Todt: Hunt und Holtby können bleiben

Jens Todt (l.) ist seit Januar 2017 Sportchef beim Hamburger SV

Jens Todt kennt die Bundesliga seit fast 30 Jahren - als Aktiver und Funktionär.

Seit Januar 2017 ist der 47-Jährige nun beim Hamburger SV als Sportchef tätig und kann sich über einen Mangel an Arbeit nicht beschweren.

Nach dem Klassenerhalt muss er in der Sommerpause einige Baustellen bearbeiten.

Am Mittwoch etwa reiste er persönlich nach Belgien, um mit Stefano Denswil vom FC Brügge zu verhandeln. Der 24-Jährige ist der Wunschverteidiger von Trainer Markus Gisdol und soll zwischen sechs und sieben Millionen Euro kosten.

Im SPORT1-Interview spricht Todt über den neuen HSV, den Einfluss von Investor Klaus-Michael Kühne und die Patzer des neuen Torwarts Julian Pollersbeck.

SPORT1: Herr Todt, die Sommerpause war anfangs für Sie nicht so leicht. Es wurde berichtet, dass Sie in Ihrer Arbeit von den Bossen gebremst wurden. Was war da los?

Jens Todt: Da wurde medial vieles überinterpretiert und aufgebauscht. Fakt ist: Niemand hat mich gebremst. Wir hatten in den betreffenden Gremien stets einen konstruktiven Austausch. Aber ich muss, wie all meine Kollegen in den anderen Vereinen auch, die Transferstrategie nach den wirtschaftlichen Möglichkeiten ausrichten.

SPORT1: Wie zufrieden sind Sie mit dem, was Sie realisieren konnten?

Todt: Wir sind bisher sehr zufrieden mit unseren Transfers. Alles steht unter der Überschrift "Stabilität erhöhen". Und in dieser Hinsicht sind wir vorangekommen. Klar ist aber, dass wir gerne noch einen Innenverteidiger und einen linken Verteidiger verpflichten wollen.

SPORT1: Inwieweit waren Sie mit Investor Klaus-Michael Kühne im Austausch?

Todt: Heribert Bruchhagen, Markus Gisdol und auch ich haben schon mehrfach betont, dass wir über das Engagement von Herrn Kühne sehr glücklich sind. Er ist ein großer HSV-Fan, und wir sind in einem regelmäßigen Austausch, was unsere Transferaktivitäten, Gedankenspiele und Planungen betrifft. Herr Kühne ist sehr konstruktiv und eine große Hilfe für den HSV. Im Gegensatz zu manchen Gerüchten, die hier und da umherschwirren, mischt sich Herr Kühne in keiner Weise inhaltlich ein. Er nimmt nicht im geringsten Einfluss auf das Tagesgeschäft, und es ist unredlich, wenn ihm das unterstellt wird.

SPORT1: Kyriakos Papadopoulos wurde fest verpflichtet. Wie wichtig ist er für den neuen HSV?

Todt: "Papa" war eine der Säulen unserer Mannschaft in der vergangenen Rückrunde und kann es auch in dieser Saison wieder für uns sein. Von daher ist die feste Verpflichtung von ihm ein wichtiger Transfer für uns.

SPORT1: Mit Torwart Julian Pollersbeck kam ein U21-Europameister nach Hamburg. Warum wollten Sie ihn und wie sehen Sie ihn im Torwart-Duell mit Christian Mathenia?

Todt: "Polle" strahlt für sein Alter bereits eine gewisse Abgeklärtheit und Ruhe aus, ist aber bei weitem noch nicht am Ende seiner Entwicklung angekommen. Wir trauen ihm viel zu. Es wird einen Zweikampf zwischen Polle und Christian Mathenia geben, den wir genau beobachten werden. Chris hat in der Endphase der vergangenen Saison hervorragende Leistungen gezeigt und hat mehrere Jahre Erfahrung in der Bundesliga. Von daher ist Julian der Herausforderer.

SPORT1: In den Tests gegen Kiel und Sparta Rotterdam patzte Pollersbeck. Mussten Sie ihn wieder aufbauen?

Todt: Gar nicht. Julian ist professionell genug und weiß damit umzugehen. Wir sollten und werden Testspiele in der jetzigen Phase der Vorbereitung nicht überbewerten.

SPORT1: Lewis Holtby und Pierre-Michel Lasogga waren einst Garanten für den Klassenerhalt. Warum will der HSV sie von der Gehaltsliste streichen?

Todt: Um das klarzustellen: Es ist einfach falsch, dass wir Spieler streichen wollen. Man tut Lewis, Pierre und auch Aaron Hunt Unrecht, wenn sie immer wieder in diesem Zusammenhang genannt werden. Wir haben keinem einzigen Spieler nahegelegt, den Verein zu verlassen.

SPORT1: Die Vorbereitung wurde etwas gestört, weil das zweite Trainingslager wegen kaputter Plätze um 200 Kilometer verlegt werden musste. Die Fans waren außer sich. Sie auch?

Todt: Es ist tatsächlich sehr ärgerlich und tut mir für unsere Fans leid, die eine Reise zu unserem ursprünglichen Trainingslager gebucht hatten. Die Qualität der Plätze im Sommertrainingslager muss aber oberste Priorität haben, so dass ein Ortswechsel unumgänglich war. Unsere Mitarbeiter aus dem Team-Management und dem Greenkeeping haben da hoch professionell reagiert und in kürzester Zeit eine sehr gute Alternative beschafft.

SPORT1: Mit welcher Zielsetzung gehen Sie in die neue Saison?

Todt: Erst einmal freue ich mich auf die neue Saison, in die wir mit der nötigen Bescheidenheit gehen werden. Die sportliche Führung und das Team sind bereit, alles dafür zu tun, dass wir eine stabilere und bessere Saison spielen, als die vergangene.

SPORT1: Warum erlebt der HSV eine Saison ohne Abstiegskampf?

Todt: Ein Grund ist der Zusammenhalt, der uns auch schon zum Ende der vergangenen Saison ausgezeichnet hat. Dazu sollte uns ein besserer Start gelingen - und dennoch: Garantien gibt es nicht, und uns wird nichts geschenkt werden.