"So etwas hatte ich noch nie bei einem Transfer"

Dank des Winter-Wechsels von Yann Sommer zum FC Bayern ist Jonas Omlin bei Borussia Mönchengladbach gelandet.

Am Samstag kommt es zum direkten Duell zwischen den Schweizer Toptorhütern. (Samstag, 15.30 Uhr: Gladbach - FC Bayern im LIVETICKER)

Im exklusiven SPORT1-Interview spricht der 29 Jahre alte Omlin, die neue Nummer eins im Fohlen-Tor, über wilde Stunden vor dem Transfer, Yann Sommer, die Krise bei Gladbach und einen speziellen Handschuh-Tick. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)

„So etwas hatte ich noch nie bei einem Transfer“

SPORT1: Herr Omlin, Sie sind nun seit rund einem Monat in Mönchengladbach. Erklären Sie uns rückblickend bitte, wie der Wechsel zustande kam.

Omlin: Den ersten Kontakt gab es schon Ende Dezember. Die Bayern hatten ihr Interesse an Yann Sommer bekundet. Es war eine stressige Zeit für mich, weil die Saison in Frankreich schon wieder angefangen hatte. Trotzdem wusste ich: Wenn Borussia und Bayern sich auf Yanns Wechsel einigen können, will ich unbedingt nach Gladbach in die Bundesliga. Dann ging es hin und her, mit Absagen und Zusagen. So etwas hatte ich noch nie bei einem Transfer. Ich bin sehr glücklich, dass es geklappt hat und ich nun bei diesem großen Verein bin.

SPORT1: Wieso haben Sie sich für Gladbach entschieden? (NEWS: Diese Entscheidung rettete Gladbach vor dem Abstieg)

Omlin: Mönchengladbach und die Schweiz – das passt irgendwie! Ich habe meine Mitspieler aus der Nati immer verfolgt, ob Yann Sommer, Nico Elvedi, Breel Embolo oder Denis Zakaria. Sie alle haben geschwärmt. Niemand kann etwas Schlechtes über Borussia sagen. Gladbach ist ein super Verein mit einer tollen Struktur. Das war die beste Entscheidung.

SPORT1: Bevor Sie final in Gladbach ankamen, um den Medizincheck zu machen, sollen Sie eine ganz schöne Odyssee hinter sich gebracht haben. Nehmen Sie uns bitte auf Ihre verrückte Reise mit.

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Omlin: Ich hatte noch einen Termin in Montpellier am Mittag um 2 Uhr und wusste nicht, ob ich wechsle. Das Telefon stand aber bereit. Nach dem Termin kam um halb 4 der finale Anruf. Mein Berater sagte: ‚Jonas, du musst jetzt reisen!‘ Da es keinen Direktflug von Montpellier nach Düsseldorf gab, habe ich meine Sachen gepackt und mich um 5 ins Auto gesetzt.

Montpellier ist nicht gerade um die Ecke und mit dem E-Auto ist es etwas schwieriger. In der Nacht um 3 bin ich dann irgendwann in der Schweiz angekommen, ich habe mich kurz ausgeruht und um 5 ging schon wieder der Wecker, um 8 dann der Flieger nach Deutschland. Eine stressige Anreise, aber das habe ich gerne in Kauf genommen.

Wiedersehen mit Sommer gegen Bayern

SPORT1: Nun treffen Sie am Samstag auf Yann Sommer. Ein komisches Gefühl?

Omlin: Wir freuen uns, weil wir noch nie gegeneinander gespielt haben. Ich habe in dieser Woche noch Sprachmemos ausgetauscht mit ihm. (NEWS: Gladbach-Star wirft Fragen auf)

SPORT1: Sie haben in Ihrer Karriere mit Montpellier zwar schon gegen Paris Saint-Germain gespielt, ist das Match am Wochenende gegen die Bayern aber ihr größtes?

Omlin: Es ist ein Bundesligaspiel und es geht um drei Punkte, wie in jedem Spiel auch. Klar ist Bayern ein Riesengegner. Es ist enorm, was die geleistet haben, auch für Bundesliga. Wir brauchen uns aber nicht zu verstecken.

SPORT1: Wie bereiten Sie sich speziell als Keeper auf die Bayern-Spieler vor?

Omlin: Unser Torwarttrainer Fabian Otte gestaltet das Training sehr spielnah. Bei Bayern ist bekannt, dass sie viel in die rote Zone kommen, das heißt es gibt Schüsse aus nächster Nähe. Darauf werden wir uns im Training gut vorbereiten.

„Das Spiel war echt frustrierend“

SPORT1: Sie haben seit Ihrer Ankunft erst einen Sieg in fünf Ligaspielen erzielen können. Wieso kriselt Gladbach zurzeit? (NEWS: Dardai-Hammer schockt die Borussia)

Omlin: Wir können jeden Gegner schlagen, aber auch gegen jeden verlieren. Die Resultate waren zuletzt nicht zufriedenstellend. Wir haben über viele kleine, aber entscheidende Szenen gesprochen, so genannte 50:50-Bälle. Wir brauchen den unbedingten Siegeswillen, und zwar über 90 Minuten. Die Spiele werden auch im Kopf entschieden.

SPORT1: Beim 1:4 in Berlin sah man Sie nach den Gegentoren mit den Vorderleuten schimpfen.

