Schalke-Beben: Das steckt hinter dem Aus des Finanz-Bosses

Seit elf Spielen ist Schalke 04 sieglos, muss heute bei Aufsteiger 1. FC Union Berlin (Bundesliga: 1. FC Union Berlin - FC Schalke 04 um 15.30 Uhr im LIVETICKER) unbedingt den ersehnten Befreiungsschlag landen. Neben der Krise auf dem Platz gibt es nun aber auch eine Krise im Vorstand. Es kracht an allen Ecken und Enden auf Schalke!

Am Freitag gab der Pott-Klub die – angeblich einvernehmliche – Trennung von Peter Peters bekannt. Ein Paukenschlag, den auch viele eingefleischte Schalker völlig überrascht zur Kenntnis genommen haben. Zum 30. Juni hört der 57-jährige Finanzvorstand auf – nach 27 Jahren.

Offiziell soll er um die Auflösung seines unbefristeten Vertrages gebeten haben. Das kommunizierten die Königsblauen in einer Pressemitteilung nach außen. Wörtlich heißt es darin: "Der Aufsichtsrat des FC Schalke 04 mit seinem Vorsitzenden Clemens Tönnies hat die Entscheidung von Peter Peters, um die Auflösung seines Vertrages zu bitten, akzeptiert".

19 Jahre Zusammenarbeit zwischen Peters und Tönnies

Tönnies wird in dem Schreiben wie folgt zitiert: "Peter Peters hat in den vergangenen fast drei Jahrzehnten unseren Verein entscheidend mitgeprägt. Dabei hat er mutige und weitsichtige Entscheidungen zum Wohle des Clubs mitgetragen. Ohne ihn wäre der FC Schalke nicht der Verein, der er heute ist. Dafür gebührt ihm unser Dank."

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Wie SPORT1 erfuhr, geht der langjährige Schalke-Funktionär allerdings nicht ganz freiwillig. Er wurde vom Aufsichtsrat um den mächtigen Vorsitzenden Tönnies mehr oder weniger dazu gedrängt. Zwischen Peters und Tönnies, die immerhin seit 19 Jahren zusammen auf Schalke arbeiten, soll das Klima in den vergangenen Jahren kälter geworden sein.

Einen inhaltlichen Dissens mit Blick auf eine mögliche Ausgliederung der Profi-Abteilung, wie von vielen Seiten zunächst vermutet, hat es nach SPORT1-Informationen nicht gegeben. Peters wird oft als Traditionalist dargestellt, der sich strikt dagegenstellt. Dem ist allerdings nicht so. Noch vor wenigen Wochen hatte der Funktionär deutlich gemacht, dass man eine Öffnung gegenüber Investoren durchaus in Erwägung ziehen muss, um auch auf absehbare Zeit zukunftsfähig zu sein. Damit ist der gebürtige Pfälzer zumindest in diesem Punkt auf einer Linie mit Tönnies, der mit der Idee kürzlich an die Öffentlichkeit gegangen war. "Wir diskutieren seit Jahren, ob wir einen traditionellen Fußballverein halten können. Vor allem in Corona-Zeiten müssen wir nochmal darüber sprechen. Ziel ist es aber alle mitzunehmen", hatte Tönnies gesagt.

Das Ausgliederungs-Thema hat also nicht zur Trennung geführt. Was gab dann den Ausschlag?

Zweithöchster Umsatz der Vereinsgeschichte

Die Gründe für das Peters-Aus sind vielschichtig und nicht einfach nur an einem einzigen Punkt festzumachen. Der Eindruck aber verfestigt sich: Ein treuer Diener wie Peters, der seit 27 Jahren im Klub (davon 26 im Vorstand) arbeitet, schmeißt nicht einfach so hin.

Der frühere Journalist war zunächst von 1991 bis 1993 stellvertretender Geschäftsführer beim 1. FC Kaiserslautern, ehe er 1993 zunächst als Geschäftsführer auf Schalke anheuerte. Gemeinsam mit dem früheren Manager Rudi Assauer und Finanzchef Josef Schnusenberg prägte Peters das neue und moderne Schalke. Seit 1994 verantwortet Peters nun schon den Finanzbereich.

