primär ums Gewinnen. Dennoch kommt bei ständigen Niederlagen (die zu erwarten sind) viel schneller medialer Gegenwind. Der kommt dann zuerst bei den Topverdienern an.

Mit 15,5 Millionen pro Saison steht Schröder nun deutlich mehr im Scheinwerferlicht als in den Vorjahren. Kein Star ist mehr da, der sich schützend vor ihn stellen könnte. Jetzt ist Schröder "The Man" – mit allen Vor- und Nachteilen dieser Rolle.

Blüht er in der Rolle des einzigen Superstars im Team auf oder will er sich bald einem Superteam anschließen, damit er um den Titel mitspielen kann?

Im Moment freut sich Schröder erst einmal auf die Rolle des Anführers. "Ich habe mit dem Trainer gesprochen. Wir wollen, dass sich die jungen Spieler verbessern und dass ich den richtigen Weg vorgebe", sagte Schröder.

Da er seinen Vertrag erst Ende des vergangenen Jahres bis 2021 verlängert hat, ist er sowieso für einige Jahre an die Hawks gebunden.

Für den 23-Jährigen passiert der Umbruch deshalb zum idealen Moment: "Das ist der perfekte Zeitpunkt. Ich habe noch viele Jahre vor mir, in denen ich mich entwickeln kann. Hoffentlich kann ich mein Spiel nächste Saison auf ein neues Level heben. Ich nehme die Herausforderung an."