"Der SCM ist immer titelhungrig"

"Der SCM ist immer titelhungrig"
"Der SCM ist immer titelhungrig"

Der SC Magdeburg ist nicht mehr Jäger, sondern plötzlich Gejagter!

Im Sommer durfte der SCM erstmals seit 2001 wieder über den Gewinn der Deutschen Meisterschaft jubeln, nachdem man die Konkurrenz aus Kiel und Flensburg deutlich distanziert hatte. Am Mittwoch gibt es mit dem THW den Kracher zum Saisonstart - im Supercup winkt Magdeburg der nächste Titel und die Chance auf Revanche. (Handball-Supercup: SC Magdeburg - THW Kiel 19 Uhr im LIVETICKER)

Im Finale des DHB-Pokals war der SCM Kiel unterlegen, auch in der European League stieß man bis ins Endspiel vor, verlor allerdings auch dieses gegen Benfica. (NEWS: Alles zur Handball-Bundesliga)

Jetzt will der SCM den nächsten Titel - und ein wichtiger Bestandteil des Erfolgsteams ist dabei Lukas Mertens. Der Linksaußen avancierte in den vergangenen beiden Jahren zum absoluten Leistungsträger in Magdeburg. Auch Bundestrainer Alfred Gislason belohnte die Entwicklung des 26-Jährigen und holte den gebürtigen Wilhelmshavener vor der Europameisterschaft 2022 in die DHB-Auswahl.

Im SPORT1-Interview spricht Mertens über Titelambitionen in der kommenden Saison, seine Vorfreude auf die Champions League und die Bundesliga-Kritik von Nikola Karabatic.

Supercup gegen Kiel: „Titel, den wir auf jeden Fall wollen!“

SPORT1: Herr Mertens, wie haben Sie die letzte Spielzeit verarbeitet mit Überraschungs-Meisterschaft, DHB-Pokal-Finale, Finale der European League und Debüt in der Nationalmannschaft?

Mertens: Es ist wirklich schwierig, das alles in so kurzer Zeit zu realisieren. Ich habe im Sommer versucht, die letzte Saison Revue passieren zu lassen. Es geht aber nicht wirklich, weil man sich jetzt wieder auf die nächste Spielzeit vorbereitet und mit den neuen Zielen beschäftigt ist. Ich würde behaupten, dass man erst realisiert, was man geschafft hat, wenn man mit dem Handballspielen aufhört. Kurzfristig ist das eher schwierig.

SPORT1: Nehmen Sie nach all den Erfolgen Veränderungen in Ihrem persönlichen Umfeld wahr? Sie sind schließlich mehr oder weniger der Stolz der Stadt.

Mertens: Es hat sich definitiv etwas verändert. Für das, was wir letzte Saison geleistet haben, wirst du hier auf der Straße natürlich angesprochen. Man wird aber auch angesprochen, wenn es nicht so gut läuft. Das war zwar letztes Jahr nicht der Fall, kann aber jederzeit wieder passieren. Das ist Sport, es kann auch mal negativ laufen.

SPORT1: Positiv laufen kann es schon im Supercup wieder, wenn gegen den THW Kiel der nächste Pokal winkt.

Mertens: Für uns ist das ein Titel, den wir auf jeden Fall holen wollen! Wir bereiten uns darauf extrem akribisch vor. Der Supercup ist sehr wichtig für uns. 2016 haben wir gegen die Rhein Neckar Löwen verloren. Unser Trainer (Anm. d. Red. Bennet Wiegert) ist immer titelhungrig, der SCM ist immer titelhungrig – deswegen versuchen wir, das so gut es geht erfolgreich zu gestalten.

Meister-Ansage? „Ich würde lügen, wenn ...“

SPORT1: Stichwort Titelhunger: Vier Tage nach dem Supercup startet die Bundesliga und der SCM wird als Meister eine neue Rolle einnehmen. Im letzten Jahr wollte Ihr Trainer lange nicht über die Meisterschaft sprechen. Werden die Ziele in Magdeburg diesmal von Beginn an höher formuliert?

Mertens: Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass wir den Titel nicht verteidigen möchten. Wir wollen natürlich ganz oben und um die Meisterschaft mitspielen. Inzwischen können wir das als SCM sagen, da haben wir uns jahrelang hingearbeitet. Wir wissen aber auch, dass das nicht so einfach werden wird.

SPORT1: Letztes Jahr haben Sie in der Liga nur vier Punkte abgegeben. Was hat Sie so stark gemacht?

