So lieblos behandelte die DDR ihre Gold-Fußballer

So lieblos behandelte die DDR ihre Gold-Fußballer

Man kann es sich aus heutiger Sicht kaum vorstellen: Beim Olympiaball in der Heimat waren die deutschen Fußballer nach ihrem Gold-Triumph nur Statisten.

Das Verhältnis der DDR zu dem Siegerteam von Montreal 1976 war damals kein besonders liebevolles: Die Staatsführung um Erich Honecker inszenierte eine Feier, eine der siegreichen Schwimmerinnen durfte sogar neben dem Staatsratsvorsitzenden Platz nehmen.

Für die Fußballer hingegen war nicht einmal Platz auf dem Erinnerungsfoto. Olympiasieger gab es nun mal viele, und der Fußball war einigen Funktionären ohnehin ein Dorn im Auge. Zu unwägbar war den planwirtschaftlich gesinnten Staatenlenkern dieser Sport mit seinen eigenen Gesetzen.

“Ohne die Kraft der Straße hätten die Strolche mit dem Fußball das Gleiche wie mit dem Eishockey gemacht”, sagte Nationaltrainer Georg Buschner später einmal über die Widerstände, die ihm begegnet waren - den Eishockey-Sport hatte die DDR aufgrund zu großer Kosten ausbluten lassen.

Buschner - bei Carl Zeiss Jena zuvor Chef und Mentor des jungen Hans Meyer - ließ sich nicht davon abhalten, das Beste aus der Situation zu machen. Bei Olympia 1976 sorgte er zum zweiten Mal binnen zwei Jahren für einen historischen Coup.

DDR sorgt für historischen Moment

25 Monate nach dem Sieg gegen die Bundesrepublik Deutschland bei deren Heim-WM - Siegtorschütze gegen den späteren Weltmeister: der später in den Westen geflohene Jürgen Sparwasser - gewann die DDR am 31. Juli 1976 in Montreal Olympiagold.

Im Finale vor über 70.000 Zuschauern gab es für die Mannschaft mit Libero Hans-Jürgen “Dixie” Dörner einen 3:1-Erfolg gegen Polen, die Torschützen: Hartmut Schade, Martin Hoffmann und Reinhard Häfner.

Es sollte bis heute die letzte olympische Goldmedaille für eine deutsche Fußballmannschaft der Herren sein - das gesamtdeutsche Team von Trainer Horst Hrubesch verpasste 2016 im Finale gegen Brasilien in Rio knapp die Chance, es ihr gleichzutun.

DDR-Trainer drohte erst mit der Heimfahrt

Den Triumph von 1976 hätte es der Legende nach fast gar nicht gegeben: Nach einem enttäuschenden 0:0 im Auftaktspiel gegen Brasilien, das nur mit Amateuren in Kanada angetreten war, soll der 2007 verstorbene Buschner eine Brandrede vor der Mannschaft gehalten und sogar mit der Heimfahrt gedroht haben. “Ganz so schlimm war es nicht, aber uns wurde gehörig der Kopf gewaschen. Und es hat gefruchtet”, erzählte später allerdings Konrad Weise.

Die Worte verfehlten ihre Wirkung tatsächlich nicht: Spanien, Frankreich mit Michel Platini und sogar der große Bruder Sowjetunion wurden auf dem Weg ins Finale ausgeschaltet. Die Sowjets waren über den folgenden dritten Platz so ungehalten, dass Trainerlegende Waleri Lobanowski nur zwei Funktionäre zur Siegerehrung schickte.

Die Zuschauer im Olympiastadion reagierten mit einem Pfeifkonzert, die siegreiche DDR hingegen wurde gefeiert. In der Heimat wartete anschließend auf die meisten Spieler ein Urlaub an der Ostsee.

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