Das unterscheidet die F1-Legenden Hamilton und Schumacher

Das unterscheidet die F1-Legenden Hamilton und Schumacher

Die Bestmarken von Michael Schumacher in der Formel 1 sind Rekorde für die Ewigkeit?

Das jedenfalls glaubten jahrelang Fans und Experten gleichermaßen - bis die Dominanz von Lewis Hamilton in den vergangenen Jahren immer größer wurde, von Rennen zu Rennen, von Saison zu Saison.

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Jetzt, im Herbst 2020, hat der britische Rennfahrer auch noch den letzten bedeutenden "ewigen Rekord" des Kerpeners egalisiert. Seit dem Großen Preis der Türkei steht fest: Hamilton ist zum siebten Mal Weltmeister. Genauso oft hat Schumacher triumphiert.

Wer aber sind die beiden erfolgreichsten Piloten der Geschichte? Welche Gemeinsamkeiten teilen sie? Worin unterscheiden sie sich? Wer ist in welchen Bereichen besser?

SPORT1 macht den großen Vergleich.

Die nackten Zahlen

Michael Schumacher beendete seine Karriere 2012 mit sieben Titel und 91 Grand-Prix-Siegen, er stand 68-mal auf der Pole-Position und 155-mal auf dem Podium. Er fuhr insgesamt 77 schnellste Rennrunden und feierte 22 Hattricks (Pole, Sieg und schnellste Rennrunde bei ein und demselben GP).

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Bei den Pole-Positions holte Lewis Hamilton den Deutschen am schnellsten ein. Mittlerweile stand der 35-Jährige 97-mal auf Startplatz eins. Etwas länger brauchte er, um den Rekord der Podiumsplatzierungen zu knacken. Aber auch da steht er jetzt mit 162 vor Schumi. Auch die lange Zeit für unantastbar gehaltene Marke von 91 Rennsiegen hat Hamilton (94) in dieser Saison geknackt.

"Zu den Rekorden muss man aber auch sagen, dass es heute mehr Rennen gibt als früher. Daher sind Schumachers 91 Siege immer noch sehr hoch einzuschätzen", schränkte DTM-Legende Bernd Schneider zuletzt im AvD Motorsport Magazin auf SPORT1 ein: "Aber ich hätte nicht gedacht, dass das nochmal ein Fahrer schafft, siebenmal Weltmeister zu werden oder 92 Siege einzufahren."

Bei den schnellsten Rennrunden (77:53) und den Hattricks (22:18) liegt Schumacher aber noch vorn. Den Rekord für die meisten WM-Titel teilen sich die beiden Legenden seit vergangenem Sonntag.

"Rekorde sind dazu da, gebrochen zu werden. Es ist einfach großartig, was er da leistet", schwärmte Michaels Bruder Ralf Schumacher zuletzt im AvD Motorsport Magazin auf SPORT1: "Irgendwann aber wird wieder einer kommen, der Hamiltons Rekorde brechen wird."

Die Anfänge

Schumacher war vier Jahre alt, als er zum ersten Mal mit dem Motorsport in Berührung kam. Sein Vater hatte ihm damals ein umgebautes Kettcar mit einem Fünf-PS-Motor geschenkt.

Zu seinem ersten Formel-1-Start kam er wie die Jungfrau zum Kind. Nur weil der damalige Jordan-Pilot Bertand Gachot eine Gefängnisstrafe absitzen musste, wurde Schumacher im Sommer 1991 von Teamchef Eddie Jordan kurzerhand als Ersatzpilot für den Belgien-GP in Spa nominiert.

Schumachers Manager Willi Weber hatte dem Iren vorher versichert, dass sein damals 22 Jahre alter Schützling den Ardennen-Kurs gut kenne. Schließlich liege er nicht weit von dessen Wohnort Kerpen entfernt. In Wahrheit ist Schumacher auf dieser Strecke nie gefahren. Dennoch überzeugte er im Qualifying mit Platz sieben. Im Rennen schied er dann aber nach nur wenigen Metern wegen eines technischen Defekts aus.

