Uli Hoeneß und die Bayern-JHV: Not my President? Not my FC Bayern!

Die Jahreshauptversammlung war eine Zäsur in der Geschichte des FC Bayern. Uli Hoeneß, der Macher des Rekordmeisters, wurde von seinen einst treusten Anhängern ausgepfiffen. Und denkt jetzt über seine Zukunft nach.

Uli Hoeneß wurde auf der JHV der Bayern von den Mitgliedern angegangen. Bild: Getty Images
Uli Hoeneß wurde auf der JHV der Bayern von den Mitgliedern angegangen. Bild: Getty Images

Vor zwei Jahren mussten sie noch ein Zelt aufstellen. Neben dem Audi Dome, Kapazität: 6000 Menschen, errichtete der FC Bayern ein provisorisches Zelt samt Leinwand. Für die mehr als tausend Mitglieder, die einfach nicht mehr hineinpassten in die Basketballarena des Rekordmeisters. So viele wollten kommen, vor zwei Jahren.

Es war einer der größten Auftritte des Uli Hoeneß als Teil des FC Bayern München, und von denen hat es bekanntermaßen einige gegeben. Die Wiederwahl des geläuterten Hoeneß nach seiner Haftstrafe war beinahe eine Krönungszeremonie. Steuerhinterziehung, Gefängnis? Alles egal. Auf die JHV, auf seine Mitglieder und deren Zuspruch, könnte sich Hoeneß verlassen. Schon immer, und immer noch.

Als die Münchner am vergangenen Freitag zur Jahreshauptversammlung luden, war ganz viel ganz anders. Es gab zum Beispiel kein Zelt, weil sich in der Halle nur gut sechzehnhundert Mitglieder eingefunden hatten. Und die, die waren, sorgten für eine Zäsur in der Geschichte des Rekordmeisters, die es so noch nicht gegeben hat: Teile der Mitglieder des FC Bayern München, die, die immer Hoeneß‘ größter und sicherster Rückhalt waren, kündigten dem 66-Jährigen die Gefolgschaft auf.

Uli Hoeneß: “Das trifft mich sehr”

“Das trifft mich sehr. Sehr”, hatte Hoeneß noch am selben Abend gesagt. Und man glaubte es ihm. Kritik von außen gab es immer. Was die Presse wieder schreibt, was andere Vereinsbosse sticheln, was irgendwelche TV-Experten palavern? Alles wurscht! Aber an dem Ort, an dem am Ende immer alles gut war, ausgepfiffen, ausgebuht und angefeindet zu werden, da eine Nordkorea-Flagge zu sehen mit der Aufschrift “Not my President” – das hat Hoeneß tief getroffen.

Der Auslöser für die feindselige Stimmung war übrigens ein gewisser Johannes Bachmayr. Der verlas, als es zum Tagesordnungspunkt “Mitgliederbeiträge” kam, ein nie dagewesenes Pamphlet über sein einstiges Idol. “Der Verein ist nicht ihr Eigentum”, sagte Bachmayr da. Und auch wenn es sich im ersten Moment komisch anhörte: es stimmt.

Spezlwirtschaft, das Nachtreten gegen Spieler und Trainer, die Verbannung von Paul Breitner von der Ehrentribüne, die unsägliche Grundgesetz-PK (die hatte Hoeneß übrigens in seiner Rede als “verbesserungswürdig” betitelt und schon dafür Gelächter geerntet), die Anstellungen von Hasan Salihamidzic und Niko Kovac, das Katar-Sponsoring – Bachmayr sprach viele Themen an, die gerade rund um den FCB rumoren. Natürlich nur oberflächlich, aber doch das, was viele Bayern-Fans aktuell denken. Und ja, auch die, die einen Bachmayr bis vergangenes Jahr noch von der Bühne gebuht hätten.

Hoeneß witterte am Tag danach bereits eine Verschwörung. “Hier war von einem von ganz kleinen Teil der Versuch unternommen worden, meinen tadellosen Ruf (sic!, d.Red.) als Manager, Vorstand und Präsident zu beschädigen”, polterte er. Schockiert sei er gewesen und überrascht. “Deshalb”, so Hoeneß weiter, “bin ich sehr glücklich, dass ich so besonnen reagiert habe.”

“Und du willst Präsident sein?”

Die besonnene Reaktion an diesem denkwürdigen Samstag war die Aussage, dass es drei Stunden dauern würde, um die ganzen “Unwahrheiten” in Bachmayrs Wortmeldung zu korrigieren. “Ich lehne eine Diskussion auf diesem Niveau total ab.” Es war der Moment, in dem sich ein – für einen ganz kleinen doch beachtlich lauter – Teil seines Klubs gegen ihn stellte. Einer rief: “Und du willst Präsident sein?”

Hoeneß war schon immer ein Bauchmensch. Auch dadurch hat er den FC Bayern zu dem gemacht, was er ist. Ein Weltklub, aber einer mit Herz und Familie. Ein Unikat. Dass Hoeneß nach alldem, was in der laufenden Saison aber bereits passiert ist, trotzdem so schockiert war über die Kritik an seinem Walten, zeigt auch, wie wenig Gefühl dieser Bauchmensch noch für die Stimmung in seinem Verein hat.

“Ich werde in aller Ruhe die nächsten Wochen und Monate beobachten, wie sich das alles entwickelt, werde mir viele Gedanken machen und entscheiden, was ich will und was nicht”, sagte Hoeneß am Tag danach. Dieser Tag gehe “nicht spurlos an einem vorüber und man kann nicht zur Tagesordnung übergehen“.

“Sorge” habe ihm der Freitagabend gemacht. 40 Jahre lang hat Hoeneß an seinem Lebenswerk FC Bayern gearbeitet. Sportliche Auf und Abs sind da das Normalste der Welt; eine bröckelnde Machtbasis, eine solche Stimmung gegen ihn, den Macher, gänzlich neu: “Ich war schockiert. Ich hoffe, dass es sich wieder ändert, sonst ist das nicht mehr mein FC Bayern.”

Das Uliversum ist aus den Fugen geraten

Not my President, not my FC Bayern. Die heile Welt, das Uliversum, wie es die Münchner Abendzeitung nannte, ist bemerkenswert aus den Fugen geraten. Als Hoeneß vor dem Antritt seiner Haftstrafe in der JVA Landsberg auf der Jahreshauptversammlung (wieder einer dieser großen Auftritte) sein berühmtes “Das war’s noch nicht!” rief, bekam er tosenden Beifall. Die Familie stand zusammen.

Jetzt ist alles anders. Auch, wenn Hoeneß die “Grundunzufriedenheit” auf die Tatsache abwälzen wollte, dass “Bayern nicht Tabellenführer” sei. Nein. Schon Hoeneß‘ Verkündung, er werde in zwei bis drei Jahren aufhören, wurde bei den Fans weniger mit Sentimentalität oder Zukunftsängsten aufgenommen. Sondern eher mit einem: Das war‘s dann endlich.

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