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Torjäger-Streit um Lewandowski: Weit entfernt von Weltruhm

Die Berater des Starstürmers sorgen für Wirbel.
Die Berater des Starstürmers sorgen für Wirbel.

Die Äußerungen von Robert Lewandowskis Berater Maik Barthel werfen einmal mehr ein unschönes Licht auf die Geschäftspraktiken seiner Agenten. Das Ziel, das sein Umfeld damit verfolgt, wird kaum zu erreichen sein. Dem Menschen Lewandowski schadet dieses Gebaren – ohne Not. Der wird seine persönlichen Ziele so nie erreichen können.

Eine Analyse von Johannes Kallenbach – mit exklusiven Einblicken von Yahoo-Sport-Experte Patrick Owomoyela

Es war der 20. Mai 2017. Die Bayern hatten gerade ihre fünfte Meisterschaft in Folge gewonnen, einsamer Rekord. Feiern war angesagt. Nur einer hätte wehmütig sein können: Robert Lewandowski hatte denkbar knapp seine dritte Torjägerkanone in Folge verpasst.


Aber er blieb völlig entspannt: Gelöst trat er am Abend vor die Kameras, lobte den “großartigen Zweikampf” mit Dortmunds Topscorer Pierre-Emerick Aubameyang und erfreute sich an seiner zweiten 30-Tore-Saison – trotz kaputter Schulter. Sieht so jemand aus, dessen Frust beispiellos ist? Wohl kaum.

Wie sich die Dinge innerhalb eines Monats doch ändern können. Maik Barthel, Lewandowskis deutscher Haudrauf-Berater, stellte die Realität in der Montagsausgabe des “kicker” anders dar: Für ihn war Lewandowski “so enttäuscht, wie ich ihn noch nie gesehen habe”. Die Generalabrechnung mit Mitspielern und Trainer Ancelotti folgte auf dem Fuße. Wegen einer verpassten Torjägerkanone? Kaum vorstellbar.

Barthel und Kucharsky: Wunscherfüllung mit allen Mitteln

Kaum vorstellbar. Lewandowskis Berater Barthel und sein polnischer Kollege Cezary Kucharsky sind berüchtigt. Für ihr Auftreten. Für die rigorose Kommunikation. Dafür gab es auch schon mal eine offizielle Rüge des Verbandes deutscher Spielervermittler. Im Jahr 2013. Der Ausbruch jetzt nach Saisonende ist kein Novum, vor Lewandowskis Wechsel zu den Bayern wurde der verbale Kampf zwischen Beratern und BVB rigoros geführt.

Barthel und Kucharsky versuchten mit allen Mitteln, die Wünsche ihres Klienten durchzusetzen. Mit Drohungen, Andeutungen, Forderungen. “Der Wechsel ist nur noch eine Sache von einer Woche, zwei oder drei Wochen”, erklärte beispielsweise Kucharsky – ein Jahr vor Lewandowskis Wechsel 2014.

Es ist eine Strategie, mit der sich das Berater-Gespann viele Feinde machte, für ihren Klienten war es dienlich. Die Parallelen zur Spätphase von Lewandowskis BVB-Abschnitt sind unübersehbar. Aber: Einem Verein wie dem FC Bayern auf diese Art den Fehdehandschuh hinzuwerfen, ist zumindest gewagt. Auch wenn man an der Säbener Straße schon seit Jahren weiß, mit wem man es in Lewandowskis Umfeld zu tun hat.

“Immer etwas mehr gewinnen” – geht das mit Bayern?

Die große Frage ist jetzt: Was ist die Agenda? Lewandowskis eigene Aussagen konterkarieren die Darstellung, dass es sich um reine Enttäuschung ob der verpassten Torjägerkrone handelt. Das wäre auch zu kurz gegriffen. Als Topstürmer ist er per Definition von Egoismen geprägt, strebt den individuellen Erfolg an. Die Priorität ist jedoch eine andere: Es geht letztlich darum, so Lewandowski, “immer etwas mehr zu gewinnen” – und zwar im Team.

