Scholz sieht Deutschland bei Kampfjets nicht unter Zugzwang

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sieht in der Diskussion um die Lieferung von Kampfjets an die Ukraine Deutschland nicht unter Zugzwang. "Im Hinblick auf uns sind keine Anforderungen da", sagte Scholz nach dem Gipfeltreffen des Europarats in Reykjavik.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sieht in der Diskussion um die Lieferung von Kampfjets an die Ukraine Deutschland nicht unter Zugzwang. "Im Hinblick auf uns sind keine Anforderungen da", sagte Scholz nach dem Gipfeltreffen des Europarats in Reykjavik.

Deutschland steht nach Ansicht der Ampel-Koalition bei der Frage der Lieferung von Kampfjets an die Ukraine nicht unter Zugzwang. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte nach dem Gipfeltreffen des Europarats in Reykjavik am Mittwoch: "Im Hinblick auf uns sind keine Anforderungen da." Auch die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann und der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter (Grüne), betonten, dass die im Besitz der Bundeswehr befindlichen Kampfflugzeuge - Eurofighter und Tornados - nicht für eine Lieferung an die Ukraine in Frage kämen.

Scholz antwortete in Island auf die Frage, ob Deutschland sich an einer geplanten internationalen "Kampfjet-Koalition" beteiligen werde: "Die Frage ist nicht so aktuell, wie sie gestellt wird." Großbritannien und die Niederlande hatten am Dienstag ihre Pläne für eine "internationale Koalition" bekannt gegeben, welche die Ukraine mit Kampfflugzeugen beliefern soll. Demnach soll die Ukraine F-16-Kampfjets erhalten und bei der Ausbildung unterstützt werden. Auch Frankreich hatte sich zuletzt bereiterklärt, bei der Ausbildung ukrainischer Kampfjet-Piloten zu helfen.

Scrollen, um mit dem Inhalt fortzufahren
Anzeige

Scholz sagte, Deutschland konzentriere sich wie gehabt auf Panzer, Munition, die Etablierung "eines funktionierenden Systems für die Reparatur" und die Luftabwehr. Diese Dinge seien "sehr relevant" für die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine.

Strack-Zimmermann sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, Deutschland sei bei einer möglichen Kampfjet-Koalition "außen vor", weil es die derzeit diskutierten Jets vom Typ F-16 nie besessen habe. "Deutschland könnte allerdings militärische Flughäfen für die Ausbildung an F-16-Kampfjets zur Verfügung stellen, die durch Piloten aus anderen Ländern durchgeführt wird", schlug die FDP-Politikerin vor. Auch Grünen-Politiker Hofreiter forderte, Deutschland solle prüfen, ob es "einen logistischen Beitrag leisten kann".

Zur Frage des Wiederaufbaus der Ukraine sagte Scholz, die "ganze Weltgemeinschaft" müsse bei der Behebung der durch den Krieg verursachten Schäden helfen. Die Herausforderungen hätten "Marshallplan-Dimensionen", sagte der Bundeskanzler mit Verweis auf das Wiederaufbauprogramm der USA für Europa nach dem Zweiten Weltkrieg. Es werde "kreative Lösungen geben müssen, die noch nicht alle erdacht sind".

Scholz äußerte Zweifel daran, ob die von Kiews westlichen Verbündeten eingefrorenen russischen Vermögen für die Schadensbehebung in der Ukraine verwendet werden können. Die rechtlichen Möglichkeiten ließen diesbezüglich "nicht viele Handlungswege" offen. Gleichzeitig erklärte der Kanzler: "Russland muss die Schäden, die es angerichtet hat, bezahlen." Dazu diene das beim Europaratsgipfel in Reykjavik beschlossene Schadensregister zur Dokumentation russischer Verbrechen und Zerstörungen in der Ukraine.

Die Generalsekretärin des Europarats, Marija Pejcinovic Buric, nannte das Schadensregister einen "ersten, notwendigen, zwingenden Schritt" zu einer "Gerechtigkeit, die sich auf die Opfer konzentriert". Demnach hatten sich bis Mittwochmittag 40 Länder der Initiative angeschlossen, darunter die USA, Japan und alle übrigen G7-Staaten.

Das Gipfeltreffen des Europarats in Island war das vierte dieser Art seit Gründung der Organisation im Jahr 1949. Dem Rat gehören 46 Staaten an, er ist nicht Bestandteil der EU. Russland war bis zum vergangenen Jahr Mitglied, erklärte dann aber kurz nach dem Einmarsch in die Ukraine seinen Austritt. Zuvor hatte bereits die Parlamentarische Versammlung des Europarats Russlands Ausschluss gefordert.

An dem Treffen in Reykjavik nahmen neben Scholz unter anderen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der britische Premierminister Rishi Sunak und der niederländische Regierungschef Mark Rutte sowie die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni teil.

ma/ju