Als einer von drei Vorständen (neben Sportchef Jochen Schneider und Marketing- und Kommunikationschef Alexander Jobst) ist er bei den Knappen für Finanzen und Organisation zuständig, und damit Herr der Zahlen. Und die waren auf Schalke zuletzt nicht immer im schwarzen Bereich. Zum Ende des vergangenen Geschäftsjahres drückten den Pott-Klub Verbindlichkeiten in Höhe von 197 Mio. Euro – trotz immer neuer Umsatz-Rekorde. Mit 275 Mio. Euro erwirtschaftete man zuletzt - trotz Nicht-Teilnahme am europäischen Wettbewerb - den zweihöchsten Umsatz der Klub-Geschichte. Die Corona-Krise verschärfte die Krise und brachte Schalke nun in eine "potenziell existenzbedrohende wirtschaftliche Situation", wie der Verein selbst bekanntgab.

Die enorme finanzielle Schieflage ist vielen im Klub ein Dorn im Auge und nach den Ausführungen einiger Leute im Aufsichtsrat sogar einzig und allein auf einen Mann zurückzuführen: Peter Peters.

"Härtefallregelung" in Peters Bereich

Den wiederum ärgerte es zuletzt immer mehr, als Schwarzer Peter in der Krise hingestellt worden zu sein. Peters verwies intern immer wieder auf die ausbleibenden sportlichen Erfolge, die immer wieder große Löcher in die ohnehin klamme Klub-Kasse reißen würden.

Ex-Schalke-Manager Christian Heidel bezeichnete Peters Posten bei Krisen-Klub Schalke bei Sky als "nicht unbedingt vergnügungssteuerpflichtig. Peter hat das jetzt über viele, viele Jahre auf Schalke gemacht. Vielleicht ist irgendwann auch der Punkt gekommen, zu sagen, es reicht".

Ein weiterer Punkt, der zur Trennung geführt haben soll, ist der Umgang mit Rückerstattung von Tickets im Zuge der Geisterspiele. Die peinliche "Härtefallregelung", mit der der Klub einen großen Shitstorm bei den Fans auslöste (die rechtlich allerdings vertretbar ist), fällt grundsätzlich in Peters Bereich. Der Aufsichtsrat kreidete ihm den Fall an.

Allerdings: Auch an der Kommunikation hakte es zuletzt gewaltig, nachdem der langjährige Mediendirektor Thomas Spiegel nach fast 19 Jahren bereits seinen Job verlor. Und die wiederum hat Tönnies-Mann Jobst zu verantworten.

"Um Schalke muss sich niemand Sorgen machen", sagte Peters der WAZ. Es sei alles so vorbereitet, dass dieser Verein gut durch diese schwere Zeit kommt. "Was zu regeln war, ist geregelt."

Suche nach dem Nachfolger

Ein Nachfolger steht indes noch nicht fest. Spannend wird nun zu sehen, wer ab Sommer die finanziellen Geschicke auf Schalke leiten wird. Peters hat sich in den vergangenen drei Jahrzehnten nämlich ein starkes Team aus 25 Mitarbeitern aufgebaut. Der neue Finanzvorstand müsste sich also in ein gemachtes Nest setzen. Oder den Bereich völlig neu aufstellen.

Der neue Finanzchef muss im Übrigen nicht zwingend schon zum 1. Juli auf Schalke sein. Aus der Satzung des Klubs geht hervor, dass der Vorstand „aus mindestens zwei Vorstandsmitgliedern“ bestehen muss.

Übrigens: Seine Ämter bei der DFL und dem DFB darf Peters bis August 2022 beibehalten. Der Diplomkaufmann ist Stellvertreter von DFL-Boss Christian Seifert, im Aufsichtsrat der DFL GmbH und Vizepräsident des DFB. Auch mit Blick auf die vielen Ämter gab es intern Kritik am Multifunktionär. Der Vorwurf: Peters sei öfter in Frankfurt als in Gelsenkirchen. Das wies er bis zuletzt entschieden von sich.