Salihamidzic bei Bayern: Der Weg des geringsten Widerstands

Hasan Salihamidzic ist neuer Sportdirektor des FC Bayern München. Diese Entscheidung impliziert eine klare Botschaft: Der Verein will keinen Hardliner, sondern einen guten Moderator. Eine Einordnung von Yahoo-Sport-Redakteur Tommy Gaber.

Hasan Salihamidzic
Hasan Salihamidzic erhält einen Vertrag bis 2020 als Sportdirektor des FC Bayern

Philipp Lahm, Max Eberl, Oliver Kahn, Thomas Linke, Mark van Bommel – die Liste der prominenten Namen, die als Sportdirektor beim FC Bayern gehandelt wurden, liest sich wie ein kleines Who is Who des Fußballs. Offensichtlich war der Job aber für keinen aus der illustren Runde attraktiv genug.

Die einen (Lahm, Eberl) forderten ein starkes Mitspracherecht, was nicht kompatibel war mit den Vorstellungen der Bayern-Bosse. In Kahns Welt hat der Posten keinen Platz während Linke und van Bommel gut bezahlte Jobs nicht aufgeben wollten, um als viert oder fünfte Wahl bei ihrem Ex-Verein anzuheuern.

So mussten die Bayern schon relativ tief graben, um jemanden zu holen, der den nötigen “Stallgeruch” mitbringt, einen guten Draht zur Mannschaft aufbauen kann und idealerweise nicht allzu aufmüpfig ist. Denn das ist die Kernkompetenz, die der Neue mitbringen muss. Er muss kein Ja-Sager sein, aber einer, der Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge das Feld überlässt, wenn’s wirklich wichtig und auch mal ungemütlich wird.

Innenminister, kein Hardliner

Und jemand, der sich nicht in der Vordergrund drängelt hinsichtlich der Kaderplanung – der eigentlich wichtigsten Aufgabe eines Sportdirektors. Die ist beim FC Bayern mit Michael Reschke belegt. Zwar sprach Rummenigge von einem starken Mitspracherecht in Sachen Transfers für den Neuen, in erster Linie ist er aber für eine gute Atmosphäre im Verein zuständig.

Das bestätigte Reschke in einem Interview mit der spanischen Zeitung “El Pais”. “Der Sportdirektor ist eine Art Innenminister, wichtigster Ansprechpartner für den Trainer, die Spieler, den Trainerstab, die medizinische Abteilung und alle weiteren Mitarbeiter im Teamumfeld, sowie als Bindeglied zum Präsidium und der Geschäftsführung. Gleichzeitig muss er den Klub in den Medien vertreten. Zudem gilt es mit der Nachwuchsabteilung vernetzt zu sein”, schilderte Reschke.

Im Klartext heißt das: Bitte kein Hardliner! Eher einer, der Strömungen im Verein mitbekommt und etwaige Probleme mit viel Diplomatie wegmoderieren kann. Für diese Aufgabe ist Hasan Salihamidzic eine gute Wahl. Der Bosnier war neun Jahre lang Spieler des FC Bayern, Publikumsliebling und auch in der Mannschaft sehr anerkannt. Salihamidzic ist eloquent und humorvoll, was den Umgang mit den Medien erleichtert.

Salihamidzic: “Bin 7 Tage die Woche für die Spieler da”

Er hat als Markenbotschafter des FC Bayern erste Erfahrungen auf der anderen Seite gesammelt, spricht neben deutsch auch englisch und italienisch, im Austausch mit Trainer Carlo Ancelotti sicherlich hilfreich. “Hasan spricht fünf Sprachen. Er kann mit allen Spielern diskutieren, was notwendig ist”, sagte Rummenigge auf der PK am Montagnachmittag.

Der Vorstandsboss sicherte Salihamidzic “alle Vollmachten” zu, die er für die Ausübung des Jobs benötige. Greift sei die Entscheidung pro Salihamidzic schon vor einigen Wochen, merkte Hoeneß an. “Karl-Heinz kam mit dieser Idee. Ich habe eine Nacht drüber geschlafen und habe gesagt, ‘dass ist genau das, was wir brauchen.’ Wir müssen wieder zurück zu den Wurzeln, wir müssen den Nachwuchs forcieren, eine gute Stimmung zwischen den Fans und dem Klub schaffen. Wer könnte das besser machen, als Hasan?”

Salihamidzic ließ sich nicht zweimal bitten. “Als Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß auf mich zugekommen sind, war mir sofort klar, dass ich das machen möchte. Ich kenne den FC Bayern und seine Strukturen. Ich bin immer in Kontakt gewesen mit dem Verein. Ich habe als Spieler immer hundert Prozent gegeben. Und genauso werde ich meine Aufgabe als Sportdirektor anpacken.Ich werde 24 Stunden und sieben Tage lang die Woche für die Spieler da sein”, sagte er.

Vertrag bis 2020

Der Vertrauensvorschuss für Salihamidzic ist groß, sein Vertrag geht bis 2020. Nun soll er die Lücke ausfüllen, die Matthias Sammer durch seinen Rücktritt im Juli 2016 hinterlassen hat. Unter Sammer erlebten die Bayern sehr erfolgreiche Zeiten, 2013 holten sie das erste Triple der Vereinsgeschichte. Im zwischenmenschlichen Bereich gab es jedoch immer wieder Spannungen. Der Dickkopf Sammer passte nicht so recht zum Dickkopf Hoeneß, Sammer war auf Dauer ein Alphatier zu viel.

Dieses Problem besteht unter Salihamidzic nicht. Er wird einen ehrgeizigen Weg verfolgen, so wie er es als Spieler getan hat. Aber Salihamidzic weiß ganz genau, wer im Verein das Sagen hat. Hoeneß und Rummenigge dulden keinen Nebenbuhler. Salihamidzic muss sich – bei aller Machtkompetenz, die ihm Rummenigge versichert hat – unterordnen und wird das auch tun. Er ist für die Bosse kontrollierbar, Hoeneß und Rummenigge gehen mit seiner Verpflichtung den Weg des geringsten Widerstands.

Die fehlende Erfahrung – Salihamidzic hast noch nie als Sportdirektor gearbeitet – sei kein Problem, so Rummenigge. “Das hat in unseren Überlegungen keine Rolle gespielt. Uli Hoeneß war 1979 auch Anfänger”, so der Boss.

Hoeneß hat den Verein als Manager groß gemacht. Seine Nachfolger, ob Christian Nerlinger oder Matthias Sammer, taten sich schwer. Jetzt soll es Salihamidzic richten. Als Spieler hat Brazzo (“das Bürschchen”) aus seinen Fähigkeiten viel gemacht und es auch bei Bayern weit gebracht. Er hat das Mia-san-mia verinnerlicht. Davon darf er als Sportdirektor keinen Zentimeter abrücken.

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