"In sozialen Medien geschlachtet": F1-Star erklärt Angstzustände

In der Formel 1 gehört Druck dazu. Aber keiner spricht so offen wie Lando Norris über Angstzustände und schlaflose Nächte. Auch die sozialen Medien haben ihren Anteil.

Formel-1-Pilot Lando Norris spricht offen über Angstzustände und schlaflose Nächte. (Bild: Reuters)
Formel-1-Pilot Lando Norris spricht offen über Angstzustände und schlaflose Nächte. (Bild: Reuters)

Kein Platz für Schwächen! Wenn es nach Max Verstappen geht, sind Ängste und Schwächen keine Themen, die ein Formel-1-Pilot öffentlich thematisieren sollte. "Warum solltest du deine Schwächen verraten? Selbst wenn du eine hast?", machte er im vergangenen Jahr seinen Standpunkt klar und legte nach: "Ich würde solche Sachen nie sagen!"

Mit dieser Sichtweise dürfte der Niederländer der Mehrheit der Rennfahrer aus der Seele sprechen. Noch immer überwiegt das Bild der harten Kerle, die in ihren Boliden um jede Hundertstel kämpfen. Für Ängste sind da kein Platz.

Lando Norris spricht ehrlich über Angst und Druck

Umso überraschender ist es, dass ausgerechnet ein junger Fahrer zeigt, dass es auch anders geht. Lando Norris, gerade einmal 21 Jahre alt, geht mit einer entwaffnenden Ehrlichkeit mit den Themen Angst und Druck um.

"Im Jahr 2019 (in seiner ersten Formel-1-Saison, Anm. d. Red.) hieß es nur 'Ich muss hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier besser werden", verriet der McLaren-Pilot im Gespräch mit ESPN für die Mental Health Awareness Week. In dieser Situation würden die Dinge so kompliziert, dass "man nicht weiß, worauf man sich konzentrieren soll."

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Gerade während der Corona-Pandemie hatte der Brite beim Blick auf seinen Instagram-Account gemerkt, dass viele Menschen mit diesen Problemen zu kämpfen haben.

"Ab und zu scrolle ich durch die Nachrichten, die ich auf Instagram bekomme. Von verschiedenen Leuten auf der ganzen Welt, die mir eine Nachricht geschickt haben. Viele handeln davon, dass sie mit ihrer psychischen Gesundheit zu kämpfen haben - speziell jetzt während Corona."

Lando Norris über Einfluss und Selbstmord

Dabei habe er tief bewegende Nachrichten von Leuten bekommen, "die mir sagten, wie ich sie beeinflusst habe, wie ich ihr Leben verändert habe. So tiefgreifend, dass sie über Selbstmord nachdachten und ich einen Einfluss darauf hatte, das zu ändern."

Eine Verantwortung, die Norris bereitwillig annahm. Die Anzahl der Nachrichten machte ihm klar, dass er seine Plattform nutzen könne, um darauf aufmerksam zu machen. "Denn das sind Dinge, mit denen ich in der Vergangenheit zu kämpfen hatte."

Daher hatte er sich entschlossen, verstärkt über seine Situation in der Formel 1 zu sprechen.

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"Du machst einen oder zwei Fehler und du kannst in der Presse oder in den sozialen Medien geschlachtet werden", gab er zu bedenken. "Das hat sich in den letzten Jahren bei verschiedenen Fahrern gezeigt", spielte er auf die Situation von Alexander Albon an.

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Zwar nannte er nicht direkt seinen Namen, aber Albon - einer seiner ältesten Freunde - musste sein Red-Bull-Cockpit nach durchwachsenen Leistungen in der vergangenen Saison an Sergio Pérez abgeben. Vor allem der Druck in den Medien sei in dieser Situation hart und könne zu noch mehr Fehlern führen.

Medien können Abwärtsspirale beschleunigen

Wenn man als Fahrer in so eine Abwärtsspirale rutscht, steige auch die Angst, dass der Formel-1-Traum, für den man so lange gekämpft hatte, zerfalle. Daher habe er für sich Mechanismen entwickelt, um diese Gedanken zu verdrängen. "Ich schaue mir an, was ich falsch gemacht habe und mache weiter. Ich fühle mich so besser, als wenn ich das ganze Wochenende darüber nachgrübeln würde, was ich vermasselt habe."

Der 21-Jährige ist eben nicht nur der lustige Sunnyboy, der seine Konkurrenten während der Pressekonferenz zum Lachen bringt. Norris kann auch ruhig. Vor allem Meditation hat ihm geholfen: "Der Meditationsteil ist die größte Sache, um sich vom Rennsport zu lösen."

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Neben einer Meditations-App hilft ihm dabei vor allem Golf. Sein neues Hobby bietet ihm den perfekten Ausgleich zur stressigen Formel 1. "Es ist sehr friedlich, viel ruhiger als der Rennsport", beschrieb er den Reiz des Sports, betonte aber auch: "Gleichzeitig gibt es mir immer noch diese Wettbewerbsmentalität, die ich liebe."

Dass die Mischung aus Humor, Golf und Auseinandersetzung mit seinen Ängsten Erfolg haben kann, zeigt der Youngster einmal mehr in der aktuellen Saison. Nach vier Rennen liegt er auf Rang vier in der Fahrerwertung und beim Großen Preis der Emilia-Romagna erreichte er mit Rang drei sogar schon das Podest.

Beim nächsten Rennen in Monaco will er das am liebsten wiederholen.

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