Was wirklich hinter diesem skurrilen Auftritt steckte

Was wirklich hinter diesem skurrilen Auftritt steckte
Was wirklich hinter diesem skurrilen Auftritt steckte

Als Qualifikant stieß er ins Hauptfeld von Wimbledon vor - und legte dort einen Auftritt hin, der in Erinnerung bleiben wird.

Oscar Otte aus Köln zeigte in der zweiten Runde gegen den früheren Champion Andy Murray einen großen Kampf, verlor erst nach fünf Sätzen. Und er unterhielt die Zuschauer auch mit kuriosen Einlagen wie der Bitte an die Schiedsrichterin um eine neue Hose und eine lässige Paff-Geste nach einem Sturz über den rutschigen Rasen.

Die skurrile Aktion ging im Netz viral - was genau aber wollte der 27-Jährige eigentlich damit ausdrücken? Im SPORT1-Interview gibt er die Antwort (Wimbledon 2021: Spielplan und Ergebnisse).

Oscar Otte erklärt seinen skurrilen Auftritt in Wimbledon

SPORT1: Herr Otte, Sie hatten den ehemaligen Wimbledon-Champion Andy Murray in der zweiten Runde am Rande einer Niederlage. Weshalb hat es am Ende doch nicht zum Sieg gereicht?

Oscar Otte: Der Aufschlag hat mich am Ende ein bisschen verlassen. Das war auf jeden Fall mit ausschlaggebend. Ich konnte daher nicht mehr so viel nach vorne spielen, da ich mich nach meinem Service dann meist in einer neutralen oder defensiven Position befand. So wurde es schwierig, mit langen Rallyes gegen Andy Murray zu bestehen. Hätte ich das aggressive Spiel nach vorne noch besser umgesetzt, hätte es vielleicht ein anderes Ende gegeben.

SPORT1: Ihre Geste, bei der sie am Boden liegend so getan haben, als würden Sie eine rauchen, amüsierte das Publikum. Wie kam es dazu?

Otte: Das war eine spontane Idee. Ich bin einige Male ausgerutscht während des Matches. Der Centre Court war äußerst rutschig. Irgendwann nervt es nur noch, wenn man dauernd auf dem Boden liegt. Wenn Murray stürzte, stand gefühlt das ganze Stadion auf. Bei mir war es den Zuschauern egal und es wurde normal applaudiert, wenn Murray dadurch den Punkt gemacht hat. Diese Geste kam dann auch ein bisschen aus dem Frust heraus. Sie ist mir spontan in den Kopf gekommen. (Das Spiel zum Nachlesen im Liveticker)

Otte und sein Hosen-Problem

SPORT1: Was wollten Sie mit der Geste ausdrücken? In den sozialen Medien kamen Assoziationen zum Thema Kiffen auf. Hatten Sie das beabsichtigt?

Otte: Nein, überhaupt nicht. Damit war lediglich eine normale Zigarette gemeint.

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SPORT1. Schon vorher sorgten sie im Spiel für kuriose Momente, als sie die Schiedsrichterin um eine neue Hose baten. Weshalb hatten Sie keine Ersatzhose dabei?

Otte: Der Wäscheservice im Hotel hat nicht ganz so gut funktioniert. Dadurch hatte ich nur eine Hose mit. Die ist mir während des Matches dauernd hochgerutscht. Ich weiß gar nicht genau, weshalb. Daher hatte ich die Schiedsrichterin um eine Ersatzhose gebeten. Dann haben sie mir zwei gebracht, die eine war allerdings viermal so groß und wäre mir über die Knie gegangen. Die andere hatte ein Sponsoren-Logo aufgenäht, auch damit hätte ich nicht spielen können. Daher musste ich meine Hose dann anbehalten. Irgendwann hat das Hochrutschen dann zum Glück aufgehört.

Geste zog Konsequenzen mit sich

SPORT1: Mit Ihrem Auftritt haben Sie viele Fans und Tennis-Kollegen auf sich aufmerksam gemacht. Steht Ihr Handy gerade überhaupt noch still?

Otte: Ich habe sehr viele Nachrichten bekommen, war allerdings bisher kaum am Handy. Mit meinen Eltern habe ich bereits gesprochen, das war das Wichtigste. Mein Trainer und meine Freundin waren ja in London vor Ort. Auch meine Schwester und ihr Mann waren beim Spiel dabei, die wohnen in England. Alle anderen Nachrichten werde ich mir in Ruhe anschauen.

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SPORT1: Sind Sie etwas erschrocken über den Wirbel um Ihre Geste? Foto und Video gingen um die Welt, unter anderem durch einen Tweet von Victoria Azarenka.

Otte: Es war ja nur eine Geste. Wenn man im Match voller Adrenalin ist und dann zum zehnten Mal ausrutscht, können solche Sachen schon mal passieren. Vielleicht muss ich da ein bisschen mehr aufpassen.

SPORT1: Nach dem Spiel lobte Murray Sie und ermunterte Sie, genauso weiterzuspielen. Was bedeutet Ihnen so ein Lob von einem ehemaligen Wimbledon-Champion?

Otte: Es ist unglaublich, so etwas zu hören. Diese Worte gerade von ihm sind sehr motivierend und inspirierend. Er ist einer meiner Lieblingsspieler. Was er alles erreicht hat und wie er nach seiner Hüft-Operation trotzdem noch so gutes Tennis spielen kann, ist Wahnsinn.

"Durch die Qualifikation verliert man viel Energie"

SPORT1: Mit dem Erreichen der 2. Runde stellten Sie Ihr bisher bestes Karriereresultat ein. Was für Ziele setzten Sie sich für die Zukunft?

Otte: Mein Ziel ist es, das in Wimbledon gezeigte Level in den kommenden Jahren konstanter abrufen zu können. Ich werde versuchen, mich vermehrt für größere ATP-Turniere zu qualifizieren, anstatt die kleineren Challenger-Turniere zu spielen. So bekomme ich dann stärkere Gegner und kann vielleicht bei solchen engen großen Partien auch mal als Gewinner hervorgehen. Das ist hoffentlich nur eine Frage der Zeit, bis das auch mal in meine Richtung geht. Wenn die Resultate kommen, wird auch das Ranking besser. Natürlich nur, wenn ich fit und gesund bleibe.

SPORT1: Sie belegen aktuell Platz 151 im ATP-Ranking, standen noch nie in den Top 100. Wie wichtig wäre der Schritt unter die 100 besten Athleten der Welt?

Otte: Das würde einiges leichter machen. Ich müsste bei den Grand Slams nicht mehr durch die Qualifikation. Dadurch verliert man viel Energie. So eine Qualifikation für ein Grand-Slam-Turnier ist ja wie ein eigenes Turnier, das eine Woche dauert. Zusätzlich kommt man dann manchmal auch ins Hauptfeld eines ATP-Turnieres rein. Das würde schon einige Türen öffnen und einiges leichter machen. Mittelfristig ist das auf jeden Fall ein Ziel.