Mertens: Wir waren eine Einheit auf dem Feld, aber auch abseits des Feldes. Über die Jahre sind wir nicht nur Arbeitskollegen, sondern auch Freunde geworden – das spiegelt sich auf der Platte wider und versuchen wir auch in die neue Saison mit reinzubringen. Diesmal sind wir aber die Gejagten. (SERVICE: Ergebnisse und Spielplan der HBL)

Champions League? Auf diesen „Hexenkessel“ freut sich Mertens

SPORT1: Durch den Bundesliga-Titel haben Sie sich seit langer Zeit wieder für die Champions League qualifiziert. Da kribbelt es doch sicherlich schon..

Mertens: Es kribbelt wirklich extrem. Als Profisportler in der Champions League zu spielen, war immer ein Ziel. Für uns ist die Königsklasse Neuland. Zwar kennen wir die Mannschaften teilweise, wissen aber nicht richtig, was uns erwartet. Gerade der Modus mit zwei Achtergruppen wird wahrscheinlich anstrengender sein als die European League. Zum ersten Mal seit 17 Jahren spielen wir wieder in der Champions League – das werden Highlights für uns und die gesamte Stadt sein. Ich freue mich riesig darauf.

SPORT1: Im Fußball wünschen sich die Spieler oft Auswärtsspiele in legendären Stadien wie dem Camp Nou oder an der Anfield Road. Gibt es einen Gegner oder eine Halle, auf die Sie sich besonders freuen?

Mertens: Ja, tatsächlich. Ich freue mich ganz besonders auf Veszprém, weil der Verein samt Spielern und Fans den Handball ebenso lebt wie wir hier in Magdeburg. Als ich letztes Jahr die Champions-League-Spiele von Veszprém im Fernsehen gesehen habe, war da jeder einzelne Zuschauer in Rot gekleidet. In diesem Hexenkessel zu spielen, da freue ich mich ganz besonders drauf. Und ich freue mich auch auf Paris sehr. Dorthin ist Jannick Green gewechselt, das wird ein besonderes Wiedersehen. Außerdem ist Paris eine Macht im Handball – solche Spiele willst du als Profisportler haben.

SPORT1: Die Einsätze in der Champions League bringen aber auch Herausforderungen mit sich. Alleine vom 31. August bis Ende Dezember habt ihr in der Bundesliga sowie der Königsklasse 29 Spiele (hinzu kommen DHB-Pokal und Nationalmannschaft). Haben Sie Respekt vor diesem enormen Pensum?

Mertens: Ich gehe da erstmal relativ entspannt ran, weil ich weiß, dass ich diese Belastung fahren kann. Das habe ich die letzten beiden Jahre auch gemacht. Matthias Musche war lange verletzt, deswegen war ich quasi Alleinunterhalter auf der Linksaußen-Position. Ich bin aber froh, dass er jetzt wieder da ist. Klar möchte man als Handballer immer spielen, aber es ist trotzdem gut, dass wir uns die Spielzeiten auf dieser Position in der Bundesliga und der Champions League jetzt teilen können.

Karabatic-Aussagen für Mertens nur teilweise nachvollziehbar

SPORT1: Nikola Karabatic sorgte kürzlich für Aufsehen, als er anderen Spielern wegen der hohen Belastung von einem Wechsel zu einem Bundesliga-Topverein abgeraten hat. Wie stehen Sie zu dieser Aussage?

Mertens: Bei Karabatic muss man bedenken, dass er über 20 Jahre hinweg immer Champions League gespielt hat. Er hat wöchentlich zwei bis drei Spiele durchgepowert. Ich kann seine Ansätze hinsichtlich der Belastung verstehen, allerdings machst du den Sport auch nur kurzfristig. Meiner Meinung nach musst du in dieser Zeit alles mitnehmen, was geht. Man spielt in Deutschland vor dem besten Publikum und hat die größten Hallen. Dass du dadurch mehr Aufwand hast, ist eben die Folge daraus. Sowohl in der Bundesliga als auch in den anderen Wettbewerben kannst du kein Spiel wegschenken. Dafür ist die Leistungsdichte einfach zu hoch.

SPORT1: Also gäbe es aktuell keine Änderungen, die Sie sich für die Bundesliga wünschen?

Mertens: Ich weiß nicht, wie es wäre, wenn ich so ein Interview im Alter von 37 Jahren geben würde – da würde ich vielleicht auch wie Karabatic reagieren. Jetzt, mit 26 Jahren, behaupte ich aber doch, dass Deutschland die beste Liga der Welt hat. Ich bin froh, dass ich in dieser Liga spielen darf.