Bei Hamilton verlief die Karriere in den frühen Jahren geradliniger. Schon als 13-Jähriger wurde er ins Förderprogramm von McLaren aufgenommen.

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Über die Formel-3-Euroserie und die GP2-Serie, in denen er jeweils den Titel holte, kam er 2007 in die Formel 1 zu McLaren. Dort setzte sich der märchenhafte Aufstieg des ersten schwarzen Piloten in der Königsklasse fort. Gleich in seinem ersten Rennen in Australien fuhr er als Dritter aufs Podium.

Am Ende seiner Debüt-Saison wurde er Vize-Weltmeister, im darauf folgenden Jahr holte er sich schon den WM-Titel.

Die Menschen

Schumacher wird in Deutschland in einem Atemzug mit Franz Beckenbauer, Steffi Graf, Boris Becker und Dirk Nowitzki genannt, wenn es um die sportlichen Meriten geht. Er hat Deutschland zum Mekka der Formel 1 gemacht. Durch ihn erlebte der Motorsport in Deutschland eine vorher nie gekannte Aufmerksamkeit.

Doch im Gegensatz zu Becker beispielsweise, der die Menschen auch in seine Seele blicken ließ, blieb Schumacher weitestgehend unnahbar. Emotionale Ausbrüche, wie der auf der Pressekonferenz nach seinem 41. GP-Sieg, durch den er mit seinem Idol Ayrton Senna gleichzog, blieben eine Seltenheit.

Große Gesten und spektakuläre Auftritte in der Öffentlichkeit waren nicht sein Ding. Für ihn war der Schutz seiner Familie vor der Presse das Wichtigste.

Hamilton indes hat aus seinem Herzen noch nie eine Mördergrube gemacht. Seit seinen Anfängen in der Formel 1 ist für seine Fans ein Star zum Anfassen.

Niemand schmeißt sich nach Siegen ekstatischer in die Menschenmenge als der Brite in Silverstone. Niemand tauchte aber auch lange Zeit so oft in den Klatschspalten der Boulevard-Blätter auf wie Hamilton, sei es wegen der Beziehung zu Pop-Sternchen Nicole Scherzinger oder seinen freizügigen Karnevalsauftritten in der Karibik.

Außerdem nutzt er die Social-Media-Plattformen regelmäßig, um seine Sicht der Dinge auf dieser Welt deutlich zu machen. In Ernährungs- und Umweltfragen genauso wie in der politischen Debatte um Rassismus.

Die Sportler

So unverhofft Schumacher zu seinem Formel-1-Debüt kam, so sehr dominierte er die Königsklasse über Jahre hinweg. Er verstand es wie kein Zweiter, alle im Team hinter sich zu bringen. Seiner Akribie und Einstellung, die fast an Besessenheit grenzte, waren es vornehmlich zu verdanken, dass Ferrari mit ihm die erfolgreichste Zeit der Team-Geschichte hatte.

Dieser Erfolgshunger hatte aber auch seine Schattenseiten. Er war so gierig nach Erfolg, dass er dabei häufiger das Fairplay missachtete. Ob Rammstöße, verbotene Überholmanöver oder illegale Konstruktionen an seinen Boliden: den Beinamen "Schummel-Schumi" wurde er Zeit seiner Karriere nicht los.

Von Hamilton sind solche Verstöße weitaus seltener überliefert. Er war von Anfang das Naturtalent, das es gar nicht nötig hatte, sich durch unlautere Aktionen einen Vorteil zu verschaffen. Bis auf ein paar Scharmützel mit seinem Teamkollegen Nico Rosberg sind so gut wie keine Vergehen haften geblieben.

Allerdings muss man auch festhalten, dass Hamilton im Vergleich zu Schumacher zumindest bislang nie seine Komfortzone verlassen hat. Er hat nie ein Team komplett neu aufbauen müssen. Bei McLaren nicht, und bei Mercedes auch nicht. Bei den Silberpfeilen übrigens profitierte er 2013 von der dreijährigen Aufbauarbeit eines gewissen Michael Schumacher.