Schmidt ist niedlich und bedrohlich zugleich

Natürlich hatte Adi Preisler Recht, als er vor vielen Jahren sagte: "Entscheidend ist auf'm Platz!"

Das, was auf der grünen Wiese passiert, ist beim Fußball immer das Wichtigste. Nur gilt für uns Sportreporter vielleicht noch eine kleine Ergänzung in Richtung: "...auf’m Platz und knapp daneben!" Denn die Interviews am Spielfeldrand sind nunmal ein Hauptteil unseres Berufslebens.

Genau diese Gespräche bieten oft selbst Angriffsfläche für kritische Diskussionen. Mal, weil einer der Spieler nach Abpfiff eine besondere Punchline raushaut, häufiger aber auch, weil sie eben genau dies nicht tun und sich stattdessen lieber aus dem rhetorischen Fertigspeisenregal bedienen.

Kohfeldt und Schmidt ähneln sich

Das macht es für mich nicht immer leicht, obwohl ich durchaus ein gewisses Verständnis für dieses Verhalten habe. Mein Job ist es, von den Akteuren interessante Antworten zu bekommen – wohl wissend, dass der Gegenüber sich in einer wenig komfortablen Position befindet.

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Mit 13 Kilometern in den Beinen würde mein Vokabular wohl auf die Wörter 'Wasser', 'Sauerstoff' und 'Muskelkrampf' zusammenschrumpfen. Sogenannte "Post-Match-Interviews" mit Trainern sind nicht wirklich leichter, schließlich sind auch die Coaches gerade eine 90-minütige Emotionsachterbahn gefahren.

Doch natürlich gibt es innerhalb dieses Kosmos Unterschiede. Florian Kohfeldt und Frank Schmidt ähneln sich darin, auffallend anders zu sein.

Interviews mit den beiden sind keinesfalls reibungsfrei, aber auf eine Art doch immer angenehm, weil sowohl Bremens- als auch Heidenheims Cheftrainer allgemeine Floskeln vermeiden und stattdessen klare, ehrliche Worte finden. Wären sie regelmäßig Gäste im CHECK24 Doppelpass, das Phrasenschwein müsste zwangsernährt werden.

Schmidts mutige Taktik geht auf

Kohfeldt fand genau solche Worte nach dem torlosen Remis im Relegations-Hinspiel, als er sichtlich enttäuscht ins DAZN-Mikro erklärte, dass Werder einfach eine sehr schlechte Leistung abgeliefert habe, er sich dabei aber selber mit in die Verantwortung nehme – schließlich habe man ja grundsätzlich nicht geschafft, den Plan, den man sich für das Spiel überlegt hatte, umzusetzen.

Frank Schmidt dagegen hatte sein Team nahezu perfekt auf Werder eingestellt. Dabei zeigte er sich besonders mutig und ließ seine eigentlich perfekt abgemischte Mannschaft in ungewohnter Formation antreten. Heidenheim spielte erst zum zweiten Mal in den letzten drei Jahren mit einer Dreierkette.

Das Experiment ging auf. Dafür zollte ihm auch sein Gegenüber anschließend Respekt. Von einem "sehr guten Gegner, der die richtigen Mittel gegen uns gefunden hat," sprach Florian Kohfeldt nach Abpfiff an der Seitenlinie. Werder bekam in den für das eigene Spiel so wichtigen Zwischenräumen keinen Fuß an den Ball. Durch das aggressive, mannorientierte Verteidigen der Heidenheimer gestaltete sich das Bremer Offensivspiel wie das Wetter an diesem Abend - trostlos.

Halbzeit im Coaching-Duell

Die Partie ist vorbei, Kohfeldt hat das Coaching-Duell verloren. Das passiert ihm nicht oft. Aber auch dieses Duell hat eigentlich erst Halbzeitpause.

Der 37-Jährige hatte nun drei Tage, um die konkreten Fehler aus dem Hinspiel und die richtigen Worte für seine Mannschaft zu finden. Währenddessen erklärte sein Kontrahent der versammelten Presse, dass ihm der Matchplan für das Rückspiel während einer entspannten Fahrradtour durch den Wald eingefallen sei.

Das klang niedlich und bedrohlich zugleich - typisch Heidenheim halt. Und so geht das Duell zwischen dem familiären Kleinstadtverein aus dem Süden und dem Traditionsklub aus dem Norden mit großen Erwartungen in die zweite Runde. Auf dem Platz und an der Seitenlinie.

Der Druck ist bei Werder selbstredend größer, doch auch zu diesem Thema fand Florian Kohfeldt besondere Worte: "Es ist trotz allem auch ein Privileg, solche Spiele spielen zu dürfen. Irgendwie sind das ja auch die Tage, an denen Geschichten geschrieben werden."

Das Skript dafür haben beide Trainer bereits entworfen, heute Abend ist es an der Zeit, herausfinden, welche Story es schlussendlich auf die große Leinwand schafft – oder vielleicht besser: "auf’n Platz"...

Alexander Schlüter ist eines der Gesichter bei DAZN. Auch am Montag wird er bei der Relegation, die live auf DAZN übertragen wird, an der Seitenlinie stehen.