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Sané muss bei Bayern einen Makel abschütteln

Die Qualitäten von Leroy Sané können den FC Bayern entscheidend veredeln. Aber noch immer gibt es Zweifel, ob er sein riesiges Potenzial voll ausschöpft.

Er verließ die Bundesliga als teuerster deutscher Spieler der Geschichte, obwohl seine Karriere gerade erst richtig begonnen hatte.

52 Millionen Euro war Leroy Sané Manchester City und Trainer Pep Guardiola vor vier Jahren wert, als es ihn vom FC Schalke 04 in die Premier League zog.

Nun kommt Sané zurück nach Deutschland, als großer Hoffnungsträger des FC Bayern München. Ein noch immer junger und entwicklungsfähiger Spieler, mit gigantischem Potenzial, die Offensive des Rekordmeisters viele Jahre lang zu prägen.

"Ich freue mich sehr, dass Leroy zum FC Bayern kommt", erklärte Bayerns Ex-Präsident Uli Hoeneß bei SPORT1: "Dieser Transfer wird die Attraktivität dieser Mannschaft nochmal verstärken."

Und doch: Ein paar sportliche Fragezeichen sind inbegriffen in dem womöglich spektakulärsten Transfer des Bundesliga-Sommers.

Leroy Sané kann jede Mannschaft besser machen

Warum die Bayern Sané haben wollten – nicht erst seit kurzem – ist offensichtlich für jeden, der ihn je hat spielen sehen: Seine technischen Fertigkeiten, sein Tempo, seine ungebremste Spielfreude, seine Torgefahr, vor allem auch die bei Topspielern nicht selbstverständliche Gabe, einen Gegenspieler in einer 1:1-Situation regelrecht zu pulverisieren.

Jeder Trainer der Welt kann Sanés Qualitäten gebrauchen, der 24-Jährige ist einer der wenigen Fußballer dieser Art, die jede Mannschaft besser machen können, auch ein bestens funktionierendes System mit einem Element der Unberechenbarkeit anreichern, das es noch besser macht.

Nicht umsonst setzte Guardiola 2016 nach seinem Wechsel von Bayern zu ManCity alle Hebel und viel Geld in Bewegung, um die junge Verheißung mit über den Ärmelkanal zu nehmen.

Die eigentlich spannende Frage ist nun wohl eher die: Warum genau hat er sie nun wieder ziehen lassen?

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Pep Guardiola vertraute ihm nicht uneingeschränkt

Schon bevor das Drama um seinen Kreuzbandriss im August 2019 Sané den Großteil der Saison gekostet hatte (und den schon damals bevorstehenden Transfer zu Bayern durchkreuzte), war der Flügelflitzer keine unumstrittene Stammkraft bei City.

Vor allem, dass Guardiola 2019 in beiden Champions-League-Viertelfinals nicht auf Sané setzte, war bemerkenswert. Ausgerechnet in den wichtigen Spielen vertraute der Katalane lieber anderen Spielern. Diese Botschaft blieb hängen – und war ein entscheidender Antrieb hinter Sanés Wechsel-Entschluss.

Dass der Coach nicht übertrieben viel Energie auf den Versuch verwendete, den Sohn des früheren Bundesliga-Stürmers Souleymane Sané von dem Entschluss abzubringen, fiel ebenfalls auf. Und Guardiola ist ja auch nicht der erste prominente Coach, der Sané außen vorließ, als es drauf ankam.

Schwächen in Sachen taktischer Disziplin

Sanés Ausbootung vor der WM 2018 ist eine bis heute umstrittene Entscheidung von Bundestrainer Joachim Löw. Sané sei "vielleicht in den Spielen der Nationalmannschaft noch nicht so ganz angekommen", sagte Löw damals und verwies auf die tatsächlich eher schwachen Auftritte, die Sané bis dahin beim DFB gezeigt hatte.

Für Irritationen sorgte später eine Andeutung von DFB-Vizepräsident Rainer Koch bei SPORT1, der von "internen", anscheinend nicht sportlichen Gründen für die Nicht-Berücksichtigung sprach – was Löw dementierte.

Wie Guardiola buchstabierte auch Löw nie richtig aus, was genau nun eigentlich das Problem war, das sie mit Sané hatten. Die am häufigsten vermutete Erklärung: Sané werden gewisse Schwächen in Sachen Einstellung und taktischer Disziplin vorgehalten.

Öfter ist zum Beispiel zu beobachten, dass er nach Ballverlusten lamentiert statt alles an die Rückeroberung zu setzen. Auch seine Defensivarbeit gilt als ausbaufähig – und als so unverzichtbar in der Offensive, dass er in dieser Hinsicht einen Freibrief á la Neymar oder Messi bekommt, sah Guardiola ihn offensichtlich nicht.

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Auch Jupp Heynckes äußerte Zweifel

Womöglich noch mehr als die Ansichten von Löw und Guardiola wird Bayern-Fans die Meinung eines anderen Star-Coachs zu denken geben.

Auch Triple-Trainer Jupp Heynckes äußerte vor kurzem Zweifel, ob Sané den hohen Erwartungen gerecht werden wird.

"Für mich hat er noch nicht den Durchbruch zu einem absoluten Top-Spieler geschafft", sagte Heynckes. "Das ist ein Spieler, denke ich, der gerade am Scheideweg ist. Wird er weiter hart an sich arbeiten, oder wird er weiterhin nur ein ganz außergewöhnliches Talent sein?"

Starke Konkurrenz mit Coman und Gnabry

Das gespaltene Verhältnis anerkannter Trainer zu Sané ist ein für ihn unvorteilhaftes Muster – wird Sané es unter Hansi Flick durchbrechen?

Einerseits kann sich Sané viel davon versprechen, dass er in München auf ein funktionierendes Gefüge trifft, dem Flick die Probleme, die es unter Vorgänger Niko Kovac hatte, vollends ausgetrieben zu haben scheint – und auf Verantwortliche, die ihn mit offenen Armen empfangen und sich viel von ihm versprechen.

Andererseits ist auch nicht zu vergessen: Kingsley Coman und Serge Gnabry, die aktuell die offensiven Flügelpositionen besetzen, sind keine Spieler, die bewundernd von ihren Plätzen zurückweichen werden.

"Wir haben mit Kingsley Coman und Serge Gnabry zwei sehr gute Außenbahnspieler und brauchten noch einen dritten dazu, weil die beiden auch mal eine Pause brauchen oder unter Umständen auch mal verletzt sein werden", erklärte Bayerns Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge im SPORT1-Interview: "Mit Leroy hat der Trainer für die anspruchsvolle nächste Saison nun viele Top-Alternativen zur Verfügung."

Sané muss sich auch bei Bayern das Vertrauen erkämpfen, in wichtigen Spielen die beste Wahl zu sein. München wird seine entscheidende Karriere-Station.

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