Sehnsuchtsort Cardiff

Sehnsuchtsort Cardiff

Bayern München ist ein Klub wahrer Größe. Aber für das Größte überhaupt, da fehlte den Münchenern zuletzt der Schlüssel. Dreimal in Folge standen die Bayern auf dem Sprung in das Finale der Champions League, die Tür blieb aber ebenso oft verschlossen.

Kein großer Triumph auf europäischem Parkett, kein Triple, keine Erlösung. So schien es fast: Dass Pep Guardiolas Wirken in München nur mit dem Gewinn der Königsklasse als vollendet betrachtet werden kann. Nun ist Guardiola, sind die Bayern eben immer wieder gescheitert.

Das hatte auch einen Einfluss bei der Suche nach einem geeigneten Nachfolger für den Spanier. Einen ziemlich großen sogar. Vier nationale Meisterschaften in Folge haben die Bayern errungen, das hat vorher noch kein anderer Klub geschafft. Nicht mal die Bayern selbst. Das waren tolle Momenten, wie sie da auf dem Rasen der Allianz Arena getollt sind, wie sie sich gefeiert und leider auch mit Bier übergossen haben. Jahr für Jahr.

Aber nichts von dem reichte auch nur annähernd an jene Ausgelassenheit und Eruption der Gefühle ran, die die Bayern an diesem einen Mai-Abend im Londoner Wembley-Stadion versprühten. Das bleibt haften, wie das Scheitern im Jahr davor beim Finale dahoam. Nicht die Bierdusche nach einem Spiel gegen Hannover 96.

Am Freitag beginnt die 54. Bundesliga-Saison, die Bayern dürfen sie gegen Werder Bremen prunkvoll eröffnen und wenn man den meisten Experten Glauben schenken darf, dann werden sie sie auch wieder prunkvoll abschließen: Mit ein bisschen jubeln und feiern und Bier nach dem letzten Heimspiel gegen den SC Freiburg.

Die große Sehnsucht bedeutet die Bundesliga aber schon lange nicht mehr für die Bayern. Das hat ganz nüchterne Gründe, wie etwa die Auslandsvermarktung und rasant fortschreitende Internationalisierung des Klubs. Die Spiele der Bundesliga sind interessant, dafür gibt es einen Markt. Aber der ist nur ein Bruchteil dessen, den die Champions League überall auf der Welt abdeckt. Da schauen die Leute auch in den entlegensten Winkeln der Erde zu, es ist der wichtigste Vereinswettbewerb überhaupt.

„Champions League ist der wichtigste Wettbewerb“

Hier werden Mythen geboren und das große Geld verdient. „Für jeden Klub ist die Champions League heutzutage der wichtigste Wettbewerb, nicht mehr die nationalen Ligen. Jeder große Klub will sie gewinnen, weil sie in der Welt des Fußballs ein sehr hohes Ansehen hat. Daher denke ich, dass jede große Mannschaft darauf fokussiert ist, diesen Wettbewerb zu gewinnen.“

Das sagt einer, der es wissen muss. Weil er die Champions League beziehungsweise deren Vorgängerwettbewerb bereits fünfmal gewonnen hat: Dreimal als Trainer und zweimal als Spieler. Und weil er seine Mission angetreten hat, dies nun auch in München zu tun. Carlo Ancelotti besitzt so etwas wie eine Garantie auf große Titel.

In 20 Jahren als Trainer großer Klubs in Italien, England, Frankreich und Spanien hat er lediglich drei nationale Meisterschaften eingefahren. Ein vergleichsweise mickriger Wert. Gerade bei Milan, wo er acht Jahre diente, hatten sie früh den Stellenwert der Königsklasse erkannt und darauf alles ausgerichtet. Heraus kamen zwei Triumphe (2003 und 2007), sowie das dramatischte Finale aller Zeiten, das Milan nach 3:0-Führung gegen Liverpool noch aus der Hand gab.

Man darf durchaus behaupten, dass sich die Bayern da einen ausgewiesenen Champions-League-Experten auf den Hof gestellt haben. Was ganz wunderbar zu dem passt, was der Klub und einzelne Spieler so vorhaben in den nächsten Monaten.

Den Bayern steht ein Umbruch ins Haus, deshalb haben sie vor zwei Jahren mit der Verpflichtung des Kaderplaners Michael Reschke reagiert und seitdem die Umwälzungen innerhalb der Mannschaft voll in Angriff genommen. Der Rekordmeister ist schon ziemlich weit darin, sich für die Zukunft neu auszurichten. In der Gegenwart sind die aber noch da, die Lahms und Riberys und Robbens und Alonsos. Und sie haben noch Hunger nach Erfolg.

Lesen Sie im zweiten Teil am Samstag: Darum läuft der alten Garde die Zeit davon...