Omlin: Das Spiel war echt frustrierend. Wir haben vorhin über 50:50-Bälle gesprochen. Wenn du drei, vier von diesen verlierst, ist das kein Zufall mehr. Das ist dann eine Einstellungssache. Wir müssen mehr Mentalität an den Tag legen. Sonst kriegen wir gegen jede Mannschaft Tore. Wir brauchen eine andere Einstellung, um Spiele zu gewinnen. Egal, ob gegen Hertha, Augsburg oder Bayern. Wir müssen einen Zahn zulegen! (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)

Omlin will „die glorreichen Zeiten zurückkriegen“

SPORT1: Vor zwei Jahren spielte Gladbach noch in der Champions League gegen Inter Mailand und Real Madrid. Wie weit ist man Ihrer Ansicht nach aktuell davon entfernt?

Omlin: Wir arbeiten daran, dass wir irgendwann wieder solche Erlebnisse haben. Ich will dazu beitragen, dass wir wieder die glorreichen Zeiten zurückkriegen. Ein Titel mit Gladbach ist sicherlich möglich. Schauen Sie sich Union an, die stehen auf dem zweiten Platz, die Entwicklung ist extrem faszinierend. Es muss aber auch sehr vieles passen. Bevor wir aber reden, müssen wir arbeiten. Ich möchte den Startschuss für eine erfolgreiche Serie am liebsten schon am Wochenende starten. (DATEN: Die Tabelle der Bundesliga)

SPORT1: Haben Sie eigentlich ein bestimmtes Ritual vor den Spielen?

Omlin: Ich puste jedes Mal vorm Rausgehen in meine Handschuhe. Alle fragen mich, wieso ich das mache. Ich sage dann immer: ‚Du kommst doch auch lieber nach Hause, wenn es schön warm und gemütlich ist!‘ Es ist ein schönes, angenehmes Gefühl. Das mache ich auch vorm Training.

SPORT1: Wie eng ist Ihr Austausch mit Trainer Daniel Farke? Er hat ja stets betont, dass er Yann Sommer als Führungsspieler nicht abgeben möchte. Ist er mit Ihnen als Ersatz zufrieden?

Omlin: Ich denke schon, sonst hätte er mich nicht geholt (lacht). Vor dem ersten Spiel hat er mich zu sich geholt und mir ein gutes Gefühl gegeben. Dass ich gleich spielen durfte, ist nicht selbstverständlich. Er hat mir auch sehr früh anhand von Videos gezeigt, was er von mir erwartet und wie ich die Rolle von Yann ersetzen soll. Das versuche ich nun. Insgesamt habe ich aber mehr mit dem Torwarttrainer Fabi Otte zu tun, der täglich mit Daniel Farke im Austausch ist.

SPORT1: Yann Sommer war achteinhalb Jahre in Gladbach und hat eine Ära geprägt. Ist so etwas auch für Sie vorstellbar?

Omlin: Ich würde nicht nein sagen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass ich 29 bin und in achteinhalb Jahren ein ziemlich altes Eisen im Fußballgeschäft wäre. Ob ich dann noch gehen kann, weiß ich nicht (lacht). Ich bin hier aber erst noch am Ankommen und weiß nicht, wie die Zukunft aussieht. Aber ich würde aktuell nicht Nein sagen.

Van der Sar ist Omlin als Vorbild

SPORT1: Haben Sie eigentlich ein Torwart-Vorbild?

Omlin: Früher hatte ich Edwin van der Sar als Vorbild. Inzwischen versuche ich mir von vielen Top-Torhütern etwas abzuschauen: Der linke Fuß von Ederson, die Reflexe von Manuel Neuer auf der Linie, die Komplettheit von Marc-André ter Stegen als Keeper, um nur einige Beispiele zu nennen.

SPORT1: Die Schweiz hat viele Top-Keeper, mit Ihnen, Sommer, Gregor Kobel und Philipp Köhn waren vier starke Torhüter in Katar dabei. Hat die Schweiz Deutschland als neues Torwart-Land abgelöst?

Omlin: Es ist sicher kein Zufall, dass es in der Schweiz so gut läuft. In der Ausbildung wird vieles richtig gemacht. Es gibt viele gute Torwarttrainer, die Struktur ist super. Was mir in jungen Jahren schon geboten wurde, war echt auf einem sehr hohen Level.

SPORT1: Sommer ist die klare Nummer eins im Schweizer Tor. Stellen Sie Startelf-Ansprüche? (NEWS: Gladbach-Keeper klärt seine Zukunft)

Omlin: Ich möchte immer das Maximale erreichen und ich habe hohe Ansprüche an mich selbst. Doch in die Nati kommst du nur über gute Leistungen im Verein, daher liegt mein Fokus ganz klar darauf. Ich hoffe, dass die Bundesliga mir dabei hilft meine Ziele zu erreichen, weil der Fokus schon größer ist als in der Schweiz oder in Frankreich.

SPORT1: Yann Sommer wird am Samstag im Borussia-Park nochmal gebührend verabschiedet. Wie werden Sie den Moment erleben?

Omlin: Ich bin sehr kollegial und freue mich für Yann. Es war ein großer Schritt für ihn und wir als Schweizer sind stolz, dass er im Bayern-Tor steht. Es wird sicher ein schöner Moment für ihn. Er ist ein toller Typ, super angenehm und ein enorm professioneller Sportler. Wenn man weiterkommen will, kann man sich eine Scheibe von ihm abschneiden.

SPORT1: Auf Instagram gibt es ein Foto von ihnen zusammen mit Tennis-Legende Roger Federer. Können Sie uns verraten, wie es dazu kam?

Omlin: Er hat uns bei der Nationalmannschaft einen Besuch abgestattet. Roger Federer ist der Mann im Sport für mich. Wenn du Schweizer bist und Federer nicht magst, läuft was falsch. Er ist eine Riesennummer und ein Vorbild für jeden Sportler. Ich war richtig nervös, als ich ihn nach dem Foto gefragt habe und das kommt bei mir normalerweise nicht oft vor.

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