So erlebte Goretzka die Pfiffe der Schalke-Fans

Leon Goretzka wechselt im Sommer ablösefrei zum FC Bayern München

Nach dem enttäuschenden 1:1-Remis gegen Hannover 96 stand Bayern-Neuzugang Leon Goretzka seinen Mann.

Der Schalke-Star, dessen Wechsel nach München am Freitag verkündet worden war, stellte sich den Medien und sprach ganz offen über die schmerzende Pfiffe der Schalke-Fans. "Es war kein normales Spiel, natürlich nicht", so der 22-Jährige bei Sky. "Es war schon eine besondere Situation."

Während Aufsichtsratschef Clemens Tönnies dem deutschen Nationalspieler sogar mit der Tribüne gedroht hatte, schenkte Schalke-Coach Domenico Tedesco ihm sein Vertrauen und brachte Goretzka nach seiner achtwöchigen Verletzungspause von Anfang an: "Ich bin Angestellter des Vereins. Wichtig ist der sportliche Erfolg des Vereins. Schalke steht über Tedesco und Goretzka. Wichtig ist die Leistung im Training, deshalb steht er verdienterweise in der Startelf."

Goretzka bemüht, aber blass

Man merkte dem Nationalspieler die fehlende Spielpraxis allerdings deutlich an, auch wenn sich der offensive Mittelfeldspieler redlich bemühte. Das unterstrichen auch seine Statistiken bis zu seiner Auswechslung in der 64. Minute, als für ihn Weston McKennie auf den Platz kam.

Er gewann ordentliche 64 Prozent seiner Zweikämpfe und brachte 83 Prozent seiner Pässe an den Mann. Zudem lief der Schalker starke 8,6 Kilometer in nur 64 Minuten. Einzig die 33 Ballkontakte wären zu bemängeln, denn an Goretzka lief das Spiel vorbei.

Sein eigenes Fazit war daher auch kritisch: "Wir haben in der ersten Halbzeit ein gutes Spiel gezeigt. In der zweiten Halbzeit müssen wir die Kontergelegenheiten besser ausspielen. Da haben wir es verpasst, das zweite Tor zu erzielen. Dann haben wir Hannover ins Spiel kommen lassen. Am Ende fühlt es sich an wie zwei verlorene Punkte."

Beleidigungen und Buhrufe

Was die Fans von seiner Entscheidung halten, hatte der Mittelfeld-Star schon beim Aufwärmen gesehen: "Weder Kohle noch Titel sind mehr wert als unser Verein! Wer das nicht schätzt, kann sich sofort verpissen!", hieß es auf einem Transparent, auf einem anderen prangte: "1000 Freunde im Stich gelassen für emotionslose Titel und oberflächliche Lackaffen."

Zudem wurde Goretzka bei der Mannschaftsaufstellung ausgebuht wie bei jeder seiner 33 Ballkontakte. "Mit den Pfiffen bei der Aufstellung hatte ich gerechnet", so der 22-Jährige. "Wenn dich die eigenen Fans auspfeifen, dann tut es natürlich weh. Aber ich kann die Fans verstehen auch verstehen. Im Großen und Ganzen war alles im Rahmen."

"Ich werde mich für Schalke zerreißen"

Selbst in der wohl unangenehmsten Situation seiner Spielerkarriere blieb der Confed-Cup-Sieger gelassen, zeigte Reife und ließ kein schlechtes Wort an den Schalker Fans. Vielmehr wiegelte er einen kolportierten Winterwechsel kategorisch ab: "Ich möchte, dass wir die Ziele mit Schalke erreichen. Alle, die mich kennen, wissen, dass ich mich im letzten halben Jahr komplett für Schalke zerreißen werde."

Ein vorzeitiger Transfer ist somit vom Tisch, was auch Bayerns Sportdirektor Hasan Salihamidzic genauso wie Schalkes Sportvorstand Christian Heidel beide bestätigten: "Wir freuen uns, wenn er noch 16 überragende Ligaspiele und das eine oder andere gute Pokalspiel macht. Wir sind alle enttäuscht, das ist alles", sagte Heidel vor dem Hannover-Spiel. "Er kann zu Bayern München wechseln, das steht nicht unter Strafe. Er hat sich aber vorgenommen, eine überragende Rückrunde zu spielen. Ich vertraue diesem Jungen, dass er alles für Schalke geben wird. Dann wird er leider den Verein verlassen."

Mannschaft steht hinter Goretzka

Und Max Meyer brach ebenfalls eine Lanze für seinen Mitspieler: "Leon hat zur Mannschaft gesprochen. Wer ihn kennt, der weiß, dass er sich bis zum Saisonende für uns zerreißen wird. Er ist ein super Typ, die Mannschaft steht einhundertprozentig hinter ihm. Es ist schade, dass er den Verein verlässt."

Goretzka werden die Worte nach Tönnies Drohung gut tun. Und wenn Schalke sich am Ende der Saison für die Champions League qualifiziert, sollte der 22-Jährige auch einen ordentlichen Abschied von seinen königsblauen Anhängern bekommen.