Sparkassen erleiden 56%-Einbruch bei privaten Immobilienkrediten

(Bloomberg) -- Bei den baden-württembergischen Sparkassen sind die privaten Immobilienfinanzierungen um über die Hälfte eingebrochen. Verbandspräsident Peter Schneider glaubt, dass sich der Trend abgeschwächt fortsetzt. Daneben signalisiert er Vorsicht bei Firmenkrediten, warnt vor einer Deindustrialisierung und sieht die Erträge deutscher Banken in schwierigem Fahrwasser.

Hatten die 50 Sparkassen in Baden-Württemberg im März dieses Jahres 1,56 Milliarden Euro an privaten Immobilienkrediten neu zugesagt, so waren es laut Schneider im September nur noch 0,69 Milliarden Euro. Das ist ein Rückgang von rund 56% innerhalb von nur einem halben Jahr - in einem Segment, das den Sparkassen traditionell ein stabiles Geschäft beschert hat.

“Wir kommen aus einem in Teilen völlig überspannten Markt. Jetzt schwingt der Markt etwas zurück”, erklärt der Präsident der baden-württembergischen Sparkassen im Interview mit Bloomberg. Hohe Zinsen, Lieferkettenprobleme und weltweite Krisen hatten zuletzt viele Hausbauer und Käufer gleichermaßen verschreckt. Zudem waren Finanzierungen vorgezogen worden.

Besonders im Neubau sei es derzeit schwierig, meint Schneider, während bei Bestandsimmobilien “immer etwas geht”. Bei den Preisen sehe er in mittleren Lagen und darunter eine Stagnation und erste leichte Rückgänge. Für Top-Lagen gelte das aber nicht. Insgesamt liege die Nachfrage weiter über dem Angebot, weshalb Schneider nicht mit einem absoluten Stillstand bei den Finanzierungen oder einem starken Einbruch bei den Immobilienpreisen rechnet.

Schneider verweist in diesem Zusammenhang auch auf die hohe Inflation, die die Nachfrage nach Sachwerten traditionell begünstige. “Ich halte Immobilien weiterhin für eine interessante Investmentmöglichkeit, auch als Schutz vor Geldentwertung”, sagt der Präsident.

Beim Blick auf das eigene Immobilienkreditbuch ist Schneider eigenen Worten zufolge entspannt. “Ich sehe keine großen Wertberichtigungen”, sagt er. Seine Sparkassen seien immer vorsichtig gewesen und hätten private Immobilien in der Regel zu maximal 80% finanziert.

Abbremsen bei Firmenkrediten

Selbst von Gas gehen die Südwest-Sparkassen derweil, wenn es um die Finanzierung von Firmen geht. “Bei der Kreditvergabe an Unternehmen bremsen wir derzeit in der Kurve. Unser Neugeschäft wird kommendes Jahr sicherlich niedriger ausfallen als in diesem”, erklärt Schneider. Er gehe davon aus, dass es in der Breite schlechtere Ratings bei Firmen geben werde, wenn der aktuelle Mix aus hohen Energiekosten und Lieferkettenproblemen anhalte. “Das wird kommen, auch wenn wir derzeit noch nichts davon sehen.”

In diesem Umfeld dürften sich einige Sparkassen bei der Kreditvergabe eher auf Bestandskunden konzentrieren und bei Neukunden zurückhaltender sein, meint Schneider. “Einige Sparkassen werden manches Geschäft liegen lassen müssen, das sie vorher abgeschlossen hätten”, sagt er.

Schon jetzt sei bei den Kunden eine zunehmende Ausschöpfung der Kreditlinien zu beobachten. Die Unternehmen nutzen laut Schneider die Mittel für Lager- und Liquiditätshaltung – und weniger zum Ausbau der Produktion. “Aus Gesprächen mit Kunden wissen wir, dass einige ihre Energie- oder Gas-intensive Produktion von Deutschland ins Ausland verlagern. Es sind erste Schritte in Richtung einer Deindustrialisierung in einzelnen Branchen”, warnt Schneider.

Vergangenen Monat hatte bereits Cornelius Riese, Co-Chef der DZ Bank, bei einer Handelsblatt-Konferenz die Frage aufgeworfen, ob es einen Prozess der schleichenden Deindustrialisierung gebe.

Gewinnrückgänge im Finanzsektor

In Summe findet Schneider warnende Worte für die Erträge deutscher Banken. Die ganze Branche werde dieses Jahr in schwieriges Fahrwasser kommen.

Auch die Sparkassen in Baden-Württemberg müssten dieses Jahr mit einem deutlichen Rückgang der Gewinne nach Bewertung rechnen. “Ich rede hier nicht nur von einer Größenordnung von minus 10% oder 20%, sondern wir rechnen eher mit einer Halbierung des Gewinns”, sagt er.

Wegen der gestiegenen Zinsen geht Scheider für seine 50 Sparkassen von Wertberichtigungen auf Eigenanlagen im hohen dreistelligen Millionenbereich in diesem Jahr aus. Auch wenn das keine tatsächlichen Verluste im Sinn von Ausfällen seien, würden sie die Gewinn-und-Verlust-Rechnungen belasten.

Positiv seien die höheren Zinsen hingegen für das Zinsgeschäft. Allerdings gehe das Neugeschäft in einigen Bereichen wie eben bei Immobilien zurück. Hinzu komme, dass die Spareinlagen der Kunden über kurz oder lang wohl höher verzinst werden müssten. “Unterm Strich werden die höheren Zinsüberschüsse in diesem Jahr nicht die Abschreibungen bei den Eigenanlagen kompensieren können”, ist sich Schneider sicher.

Konsolidierung bei Landesbanken

Als Miteigentümer der LBBW beobachten die Südwest-Sparkassen auch die Entwicklungen bei den Landesbanken genau. Die jüngste Zusammenführung einzelner Geschäfte bezeichnet Schneider als “evolutionäre Entwicklung”.

So kümmert sich beispielsweise die LBBW verstärkt um das Zins- und Währungsmanagement für Sparkassen-Kunden sowie das Verwahrstellengeschäft für Spezial- und Publikumsfonds, während die Helaba zu einem zentralen Dienstleister für das Sorten- und Edelmetall­geschäft wird.

All das laufe sehr erfolgreich für alle beteiligten Häuser und werde auch noch weitergehen - allerdings mit etwas Verzögerung. Jetzt gehe es erstmal um die Integration bereits vereinbarter Maßnahmen. “Angesichts der Unsicherheiten im Markt ist es nicht der richtige Zeitpunkt, weitere größere Projekte in Angriff zu nehmen”, sagt Schneider.

(Neu: Äußerungen von DZ-Bank-Co-Chef im 10. Absatz)

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