Wie zwei Ikonen sich fast umbrachten

Wie zwei Ikonen sich fast umbrachten

Die Sonne brannte. Im Araneta Coliseum war es rund 40 Grad Celsius heiß, die Luftfeuchtigkeit unerträglich.

Das bloße Rumsitzen sorgte bei den 25.000 Zuschauern bereits für Schweißperlen auf der Stirn. Keine Bedingungen, um Sport zu treiben. Erst recht keinen Spitzensport.

Doch zwei Männer rafften sich an diesem Vormittag heute vor 46 Jahren zusammen. Sie trugen einen der dramatischen und brutalsten Kämpfe der Box-Geschichte aus. Muhammad Ali und Joe Frazier sorgten auf den Philippinen für den legendären „Thrilla in Manila“.

Das Fachmagazin The Ring schrieb später vom "besten Boxkampf des 20. Jahrhunderts". Diesen gewann Ali durch einen Kampfabbruch vor der finalen 15. Runde.

Ali verliert - und erobert Titel zurück

Das Duell um die Schwergewichts-WM bildete den Abschluss einer Trilogie. Die beiden Rivalen hatten davor bereits zweimal im Ring aufeinander eingeprügelt. 1971 boxten sie beim "Fight of the Century" um den Titel. Frazier gewann den Kampf im New Yorker Madison Square Garden durch einen Punktsieg.

Drei Jahre später kam es zur Revanche. Wieder in New York. Wieder in der altehrwürdigen Halle in Manhattan. Nur: Das Ergebnis war anders. Den "Super Fight II", der gar nicht so super war, gewann Ali. Damit erkämpfte er sich das Recht zu einem Duell mit George Foreman, der zu diesem Zeitpunkt Weltmeister war. Ali schlug ihn im "Rumble in the Jungle", eroberte die Titel zurück.

Und „The Greatest“ schuf so die Voraussetzung für ein weiteres Duell mit Frazier. Am 1. Oktober 1975 boxten sie in Manila um die Weltmeisterschaft. (Muhammad Ali: Für seinen Mythos zahlte er einen immens teuren Preis)

Ali verspottet Frazier als Gorilla

Verbal gingen die Kontrahenten aber vorher schon aufeinander los. Ali verspottete Frazier als Gorilla. "Dürfen artengeschützte Tiere in die Philippinen einreisen?", fragte er rhetorisch. Doch "Smokin' Joe" konnte auch austeilen. Seine martialischen Worte lauteten: "Ich reiß diesem Halbblut sein Herz aus der Brust."

Solche aufmerksamkeitsfördernden Attacken waren nach dem Geschmack des Strippenziehers hinter dem “Thrilla”: Der findige und zugleich windige Box-Promoter Don King hatte sich Quezon City in der Metropolregion Manila als Austragungsort ausgesucht.

King hatte einen Deal mit dem philippinischen Diktator Ferdinand Marcos ausgehandelt. Der Staatpräsident saß nebst Ehefrau Imelda in der Loge, als der Kampf um 10 Uhr begann. Die Zuschauer in den USA konnten sich den dritten Teil der Ali-Frazier-Saga zur besten Sendezeit ansehen.

Trainer Dundee weist Ali zurecht

Der Champion, mittlerweile 33 Jahre alt, besaß nicht mehr die Eleganz früherer Tage. Dafür überzeugte Ali von Beginn an mit seiner Schlagkraft. Mit einem linken Aufwärtshaken beförderte er den zwei Jahre jüngeren Frazier schon in der ersten Runde in die Seile.

Aber der Getroffene schlug bald zurück. Frazier brachte Ali in Bedrängnis, rammte ihm seine Fäuste in die Nieren. Angelo Dundee, Alis Trainer, passte das nicht. "Geh aus deiner verdammten Ecke", brüllte er in der fünften Runde.

Nun entwickelte sich der Kampf zum echten "Thrilla in Manila". Ali hatte diesen Namen übrigens im Vorfeld mit einem Reim geprägt: "It's gonna be a thrilla, and a chilla, and a killa, when I get the gorilla, in Manila".

Frazier sieht kaum noch etwas

Mit einem Wortwechsel eröffneten die beiden Kämpfer die siebte Runde. So schrieb es der renommierte Sportjournalist Hartmut Scherzer später für die Frankfurter Allgemeine Zeitung auf. "Alter Joe Frazier, warum habe ich nur geglaubt, du wärst abgewrackt?", begann Ali das Verbalduell.

Sein Rivale konterte: "Man hat dich falsch informiert, hübscher Junge."

Und weiter ging es. In der 13. Runde brachte Ali seinen Kontrahenten mit schweren Treffern an den Rand eines Knockouts. Fraziers rechtes Auge schwoll danach zu, er konnte kaum noch etwas sehen.

Frazier-Trainer Futch sorgt für Abbruch

Nach der 14. Runde ließ sich der Herausforderer auf seinen Schemel nieder. Fraziers Trainer Eddie Futch kündigte einen Abbruch an. Der Boxer protestierte – vergebens.

Ali hatte keine Kraft mehr, seinen Erfolg zu bejubeln. Er erlitt sogar einen Kollaps. Ein Zeichen für die unmenschlichen Bedingungen im Araneta Coliseum. Laut Aussage von Ringarzt Ferdie Pacheco befanden sich beide Boxer aufgrund ihres Flüssigkeitsverlustes zeitweise in Lebensgefahr.

Als die Boxer wieder fit waren, lieferten sie Zitate, die ebenfalls in die Sportgeschichte eingingen. "Ich hab ihn mit Schlägen traktiert, die eine Stadtmauer zum Einsturz gebracht hätten, und er hat sie weggesteckt", sagte Frazier über Ali.

Und der Weltmeister war gezeichnet. Ali: “Wir kamen als junge Champions nach Manila und gingen als alte Männer.”