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Türkei hofft nach Beben auf weitere Überlebende

Nach einem Erdbeben in der Ägäis wird nach Überlebenden und Opfern gesucht.
Nach einem Erdbeben in der Ägäis wird nach Überlebenden und Opfern gesucht.

Die Helfer in Izmir arbeiten rund um die Uhr: Intensiv suchen sie nach dem schweren Erdbeben nach Verschütteten. Auch viele Stunden später können sie noch Überlebende bergen.

Izmir/Samos (dpa) - Nach dem schweren Erdbeben in der Ägäis mit zahlreichen Todesopfern haben Rettungskräfte in der westtürkischen Stadt Izmir die Suche nach Überlebenden fortgesetzt.

Am Samstag bargen Suchtrupps unter Applaus drei Kinder und ihre Mutter lebend aus den Trümmern eines achtstöckigen Gebäudes, wie der Staatssender TRT berichtete. Später sagte der türkische Gesundheitsminister Fahrettin Koca Reportern, eines der Kinder sei gestorben. Dem Sender zufolge soll ein viertes, noch verschüttetes Kind noch geborgen werden.

Die Rettungskräfte hatten zuvor Kontakt mit der Frau aufnehmen können. «Wenn du meine Stimme hörst, klopfe drei Mal», rief ein Helfer. Daraufhin gab die Frau ein Lautzeichen. Nach Angaben des Umwelt- und Städteministers Murat Kurum wurden insgesamt 100 Menschen aus den Trümmern gerettet. Rund 5000 Retter und 20 Suchhunde seien im Einsatz.

Die Zahl der Toten in der Türkei ist unterdessen auf 37 gestiegen, sagte Präsident Recep Tayyip Erdogan in Izmir. 885 seien zunächst verletzt ins Krankenhaus gekommen, 667 von ihnen aber bereits wieder entlassen. Auf der griechischen Insel Samos kamen zwei Menschen ums Leben.

Erdogan sprach den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus und versprach, zerstörte Gebäude in der Türkei schnell aufzubauen. «Jedes einzelne Beben erinnert uns daran, dass sich unser Land in einem gefährlichen (seismologischen) Gebiet befindet», ergänzte er.

Tausende Menschen verbrachten die Nacht nach Angaben des Bürgermeisters der Stadt Izmir, Tunc Soyer, in Notunterkünften. Zelte wurden errichtet und Helfer teilten in Parks Essen aus, wie auf Bildern zu sehen war. Auch auf Samos schliefen Menschen aus Furcht vor Nachbeben im Freien, in Autos oder gänzlich ohne ein Dach über dem Kopf, wie griechische Medien berichteten.

Meldungen über betroffene Touristen gab es zunächst nicht - ohnehin ist die Hauptsaison an der Ägäis vorbei, und wegen der Corona-Pandemie sind Reisen nur eingeschränkt möglich.

Die Erde bebte derweil weiter - die ganze Nacht durch und auch am Samstag gab es Hunderte Nachbeben, die zum Teil eine Stärke von 4 und mehr erreichten. Nach Angaben der Katastrophenschutzbehörde Afad gab es am Samstagmorgen in der Region des westtürkischen Bezirks Seferihisar ein Nachbeben der Stärke 5,0.

Das erste Beben Freitag um 14.51 Uhr Ortszeit (12.51 Uhr MEZ) hatte nach Angaben der türkischen Katastrophenbehörde eine Stärke von 6,6. Das Zentrum lag demnach in der Ägäis vor der türkischen Provinz Izmir. Die für Erdbeben zuständige US-Behörde USGS gab die Stärke des Bebens sogar mit 7 an.

In Izmir stürzten nach Angaben des Provinzgouverneurs mindestens vier Gebäude komplett ein. Das Viertel Bayrakli der Küstenstadt war besonders stark getroffen. Nach offiziellen Angaben suchten die Helfer am Samstag an acht Gebäuden weiter nach Überlebenden. Schulen in Izmir wurden für eine Woche geschlossen.

In der Nacht spielten sich dramatische Szenen ab. Zum Symbol der Katastrophe wurde eine Frau namens Buse Hasyilmaz, die nach fast zehn Stunden lebend aus den Trümmern eines siebenstöckigen Gebäudes gerettet wurde und zuvor mit Helfern telefonieren konnte. Umstehende und Einsatzkräfte applaudierten als sie auf einer Krankentrage weggebracht wurden.

Eine weitere Frau und ein 16-jähriges Mädchen wurden nach 17 Stunden aus einem eingestürzten Gebäude gerettet, wie Minister Kurum sagte. Auf TRT-Aufnahmen war zu sehen, wie Helfer auch eine Katze aus den Trümmern retteten. Mehr als 26 Stunden nach dem Beben sei in Izmir auch ein 62-Jähriger aus den Trümmern eines neunstöckigen Hochhauses lebend geborgen worden, berichtete TRT weiter. Immer wieder mahnten die Einsatzkräfte zur Stille, um Stimmen hören zu können. Ein Kran hob Betonblöcke von den Trümmern.

Sowohl auf Samos als auch an der türkischen Westküste trat bei einem Tsunami nach dem Beben am Freitag das Wasser über die Ufer. Das Potsdamer Helmholtz-Zentrum stufte den Tsunami als moderat ein, eine zweite große Welle blieb entgegen vereinzelter Warnungen aus. Aufnahmen aus Samos zeigten weggespülte Autos, die anschließend quer auf der Straße zum Stehen kamen; Läden und Keller wurden überschwemmt. Die Türkei ist stark erdbebengefährdet. Erst im Januar waren bei zwei Beben in den osttürkischen Städten Elazig und Malatya mehr als 40 Menschen getötet worden.