So wurde Flick ausgecoacht

Zum Ende der ersten 45 Minuten sah es noch so aus, als würde Deutschland den Auftakt gegen Japan erfolgreich gestalten. Das knappe Abseitstor von Kai Havertz schien nur wie ein kleiner Makel, den die DFB-Elf mit weiteren Treffern vergessen machen würde.

Doch dann griff Japans Trainer Hajime Moriyasu in die Taktikkiste, stellte von 4-2-3-1 auf 3-4-3 um und brachte sein Pendant Hansi Flick erheblich in die Bredouille. Mit neuem System und im Verlaufe der zweiten Halbzeit auch neuem Personal konnte Japan immer häufiger Lücken in der deutschen Verteidigung kreieren.

Nun kann das vor allem dem oftmals unterschätzten Team aus Asien zugute geschrieben werden, aber Deutschland sorgte selbst mit dafür, dass Japan offensiv so gefährlich wurde.

Hohes Verteidigen wird zum Verhängnis

Bundestrainer Flick blieb trotz der taktischen Umstellung von Moriyasu zunächst reaktionslos. Die Abwehrlinie pushte weiterhin nach vorn, obwohl durch das Vorrücken von David Raum teilweise ein Drei-gegen-Drei an der Abseitslinie entstand. Jeder gute Verlagerungsball und jedes steile Anspiel der Japaner wirkte folglich so, als könnte es für Gefahr sorgen.

Die Restverteidigung Deutschlands erhielt wenig Unterstützung von den eigenen Vorderleuten, weshalb beispielsweise Hiroki Sakai, der bis zu seiner Auswechslung im 3-4-3 als rechter Flügelläufer agierte, mehrfach außen durchlaufen konnte und zusätzlich von der letzten Linie verteidigt werden musste.

Die Passivität von der Bank sowie auch das sture Weiterspielen der Elf auf dem Rasen war die perfekte Mischung, um von Japan noch bezwungen zu werden.

Taktische Anpassung bleibt aus

Dass Schlotterbeck oder auch Süle individuell nicht besonders gut aussahen, kam gewiss erschwerend hinzu, aber im Grunde waren es zunächst vor allem Abstimmungsprobleme und mangelhafte taktische Anpassungen, die Deutschlands Defensive bloßstellten. Das zweite Tor Japans war exemplarisch dafür, denn im Vorlauf schob die Viererkette bei einem ruhenden Ball weit auf, bevor sich Raum sogar noch weiter nach vorn bewegte, um frühzeitig einen tiefer postierten Japaner anzulaufen. Dadurch musste Schlotterbeck als eigentlich freier Verteidiger der Kette Raums Gegenspieler übernehmen und die Restverteidigung stand wieder in Gleichzahl gegen Japans Dreiersturm.

Während Rüdiger und Schlotterbeck auf Abseits spielen wollten, ließ sich Süle zurückfallen, weil er sich eventuell nicht zutraute, so viel offenes Feld im direkten Duell mit Takumi Minamino zu verteidigen. Der lange Ball brachte Schlotterbeck in Schwierigkeiten und Takuma Asano gelangte schnurstracks in den Sechzehner, wo der Bochum-Profi einen schlecht postierten Manuel Neuer überwand.

Flick muss mehr Impulse setzen

Bundestrainer Flick sprach im Nachgang davon, dass sein Team teilweise zu stark nach vorn aufschob, obwohl eine hohe Abwehrlinie zu den Grundzügen seines Systems gehört.

Also hätte der 57-Jährige selbst stärker auf seine Spieler einwirken müssen, um von der Grundausrichtung abzuweichen und das Ungemach zu verhindern. Gegen die gut aufgelegten Spanier am Sonntag braucht es mehr Impulse von Flick und besonders in der Defensive eine bessere Abstimmung.