Review Area – so lief das Sportwochenende: Wo man noch Meister werden will

In der Bundesliga will niemand Meister werden, was den spannendsten Endspurt seit zehn Jahren zur Folge hat. Sonst so: Wahre Sensationen im Abstiegskampf, wahres Drama in England, wahre Langeweile in der Formel 1 und der HSV in seiner Paraderolle - als einzig wahrer Klassenclown des deutschen Fußballs. Das war los am Sportwochenende.

Wollte Meister werden, ist es geworden: Pep Guardiola
Wollte Meister werden, ist es geworden: Pep Guardiola

Will hier eigentlich jemand Meister werden?

Wir starten traditionell mit dem Kampf um die Schale, der sich – sensationeller Weise – nun erst am finalen Spieltag entscheidend wird. Das war das letzte Mal vor zehn Jahren der Fall, der letzte einstellige Punkteabstand zwischen Meister und Vize ist auch schon wieder sieben Lenze her. Es gibt also endlich wieder Spannung, yay! Zu verdanken haben wir das dem “Witz des Jahres”, wie Uli Hoeneß das nicht gegebene Bayern-Tor gegen Leipzig taufte, in dessen Entstehung Lewandowskis Fußspitze vom Video-Referee circa vier Millimeter im Abseits ertappt wurde. Arschknapp, aber eben auch: richtig. Ganz ohne Witz. Ach ja, der BVB hat natürlich auch seinen Anteil, wenngleich die Schwarzgelben alles dafür taten, dass es nicht so kommt. Gegen Aufsteiger Düsseldorf erzielte der BVB in der zweiten Minute der Nachspielzeit das 3:1, kassierte dann aber noch den Anschluss und musste mit ansehen, wie zwei Großchancen knapp an Marvin Hitz‘ Kasten vorbeisegelten. Am Ende stand aber der Dreier und somit die Entscheidung am 34. Spieltag. Da muss der BVB nach Gladbach, die selbst gerade wieder das Fußballspielen für sich entdeckt haben (Viernull beim Club), der FC Bayern empfängt Frankfurt, die nach einer Mammutsaison und dem Europa-League-Aus daherkommen wie – Achtung, Game-of-Thrones-Spoiler! – Euron Greyjoys Flotte nach der Schlacht um King’s Landing (für alle Nicht-GoT-Schauer: kaputt). Hat hier jemand was von Spannung gesagt?

Die wahre Sensation im Abstiegskampf

Tatsachen geschaffen wurden am anderen Ende der Tabelle. Weil der VfB Stuttgart auch in der Höhe überraschend mit 3:0 gegen Wolfsburg gewann, war es ganz und gar wurscht, dass der Vorletzte aus Hannover genauso deutlich siegte und das Schlusslicht aus Nürnberg noch klarer verlor: die letzten drei Plätze der Saison sind vergeben, der VfB darf’s in der Relegation nochmal probieren, 96 und der Glubb müssen runter. En Schock? Nö. Hatte sich angedeutet. Die eigentliche Sensation des diesjährigen Abstiegskampfes war ohnehin, dass der FCN mit drei (!) Saisonsiegen bis zum vorletzten Spieltag noch die Chance hatte, die Klasse zu halten.

Die Formel 1 ist zu einfach

Fünf Rennen ist die Formel-1-Saison alt, fünfmal standen zwei Fahrer ganz oben auf dem Podest: Lewis Hamilton und Valtteri Bottas, die Mercedes gerade einen nie dagewesenen Siegeszug bescheren. Während die Konkurrenz schimpft, hatte man bei den Silberpfeilen beim GP von Spanien sogar Zeit, gänzlich andere Themen zu suchen; Hamilton fand eines – die Dopingkontrollen. In der Formel 1 überflüssig, findet der Engländer. Warum? Weil Doping nix bringt. Warum? “Die Autos sind nicht schwierig genug zu fahren. Es ist nicht anstrengend genug. Deshalb kann ja auch schon ein 18-Jähriger hier mithalten.” Na dann … Prost!

Der beste Verlierer aller Zeiten

Ein kleines bisschen enger war das Rennen um den Titel in der Premier League, welches am Wochenende zu Ende ging. 98 zu 97 lautete der Punktestand an dessen Ende zugunsten von Manchester City und Pep Guardiola, der sich nach 14 Siegen in Folge über den “mit Abstand schwierigsten Titel” seiner Laufbahn freute. “Nicht so gut” fühlte sich im fünf Autostunden entfernten Brighton Jürgen Klopp, der mit Pool den letzten Akt der Ligasaison ebenso erfolgreich hinter sich brachte. Nur: es reichte eben nicht. Übrigens: Klammert man diese und vergangene Spielzeit aus, hätten Pools 97 Punkte seit 1993 immer zum Titel gereicht. Kleiner Trost: ein nicht ganz soooo unbedeutendes Spiel haben die Reds im Juni ja noch vor sich.

Formvollendet gegen die Wand

Ebenso wenig gereicht hat es für den HSV, der die Mission sofortiger Wiederaufstieg am Sonntag formvollendet gegen die Wand gefahren hat. Die seit dem 10. März mächtig stolpernden Hanseaten verloren mit 1:4 gegen Paderborn und sind damit nicht nur seit acht Bundesligaspielen sieglos, sondern haben den Aufstieg bei drei Punkten Rückstand auf Rang drei und einem Torverhältnis von 0 vergeigt. “Wir haben uns einfach verpisst”, schimpfte Kapitän Aaron Hunt nach der Klatsche. Verpissen – aber in die richtige Richtung, in die Bundesliga – werden sich neben Radkappen-Meister Köln relativ sensationell auch Aufsteiger Paderborn und/oder Union Berlin.

For Whom the Bell Tolls

Dem emotional vollzeitbeschäftigen Fußballfan wird’s vermutlich gar nicht aufgefallen sein: es ist grade Eishockey-WM! Die läuft für die DEB-Herren bislang durchaus erfolgreich. Aus zwei Vorrundenspielen gab’s zwei Siege, einen gegen Underdog England, einen gegen Dänemark - trotz eines auf skandalöse Art und Weise aberkannten, eigentlich regulären Tores. Goalie Mathias Niederberger, gegen die Dänen mit der Beste, plauderte nach der Schlusssirene dann noch fröhlich ein bizarres Kabinen-Ritual der Nationalmannschaft aus. So übergibt Bundestrainer Toni Söderholm nach jedem Spiel seinem Torwart eine Glocke, die dieser dann an den seiner Meinung nach besten Spieler weiterreicht. Der wiederum leutet die Glocke im Kreis der Mannschaft, um das Spiel auch symbolisch zu beenden. Und im Hintergrund läuft Black Sabbath?