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"Das Schlimmste, das man auf dem Fußballfeld tun kann"

Das Spiel von England und Kamerun bei der Frauen-WM hatte einige unschöne Szenen

Phil Neville hat in seiner Karriere schon so einiges gesehen. Schließlich absolvierte der Trainer der englischen Frauennationalmannschaft selbst über 500 Premier-League-Spiele für Manchester United und den FC Everton. Doch was Neville am Abend des Achtelfinales der Frauen-WM seiner Mannschaft gegen Kamerun gesehen hatte, hinterließ völliges Befremden.

"Wenn mein Team so gespielt hätte, würden die Spielerinnen nie wieder für England spielen", kritisierte er den Gegner. Er schäme sich gewaltig, an diesem Spiel beteiligt gewesen zu sein, erklärte der 42-Jährige. Die Gegnerinnen hätten sich wie Kleinkinder aufgeführt.

Auch die englische Presse zeigte sich stark irritiert von den gesehenen 90 Minuten. "England überlebte eine Tortur aus Feuer und Wut und erreichte das Viertelfinale - aber niemand sprach über die Mannschaft von Phil Neville", titelte die Sun. Der Guardian sprach von einer "Kindergartenfarce".

Durch das Verhalten der Afrikanerinnen geriet das Sportliche beim 3:0 der "Three Lionesses" völlig in den Hintergrund. Im Mittelpunkt standen zum einen das Schiedsrichtergespann – um den deutschen Videoschiedsrichter Bastian Dankert – zum anderen aber auch die Kameruninnen selbst, inklusive Trainer Alain Djeumfa.

Die Spielerinnen des unterlegenen Achtelfinalisten hatten durch mehrfache Proteste gegen Schiedsrichterentscheidungen für Aufsehen gesorgt. Nachdem ein vermeintlicher irregulärer Treffer der Britin Ellen White zum 2:0 nach Überprüfung durch Dankert doch noch gegeben worden war, reklamierten die Kamerunerinnen vehement bei Schiedsrichterin Qin Liang und verweigerten zunächst die Spielfortsetzung.

Spuckattacke auf Toni Duggan

Als dann kurz nach Wiederanpfiff Ajara Nchout zum umjubelten Anschlusstreffer traf, intervenierte Dankert erneut und wieder zurecht. Daraufhin brachen bei Kamerun alle Dämme, und Trainer Djeumfa musste seine Spielerinnen überzeugen, überhaupt weiterzuspielen.

Doch nicht nur die Proteste gegen das Schiedsrichtergespann rückten die Afrikanerinnen in ein schlechtes Licht, auch während des Spiels hatten sie mit unfairen Aktionen auf sich aufmerksam gemacht.

Nachdem Schiedsrichterin Liang nach einer Viertelstunde auf indirekten Freistoß für England im gegnerischen Strafraum entschieden hatte – Torhüterin Ngo Ndom hatte einen Rückpass in die Hand genommen – spuckte Augustine Ejange Englands Angreiferin Toni Duggan von hinten auf den Arm.

Proteste von Duggan blieben unbeantwortet, auch Dankert griff nicht ein. "Das ist inakzeptabel. Das ist das Schlimmste, das man auf einem Fußballfeld tun kann", echauffierte sich Neville über die Szene.

In der zweiten Hälfte wurde dann auch die Schiedsrichterin Leidtragende von Kameruns Spielweise. Als Jeanette Yango die Britin Fran Kirby verfolgen wollte, stand Liang ihr im Weg. Kurzerhand schubste Yango die Unparteiische zur Seite. Liang kam ins Straucheln, ahndete das Vergehen aber erneut nicht.

Rassismus-Vorwürfe an die FIFA

In der zehnten Minute der Nachspielzeit ließ sich Alexandra Engolo zudem zu einem üblem Frustfoul hinreißen, traf Steph Houghton mit der Sohle am Schienbein, die anschließend behandelt werden musste.

Zudem sollen die Kamerunerinnen laut der BBC in der Halbzeitpause der FIFA Rassismus vorgeworfen haben.

Nach dem Spiel zeigten sich die Kamerunerinnen als schlechte Verliererinnen. "Die meisten von uns wollten nicht mehr spielen. Unser Coach hat gesagt: 'Macht euch keine Sorgen. Sie wollen, dass England gewinnt. Ihr müsst euer Land vertreten und weitermachen", erklärte Raissa Feudijo. Afrika sei bei der WM nicht willkommen.

Trainer Djeumfa zeigte nach dem Spiel ebenfalls wenig Einsicht. Rassismus-Vorwürfe erhob er zwar nicht, erklärte aber deutlich, was er von den Schiedsrichterentscheidungen hielt. "Ich sagte nur, dass das Spiel eine Ungerechtigkeit war. Warum sollte ich etwas anderes sagen?“ Auch Nigeria sei gegen Deutschland durch den Schiedsrichter bestraft worden.

Für Neville trug sein Trainerkollege eine gehörige Portion Mitschuld am Verhalten seiner Spielerinnen. "Das Team spiegelte den Trainer wider", erklärte er. Sein Fazit zu dem Abend: "So ein Fußballspiel kann niemand genießen". Mit dieser Meinung dürfte er nicht alleine dagestanden haben.