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"Ihr tretet uns mit Füßen!" Till Brönner postet Wut-Rede über Krisenpolitik

Der Musiker und Fotograf Till Brönner machte in einem Wut-Beitrag auf Instagram deutlich, in welcher schwierigen Lage sich die Kulturbranche aktuell befindet - und rief dazu auf, nicht mehr länger still zu sein. Bei seinen Künstlerkollegen erntete er große Zustimmung.

So etwas wie heute habe er noch nie gemacht - es müsse daran liegen, dass er "ziemlich sauer" sei: Der Musiker und Fotograf Till Brönner äußerte sich in einem fast siebenminütigen Instagram-Video zu der aktuellen Situation der Künstler während der Corona-Pandemie. "Was hier gerade passiert, verstößt gegen alles, was ich über Deutschland gelernt habe, und wofür wir mit unserem demokratischen Selbstverständnis stehen", erklärte der 49-Jährige.

Seit Monaten würde eine gesamte Branche durch Corona lahmgelegt, und Bühnenkünstler, deren Existenz fundamental auf dem Spiel stehe, äußerten sich nur verhalten zu der Situation. "Ich halte diese Zurückhaltung aus unseren eigenen Reihen für fatal, da sie ein völlig falsches Bild der dramatischen Lage zeichnet, in der sich unser Berufszweig aktuell befindet", betonte der Jazz-Trompeter und Komponist.

Till Brömer "Wie kann man einzelnen Konzernen Milliarden in den Vorgarten werfen ...?"

Als die Wirtschaft bei Ausbruch der Pandemie in "systemrelevante und systemirrelevante Berufe" unterteilte, habe Brönner das noch für eine Sicherheitsmaßnahme gehalten. Im Sommer habe der Musiker dann genauso viele Urlaubskarten und -fotos bekommen wie immer, von Leuten außerhalb der Branche. "Der Spaß und die Leichtigkeit schienen also zurück zu sein." Doch die Kulturschaffenden hätten immer noch vor einem großen Problem gestanden.

"Wenn ein gesamter Berufszweig per Gesetz gezwungen wird, seine Arbeit zum Schutze der Allgemeinheit ruhen zu lassen, dann muss doch die Allgemeinheit auch dafür sorgen, dass diese Menschen nach Corona noch da sind. Oder was habe ich übersehen?", fragt der Jazz-Musiker rhetorisch. "Wie kann man einzelnen Konzernen Milliarden in den Vorgarten werfen und der Veranstaltungsbranche Arbeitslosengeld II anbieten?", zeigte er sich fassungslos. "Wir Musikkünstler sind weder arbeitslos, noch hatten wir vor Corona ein Nachfrageproblem. Wie so einige andere Branchen übrigens, die in Wahrheit nicht an Corona, sondern durch Schläfrigkeit oder Gier in Schieflage geraten sind."

Till Brönner: "Kultur ist kein Luxus, sondern ein Menschenrecht"

Die Menschen in der Veranstaltungs- und Kulturbranche seien "immer noch zu leise" - weil es keine "ernstzunehmende Gewerkschaft" gebe. "Und genau das rächt sich jetzt", erklärte Brönner. "Wir sind keine Minderheit."

Der Jazz-Musiker richtete seine Worte direkt an die Entscheidungsträger: "Liebe Politiker, lasst euch wählen, ja. Aber vergesst bitte nicht, von wem. Das Land steht kulturell still. Und die Beweglichsten und Ehrlichsten tretet ihr gerade mit Füßen, wenn ihr nicht handelt." Brönner betonte: "Kultur ist kein Luxus, sondern ein Menschenrecht und spült - man höre und staune - Geld in die Kassen des Staates." Außerdem appellierte der 49-Jährige auch an seine Kollegen, nicht länger still zu sein: "Es heißt jetzt aufwachen und zeigen, dass wir verstanden haben."

Das Video veröffentlichte er selbst mit den Worten: "Ich bin ehrlich und rechne nicht aus allen Ecken mit Applaus. Aber ich kann und möchte auch nicht mehr schweigen. Es muss jetzt was passieren für die Kultur-und Veranstaltungsbranche." Zahlreiche Künstler stimmten dem Musiker in den Kommentaren zu, darunter Schauspielerin Susan Sideropoulos, Sänger Michael Patrick Kelly, Moderatorin Marlene Lufen und Schauspielerin Anja Kling. "Begeistert und dankbar für deine klaren Worte", schrieb Sideropoulos, und Moderatorin Mareile Höppner kommentierte: "Ich bin begeistert von deinen Worten. Wie recht du hast!" Alec Völkel der Band The BossHoss pflichtete ihm bei: "100% auf den Punkt! Wir brauchen Aufmerksamkeit für unsere Situation!"