“Als sie Schweinsteiger wegschicken wollten, habe ich gedroht”

Der Name Jan Pienta wird nur den wenigsten im schnelllebigen Fußball-Geschäft etwas sagen.

Dabei entdeckte der relativ unbekannte Bayern-Scout unter anderem Philipp Lahm, Thomas Müller und Bastian Schweinsteiger für den FC Bayern und traf bei deren Verpflichtung auf einige Widerstände beim Rekordmeister. (NEWS: Gewichtiges Indiz im Sommer-Poker!)

Pienta arbeitet seit 1986 freiberuflich für die Münchner, anfangs als A-Jugendtrainer, dann parallel noch als Scout - und mittlerweile beobachtet er ausschließlich junge und interessante Talente für die U15 des Rekordmeisters. (DATEN: Spielplan der Bundesliga)

Auch wenn er bereits 78 Jahre alt ist, hat er noch lange nicht genug. „Ich habe einen unbefristeten Vertrag. Ohne Fußball geht es nicht“, sagte Pienta in einem Interview mit Spox und Goal und erklärte, dass er so lange weitermacht, „bis es mit mir vorbei ist“.

Als er 1990 den Trainerjob aufgab, konzentrierte sich der Ostwestfale nur noch auf das Nachwuchs-Scouting - gemeinsam mit Hermann Hummels und Heiko Vogel. Damals entdeckte er auch schließlich „Bayerns drei Granaten“, wie sein Freund Hermann Gerland mal gesagt hat. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)

„Als sie Schweinsteiger wegschicken wollten, habe ich gedroht“

„Ich wusste, dass sie durch die Decke gehen. Bei Müller und Schweinsteiger war diese Prognose schwierig, bei Lahm nicht. Als ich ihn das erste Mal mit elf, zwölf Jahren gesehen habe, hat er schon wie ein Erwachsener gespielt“, so Pienta. (NEWS: Warum Werner Bayern absagte)

Doch nicht jeder an der Säbener Straße teilte seine Einschätzung: „Ich will jetzt keine Namen nennen, aber andere im Klub waren nicht so überzeugt wie ich. Sie hielten Schweinsteiger für zu langsam, Lahm für zu klein und Müller wollten sie auch nicht.“

Und führte aus: „'Der kann nichts‘, hat es bei Müller geheißen. Ich habe nur geantwortet: ‚Wartet mal ab!‘ Als sie Schweinsteiger wegschicken wollten, habe ich gedroht: ‚Dann gehe ich zur Klubführung! Den nehmen wir!‘ Anders als damals werden heute alle Einschätzungen dokumentiert. Man kann genau nachlesen, wie jeder Scout jeden Spieler beurteilt. Früher wurde im Nachhinein gerne die Wahrheit verdreht.“ (DATEN: Ergebnisse der Bundesliga)

Van Gaal wegen Bayern-Scout Pienta „baff“

Die Lorbeeren für die drei lebenden Bayern-Legenden heimst bis heute in der Öffentlichkeit aber meist Gerland ein, was Pienta nicht im Geringsten stört: „Wir Ostwestfalen halten zusammen. Ich kenne Hermann noch aus der Heimat: Als ich schon Co-Trainer bei Herford war, hat er noch beim VfL Bochum gespielt.“

Zudem betonte er, dass sein guter Freund ihn „bei jeder Ehrung erwähne“ und gab auch diese Anekdote zum Besten: „Louis van Gaal hat ihn einmal gefragt, wer ich eigentlich bin.“ Gerland erwiderte bestimmend: „Der hat alle unsere Granaten geholt“ - und zählte dann alle Namen auf, so Pienta. Van Gaal sei völlig baff gewesen. (NEWS: Haben sich die Bayern verzockt?)

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„Ich habe ihre Mütter nicht herumgekriegt“

„Bei vielen Talenten“ aber, so schilderte Pienta, „gab es das Problem, dass die Eltern mit Sechzig (1860 München, Anm. d. Red.) infiziert waren. Bei denen habe ich mir die Zähne ausgebissen. Philipp Steinhart, die Bender-Zwillinge und Benny Lauth wollte ich unbedingt holen. Aber ich habe ihre Mütter nicht herumgekriegt.“ (DATEN: Die Tabelle der Bundesliga)

Anfangs sei der Draht zum Stadtrivalen noch „gut“ gewesen, „aber irgendwann fingen Eltern an, mich anzupöbeln. ‚Rote Sau‘ haben sie gerufen oder mir vorgehalten, dass ich bei Bayern angeblich so viel verdienen würde. Einmal habe ich sogar ein Platzverbot bei Sechzig bekommen. Mittlerweile hat sich das aber alles beruhigt.“ (NEWS: Bayern verlängert mit Mega-Talent)

Pienta: „Ganz schwer zu überzeugen war Frau Müller“

Doch nicht nur bei den Blauen war es schwierig, sondern ebenfalls bei Thomas Müllers Mutter: „Ganz schwer zu überzeugen war Frau Müller. Sie hat erzählt, dass Thomas ein Jahr zuvor nach einem Probetraining weggeschickt wurde. Außerdem habe sie eh keine Lust auf die ganze Fahrerei.“ (Bericht: Die bewegte Geschichte von Thomas M.)

Nach viel Überzeugungsarbeit und Beharrlichkeit konnte Pienta sie doch überzeugen: „Ich habe nicht lockergelassen, irgendwann hat sie eingelenkt. Thomas selbst war von Anfang an Feuer und Flamme.“

Zum Glück für die Bayern, den Müller ist mit seinen 230 Toren und 249 Assists in 641 Pflichtspielen einer der Erfolgsgaranten bei den Münchnern.