Reichen Tolisso und Co. um die Bayern wieder zum CL-Favoriten zu machen?
Reichen Tolisso und Co. um die Bayern wieder zum CL-Favoriten zu machen?

In den nächsten zwei Jahren will Lewandowski die großen Titel gewinnen. Yahoo-Sport-Experte Patrick Owomoyela glaubt deswegen auch an ein bestimmtes Motiv für die Frust-Aussagen: “Es sieht so aus, als wolle Roberts Management Druck erzeugen, um einen Wechsel zu forcieren.”

Lewy und seine Kollegen: “Die ganz enge Freundschaft gab es nicht”

Mit 28 ist er auf dem Zenit seiner Karriere angekommen, die Verlängerung in München signalisierte, dass er die Bayern als passendes Vehikel sah, um seine Ziele zu erreichen. Champions League. Weltstar-Image. Ja, sogar ein Denkmal. Das sieht er jetzt in Gefahr.

Nur: Mit dem Weltruhm wird es auf diese Art nichts. Der Fußballer Lewandowski ist über jeden Zweifel erhaben. Der Mensch Lewandowski, im Paket mit seinen Beratern, ist es nicht. Den bräuchte es für diesen Status aber.

Interessant: Mit seinem Charakter hat das nichts zu tun. Einer, der das wissen muss, ist Owomoyela, der über Jahre Lewandowskis Kollege beim BVB war. Und seine Aussagen sind klar: Lewy war “immer nett, immer professionell. Er war überhaupt kein Stinkstiefel, hat sich in den Sitzungen eingebracht.”

Owomoyela sagt aber auch: “Robert war schon immer eher mit seiner Familie und seinen Freunden unterwegs, hat zwar an allen Veranstaltungen teilgenommen, war ein absolut guter Kollege. Aber diese ganz enge Freundschaft gab es zwischen ihm und seinen Mitspielern nicht. Wenn die Arbeit getan war, ging es schnell nach Hause zu seiner jetzigen Frau.”

Für Owomoyela “war das so komplett in Ordnung.” Trotzdem ist es wenig verwunderlich, dass sich kaum Aussagen seiner Mitspieler über die Person Lewandowski finden lassen. Über seine Rolle in der Mannschaft. Über seinen Charakter. Die Wortführer, die Vorbilder, die ideellen Bezugspunkte des Teams, das waren und sind andere.

Lewy und Bayern: Schicksalsgemeinschaft für den Weltruhm

Was passiert also jetzt? Sich bei den Bayern rausekeln, um es beim nächsten Topclub zu versuchen? Schafft er nicht, das haben die Münchner selbst per Pressemitteilung klargemacht. Spätestens mit der Verlängerung bis 2021 hat sich Lewandowski auf eine Schicksalsgemeinschaft mit den Bayern eingelassen.

Lewandowski ist Familienmensch durch und durch.
Lewandowski ist Familienmensch durch und durch.

Den Rekordmeister zum Handeln zwingen? An der Säbener handeln sie schon – eben weiterhin auf ihre Weise. “Die Bayern sind mächtig genug, um sich nicht erpressen zu lassen”, betont Owomoyela – auch wenn es sich um den weltbesten Mittelstürmer handelt.

Lewandowski wird sich mit diesen Begebenheiten abfinden müssen. Weltfußballer und Champions-League-Sieger wird er wenn dann nur noch bei den Bayern. Und so ist es wenig sinnvoll, seine Mitspieler zu vergraulen und seinen Trainer anzuschwärzen – und sei es über seine Berater. Vor allem, wenn er eigentlich nicht der Mensch für so etwas ist.

Cristiano Ronaldo ist eitel ohne Ende, aber genießt unter seinen Team-Kollegen für seinen unbändigen Willen und seine Opferbereitschaft massiven Respekt. Lionel Messi macht seit Jahren nicht nur sich selbst besser, sondern alle um sich herum. Wenn Lewandowski so erfolgreich werden will wie sie, muss er ein bisschen wie Ronaldo und Messi werden.