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Warum Ridepooling in Deutschland gescheitert ist

So sehen die Fahrzeuge des Ridepooling-Anbieters Moia in Hamburg aus. - Copyright: Moia
So sehen die Fahrzeuge des Ridepooling-Anbieters Moia in Hamburg aus. - Copyright: Moia

Auf dem Papier ist Ridepooling eine grandiose Idee. Mehrere Personen teilen sich einen Kleinbus, der sie abholt und an oder in der Nähe der gewünschten Adresse absetzt. Die Vorteile liegen auf der Hand: Fahrgäste kommen preiswert und schnell ans Ziel. Obendrein schonen sie die Umwelt.

Und doch gibt es in Deutschland anscheinend zwei Städte, in denen das Konzept funktioniert: Hamburg und Hannover. In allen anderen Großstädten sind Ridepooling-Angebote verschwunden. Beispiel Clevershuttle: Erst vor wenigen Wochen musste das Unternehmen Insolvenz anmelden. Die Deutsche Bahn hatte sich zuvor Ankerinvestor zurückgezogen. Auch der Konzern glaubt offenbar nicht mehr an das Konzept.

Nur Volkswagen hält das Konzept noch am Leben

Die Frage ist aber, warum Ridepooling in der Fläche bislang nicht erfolgreich ist. Dass hiesige Angebote wie Clevershuttle oder der Berliner Berlkönig keinen Bestand hatten, liegt vorwiegend an den Kosten. Allein der Betrieb der Fahrzeuge übersteigt bei Weitem die Einnahmen, die aus den Fahrten generiert werden. Sowohl der Berlkönig als auch Clevershuttle haben nie Gewinne eingefahren und waren für die Betreiber und partizipierenden Städte ein Geldgrab. Dass Moia bis heute in Hamburg und Hannover verkehrt, liegt hauptsächlich daran, dass Eigentümer Volkswagen bereit ist, langfristig zu investieren.

In anderen Städten fanden sich keine so großzügige Unternehmen. Dass VW seine Ridepooling-Tochter nicht außerhalb von Hannover und Hamburg startet, liegt auch daran, dass die Kassen beim Automobilkonzern nicht unendlich gefüllt sind. Die Wolfsburger sehen in Moia hauptsächlich ein Projekt, um in Zukunft eine Plattform für autonom fahrende Mobilitätsangebote am Start zu haben. Die Idee ist, dass das Ridepooling dann finanziell lukrativ wird, wenn die Kosten für die Fahrer wegfallen.

Wenig Akzeptanz von Städten und Taxifahrern

Doch die Kosten für Fahrer und Fahrzeuge sind nur ein Teil des Problems. Auch Regulierungen und Datenschutzvorgaben machen es den Anbietern schwer, Ridepooling wirtschaftlich zu betreiben. Viele Städte sehen im Ridepooling eine Konkurrenz zum ÖPNV, was teilweise auch stimmt. Außerdem haben in der Vergangenheit immer wieder auch Taxifahrer gegen entsprechende Angebote protestiert. Sie werfen den Betreibern vor, Kostendumping zu betreiben und ihnen Kunden am Abend streitig zu machen.

Hinter Moia stand daher die Idee, Ridepooling als integralen Bestandteil des Nahverkehrs zu etablieren. Der zweifellos richtige Ansatz: Der Hamburger Nahverkehrsverbund HVV etwa hat das Angebot schnell in seine Apps integriert. Es ist sogar Teil des öffentlichen Angebots und ergänzt die vorwiegend in den Abendstunden eingesetzten Busse in Richtung der Randbezirke. Dass Moia laut Eigenangaben mehr als 800.000 registrierte Kunden hat, ist in einer 1,9-Millionen-Einwohner-Stadt als Erfolg zu werten.

Bringt autonomes Fahren den Durchbruch?

Ein wichtiger Faktor ist auch die Verfügbarkeit. Meine Versuche, ein Clevershuttle zu ergattern, als das Unternehmen noch in Berlin aktiv gewesen ist, scheiterten häufig. Der Konkurrent Berlkönig fuhr zwar, vertröstete mich aber oft mit Wartezeiten von mehr als 30 Minuten, was deutlich zu viel ist. Schließlich sollte der Vorteil neuen Mobilitätsangebote darin liegen, schnell von A nach B zu kommen. Ohne dieses Fundament funktioniert es nicht.

Bei Clevershuttle teilen sich Kunden mit ähnlichem Ziel ein Fahrzeug. Die sich dadurch ergebende Streckenführung wird von einem Algorithmus errechnet
Bei Clevershuttle teilen sich Kunden mit ähnlichem Ziel ein Fahrzeug. Die sich dadurch ergebende Streckenführung wird von einem Algorithmus errechnet

Fazit: Auch wenn Ridepooling im Moment wenig en vogue ist – es wird seine Renaissance erleben, wenn das autonome Fahren in den Städten Einzug hält. Denn wenn die Kosten für den Fahrer wegfallen, rechnet sich das Geschäft für viele Anbieter eher. Allerdings hilft das alles nichts, wenn das Ridepooling als Konkurrenz zum ÖPNV etabliert wird. Es muss eine Erweiterung sein, dass die Mobilität der Menschen vereinfacht und so leicht macht, dass sie auf das eigene Auto verzichten.

Don Dahlmann ist seit über 25 Jahren Journalist und seit über zehn Jahren in der Automobilbranche unterwegs. Jeden Montag lest Ihr hier seine Kolumne „Drehmoment“, die einen kritischen Blick auf die Mobility-Branche wirft.