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Was dem HSV jetzt nach dem Debakel blüht

Am Dienstag hat Dieter Hecking seinen letzten Arbeitstag beim HSV. Der Vertrag des 55-Jährigen läuft aus, ab dem 01. Juli wird er formell erst einmal arbeitslos sein.

Bei einem Aufstieg hätte sich das Arbeitspapier des Trainers um ein weiteres Jahr verlängert, doch stattdessen musste er mit ansehen, wie sich seine Truppe am letzten Spieltag beim 1:5-Debakel gegen den SV Sandhausen bis auf die Knochen blamierte. (Service: TABELLE der 2. Bundesliga)

Ernüchterung, Fassungslosigkeit, Frust – und ein weiteres Jahr Zweite Liga. Beim HSV steht nun die Aufarbeitung an.

Wie geht es mit dem Trainer weiter, welche finanziellen Auswirkungen hat die nächste große Enttäuschung, was bringt die Zukunft für den einst so stolzen Klub?

Der Trainer:

Nach SPORT1-Informationen hat das dramatische Saisonfinale Hecking ziemlich zugesetzt. Für den erfahrenen Trainer ist es daher wichtig, erst einmal alles sacken zu lassen und nicht aus der Emotionalität heraus eine Entscheidung zu treffen.

Sportvorstand Jonas Boldt hatte bereits angekündigt, Hecking bleibe sein erster Ansprechpartner. Wie SPORT1 erfuhr, bleibt es bei dem Plan, in einem gemeinsamen Gespräch die Saison zu analysieren und zu diskutieren, ob eine gemeinsame Zukunft noch Sinn ergibt.

Die Hamburger Morgenpost nennt mit dem kürzlich bei der TSG Hoffenheim entlassenen Alfred Schreuder und Dimitrios Grammozis bereits zwei mögliche Hecking-Nachfolger.

Grammozis, der seinen Vertrag beim SV Darmstadt 98 nicht verlängert hat, galt schon vor einem Jahr als Trainer-Kandidat, ehe die Entscheidung auf Hecking fiel.

Der Kader:

Der Kapitän verlässt als Letzter das sinkende Schiff – auch beim HSV geht er nicht von Bord. Der Vertrag von Routinier Aaron Hunt verlängerte sich automatisch um eine weitere Spielzeit, nachdem der 33-Jährige die im Vertrag verankerte Klausel von 20 Pflichtspieleinsätzen erreicht hat.

Dennoch dürfte der Kader erneut vor einem Umbruch stehen. Mit Adrian Fein verlässt der Taktgeber und der beste HSV-Spieler der Hinrunde den Klub. Fein war vom FC Bayern ausgeliehen und kehrt nun nach München zurück.

Auch die weiteren Leihspieler Joel Pohjanpalo (Bayer Leverkusen, mit neun Treffern zweitbester HSV-Torschütze), Martin Harnik (Werder Bremen), Jordan Beyer (Borussia Mönchengladbach) und Louis Schaub (1. FC Köln) werden vorerst zu ihren Klubs zurückkehren. Zudem werden die auslaufenden Verträge mit Christoph Moritz und Kyriakos Papadopoulos nicht verlängert.

Dem steht mit Mittelfeldspieler Amadou Onana (18, kommt von der TSG Hoffenheim) bislang lediglich ein Neuzugang gegenüber. Von den Spielern, die die Hamburger verliehen hatten, machte lediglich Flügelspieler Aaron Opoku bei Hansa Rostock wirklich auf sich aufmerksam.

"Wir werden schauen, an welchen Stellen wir unsere Mannschaft verstärken können und werden versuchen, hierfür die bestmöglichen Spieler zum HSV zu holen", kündigte Sportvorstand Boldt an.

Es wartet viel Arbeit auf ihn.

Alles zum Debakel des HSV auch in den SPORT1 News um 19.30 Uhr im TV auf SPORT1, auf SPORT1.de und in der SPORT1-App

Die Finanzen:

Trotz des verpassten direkten Wiederaufstiegs in der Saison 2018/19 gelang es den Hamburgern, den Spieleretat von geschätzten 28 Millionen Euro auch für diese Spielzeit zu halten. Lediglich der VfB Stuttgart (circa 40 Millionen Euro) hatte noch mehr Geld zur Verfügung.

Doch während den Schwaben mit Ach und Krach der Aufstieg gelungen ist, muss der HSV nun offensichtlich kleinere Brötchen backen.

"Natürlich werden wir im x-ten Zweitliga-Jahr nicht mehr den teuersten Kader haben können", räumte Finanzvorstand Frank Wettstein im NDR ein. "Aber wir werden mit Sicherheit immer noch einen guten Kader präsentieren können, der um die oberen Plätze mitspielen kann. Und das wahrscheinlich auch noch im fünften, achten oder zwölften Zweitliga-Jahr."

Ob Wettstein dabei auch das Problem mit den Stadions-Namensrechten bedacht hat? Der Vertrag mit Investor Klaus-Michael Kühne läuft am 30. Juni aus. Bislang hat der Anteilseigner des HSV dem Klub pro Saison vier Millionen Euro bezahlt, damit die Arena den traditionsreichen Namen Volksparkstadion tragen kann.

Sollte Kühne den Vertrag nicht verlängern (laut dem Hamburger Abendblatt ist eine Einigung nicht in Sicht), wäre es den Fans schwer vermittelbar, vom geliebten Namen Volksparkstadion wieder abzukehren. Ein Sponsor wiederum würde sicherlich darauf beharren, dass sich sein Firmenname im Stadionnamen wiederfindet.

"Der HSV wird nie mehr gesund, weil er abhängig ist von ihm. Er macht, was er will, obwohl er nur Minderheitsgesellschafter ist. In der Wirtschaft wäre so was gar nicht möglich“, schimpfte der frühere HSV-Präsident Jürgen Hunke zuletzt bei SPORT1 in Richtung Kühne.

Und es könnte noch dicker kommen. Wie das Abendblatt berichtet, droht auch der Hauptsponsor Emirates durch das weitere Jahr Zweitklassigkeit auszusteigen. In dem Vertrag, der bis 2022 gültig ist, besteht demnach eine Ausstiegsklausel durch den Nichtaufstieg.

Zu Beginn der Rückrunde hatte es zwar eine Zusage für die Fortsetzung der Zusammenarbeit gegeben, das sei allerdings vor der Corona-Krise passiert.

Angeblich zahlt Emirates knapp zwei Millionen Euro pro Saison. In der ersten Liga hatte die Fluggesellschaft aus Dubai, die seit 2006 Partner der Hanseaten ist, noch rund 7,5 Millionen Euro überwiesen.

Wendet sich nun selbst der langjährige Partner ab, wird man sich womöglich an den HSV als Zweitligisten gewöhnen müssen.