Reaktionen von Süle und Kimmich: Wo bleibt die Demut?

Die beiden Bayernspieler schossen sich nach der Pleite gegen Real Madrid auf den Gegner ein und verdrehten die Realität. Dabei müssten sie sich in erster Linie an der eigenen Nase packen.

Niklas Süle hält nicht viel von Real Madrid
Niklas Süle hält nicht viel von Real Madrid

Die TV-Rechteinhaber schnappten sich zunächst Thomas Müller, die ersten Bayernspieler, die sich der wartenden Journalistenschar in der Mixed Zone stellten, waren aber die jungen. Nicht etwa Führungsspieler wie Mats Hummels, sondern Niklas Süle und Joshua Kimmich.

Und was die beiden Verteidiger zu sagen hatten, war bemerkenswert. “Wenn wir 5:2 gewonnen hätten, hätte sich keiner beschweren können”, sagte Süle. Mit dieser Aussage konfrontiert konterte Kimmich: “5:2? Ich würde eher sagen 7:2.”

Man könnte sich ja in der Mitte treffen, also 6:2. Sechs zu zwei. Gegen Real Madrid. Im Champions-League-Halbfinale. Soso.

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Die Vielzahl klarer Torchancen gab es nicht

Ok, die Bayern hatten mehr Torchancen als Real und das Ergebnis ist aus Münchner Sicht sicherlich unglücklich. Aber die Vielzahl an klaren Torchancen (Kimmich zählte sechs oder sieben) gab es definitiv nicht. Real-Torhüter Keylor Navas musste nur einmal sein Können auf der Linie zeigen bei einem Schuss von Franck Ribery kurz nach der Pause.

Doch Süle und Kimmich hatten noch mehr zu sagen. In der Kabine war keiner dabei, der gesagt hat: ‘Scheiße, wir sind raus!’ Wir waren alle der Meinung, dass noch alles drin ist. Denn ich glaube, ich habe selten so ein schwaches Real Madrid in München gesehen”, fügte Süle an. Kimmich erkannte die Qualität von Real, aus zwei Chance zwei Tore zu machen, an, aber die Gäste aus Spanien hätten “ganz klar gezeigt, dass sie sehr große Schwächen haben.”

Zahlenspiele sind sinnlos

Es war schon ein Schwung Überheblichkeit dabei in der Analyse. Süle und Kimmich machten es sich sehr einfach, indem sie den Gegner, der seit vier Jahren die unumstritten beste Mannschaft Europas ist, klein redeten. 5:2, 6:2, 7:2 – die Zahlenspiele sind sinnlos und entsprechen auch nicht der Realität.

Für beide war das Duell mit Real Madrid das erste ganz große Spiel in ihrer Karriere. Da wäre ein bisschen mehr Demut in der Analyse angebracht gewesen. Die Bayern müssen vielmehr die Schuld bei sich suchen, denn gegen ein allenfalls durchschnittliches Real Madrid hätte viel mehr rausspringen müssen, als die sechste Pleite gegen die Königlichen in Folge. So unsichtbar wie in diesem Spiel war Cristiano Ronaldo schon lange nicht mehr.

Aber es passte einfach einiges nicht im Bayern-Spiel. Wenig Druck über die Flügel, abgesehen von einer guten Phase von Ribery nach der Pause. Wenig klar vorgetragene Angriffe, die zu einer klaren Torchance hätten führen können. Schlüsselspieler wie Thiago und Lewandowski, die in einem großen Spiel erneut nicht da waren. Und zu allem Überfluss kam dann noch der kapitale Bock von Rafinha vor dem 1:2 hinzu.

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Statt auf die Schwächen des Gegners hinzuweisen, ist Selbstkritik angesagt. Der Kapitän ging hier mit gutem Beispiel voran. “Wir haben einige Dinge nicht gut gemacht, von hinten bis vorne”, sagte Thomas Müller und stellte vor allem die mentale Qualität der Bayern infrage. “Wir brauchen eine andere Killermentalität. Über das ganze Spiel gesehen waren wir zu naiv.”

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Diese Naivität verfolgt die Bayern in der Champions League schon seit Jahren. Seit dem Titelgewinn 2013 haben sie acht Spiele im Viertel- oder Halbfinale verloren. Das reicht einfach nicht, um den Pott holen.