"Schade, dass sich so ein großer Spieler ins Abseits manövriert“

Weltmeister Christian Schwarzer bekommt für seine Kommentare über Schiedsrichterinnen im Männerbereich noch mehr Negativ-Echo aus dem Deutschen Handball-Bund.

„Es ist schade, dass sich so ein großer Nationalspieler derart ins Abseits manövriert“, sagte DHB-Präsident Andreas Michelmann dem SID am Rande der Handball-WM in Polen und Schweden: „Ich finde diese Aussagen absolut aus der Zeit gefallen und komplett deplatziert.“ (NEWS: Alle Neuigkeiten zur Handball-WM)

Zuvor hatte Schwarzer auch schon von Sportvorstand Axel Kromer und Kapitän Johannes Golla Kontra bekommen.

Kontra für Christian Schwarzer

Der 53-jährige Schwarzer - in der Vergangenheit öfters wegen kritischer Äußerungen zur Nationalmannschaft mit dem DHB in Konflikt - hatte zuvor die Nominierung von Schiedsrichterinnen für die Männer-WM als Fehler bezeichnet.

„Keine Ahnung, wie man da auf die Idee gekommen ist, Frauen bei den Männern pfeifen zu lassen“, hatte der Weltmeister von 2007 im Podcast „Erhellendes von Blacky Schwarzer“ gesagt. In seiner aktiven Karriere habe er Schiedsrichterinnen auf dem Feld „auf gar keinen Fall“ vermisst: „Ich hätte es nicht gemacht: Die können bei den Frauen pfeifen - und Männer pfeifen bei den Männern, aber das ist jetzt meine Einstellung dazu - und es entscheiden andere Leute drüber.“

Michelmann sieht die Sache komplett anders. "Es ist doch inzwischen das Normalste der Welt, dass Frauen einen solchen Job übernehmen", so das Verbandsoberhaupt: "Seitdem wir Jutta Ehrmann-Wolf, selbst eine ehemalige internationale Spitzenschiedsrichterin, zur Leiterin des DHB-Schiedsrichterwesens gemacht haben, ist es absolut selbstverständlich, dass Männer UND Frauen regelmäßig in erster und zweiter Liga pfeifen. Das ist eine ganz normale Entwicklung."

Ehrmann-Wolf und Susanne Künzig waren schon 1996 das erste Frauen-Duo in der Handball-Bundesliga.

Auch Legende Thiel widerspricht - will aber „kein Riesenfass aufmachen“

Auch Andreas Thiel, deutsche Torhüterlegende und seit 2018 Vorsitzender der Handball-Bundesliga Frauen (HBF), kann die Aussagen Schwarzers („Ich weiß es von vielen anderen, ob Trainer-Kollegen, ob Spieler, dass die auch nicht so begeistert sind“) nicht nachvollziehen. „Ich kann das nicht bestätigen, was Blacky da genau meint“, sagte Thiel dem SID. Er wolle da aber „kein Riesenfass aufmachen. Wir leben in aufgeregten Zeiten. Jeder darf seine Meinung frei äußern.“

In Bezug auf das deutsche Schwestern-Gespann Maike Merz und Tanja Kuttler, die zurzeit als erstes deutsches Frauen-Duo bei einer WM im Einsatz sind, meinte Thiel: „Sie können pfeifen und haben das Handballspiel verstanden. Darauf kommt es an.“ Merz/Kuttler hätten das „nötige Fingerspitzengefühl“ und es „verdient bei einer Männer-WM zu pfeifen. Das Duo Jutta Ehrmann-Wolff und Susanne Künzig waren zu unserer Zeit schon herausragend, da knüpfen Merz/Kuttler nun an.“

Michelmann ist derselben Meinung. "Ich beobachte den Weg von Tanja Kuttler und Maike Merz seit vielen Jahren und verstehe diese Form der Kritik ganz und gar nicht", so der DHB-Boss.

„Jeder hat das Recht, seine Meinung frei zu äußern. Das darf auch er tun, mehr müssen wir dazu nicht sagen“, sagte WM-Schiedsrichterin Merz bei der Sportschau. Kuttler ergänzte: „Sowohl in der Bundesliga als auch auf internationalem Parkett nehmen wir keine Unterschiede wahr. Wir fühlen uns voll akzeptiert.“

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Mit Sportinformationsdienst (SID)