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Die unfassbare Tragödie einer Wrestling-Dynastie

David von Erich, gestorben mit 25 Jahren.

Kerry von Erich, tot mit 33. Mike von Erich, mit 23. Chris von Erich, gestorben 18 Tage vor seinem 22. Geburtstag.

Es klingt wie die Schreckensbilanz eines schicksalhaften Unglücks, eines Autounfalls, eines Flugzeugabsturzes, einer Gewalttat. Und es ist umso beklemmender, was wirklich passiert ist mit einer der berühmtesten Wrestling-Dynastien Amerikas.

Vier der sechs Söhne des Patriarchen Fritz von Erich fanden innerhalb von neun Jahren nacheinander tragisch früh den Tod. Ein sechster war schon als Kind tödlich verunglückt.

War es furchtbarer Zufall, Schicksal, ein verhängnisvoller, sich selbst verstärkender Kreislauf? War die Showkampf-Scheinwelt mit ihren zahlreichen schlechten Einflüssen schuld? Die Verantwortungslosigkeit eines fehlgeleiteten Vaters? Oder die psychischen Probleme seiner Söhne?

Die Erklärungsversuche sind zahlreich und doch können sie nur eine Annäherung an eine für Außenstehende unfassbare Geschichte sein. SPORT1 erzählt sie.

- David von Erich (1958-1984):

Am 10. Februar 1984, heute vor 35 Jahren, wurde David Adkisson alias David von Erich leblos in einem Hotelzimmer in Japan aufgefunden.

Akute Darmentzündung, notierte die US-Botschaft in Japan als Todesursache. Eine Überdosis Drogen, berichteten Kollegen und Medien. Bruiser Brody, ein Freund der von Erichs - der vier Jahre später in Puerto Rico von einem Wrestler-Kollegen erstochen wurde - soll die Beweismittel die Toilette heruntergespült haben.

David von Erich, genannt "The Yellow Rose of Texas", war der Star der in seinem Heimatstaat ansässigen Liga World Class Championship Wrestling, der Promotion seines Vaters Fritz. Der hieß eigentlich Jack Adkisson, spielte aber einst im Ring einen bösen Deutschen und behielt den Namen bei, als er zum Liebling wurde.

Seine Söhne Kevin, David und Kerry (der Erstgeborene Jack Jr. verunglückte mit sechs Jahren tödlich, nachdem er in Folge eines Stromschlags in einer Wasserpfütze ertrank) waren erfolgreich in die Fußstapfen des Vaters getreten. Vor allem David stach hervor, war talentiert und charismatisch, riss die Zuschauer in der Heimat Texas und anderswo mit seinem temperamentvollen Auftreten mit. Die von Erichs füllten die Arenen, zu Davids Beerdigung kamen mehrere tausend Trauergäste.

Wenige Wochen nach seinem Tod bei einer Tour in Japan hätte er ein Match gegen Ric Flair, den Champion des nationalen Ligenverbunds NWA bestreiten sollen. Er hätte es wohl gewonnen.

- Mike von Erich (1964-1987):

David von Erich war ein geborener Showkämpfer, sein jüngerer Bruder Michael war es nicht.

Eigentlich hatte er nur als Kameramann für World Class arbeiten wollen, seine Weggefährten berichteten, dass sein Vater ihn in den Ring drängte, nach Davids Tod umso mehr.

Im Jahr danach erlitt Mike bei einer Tour in Israel eine Schulterverletzung, die anschließende Operation war folgenschwer: Er erkrankte am Toxischen Schocksyndrom, einem bakteriell verursachten Kreislauf- und Organversagen.

Er musste seinen Beruf aufgeben, zwei Jahre später tötete er sich selbst mit einer Medikamentenüberdosis - kurz nachdem er wegen einer Alkoholfahrt und Drogenbesitzes verhaftet worden war.

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Anmerkung der Redaktion: Wenn Sie sich selbst von Depressionen und Suizidgedanken betroffen fühlen, kontaktieren Sie bitte umgehend die Telefonseelsorge (http://www.telefonseelsorge.de). Unter der kostenlosen Hotline 0800-1110111 oder 0800-1110222 erhalten Sie Hilfe von Beratern, die schon in zahlreichen Fällen Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen konnten.

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- Chris von Erich (1969-1991):

Fritz von Erichs jüngster Sohn war noch weniger fürs Wrestling geschaffen als Mike: Er war schmächtig und stark verletzungsanfällig, zog sich Knochenbrüche bei für andere harmlosen Kollisionen zu - Nebenwirkung der Medikamente, die er gegen sein Asthma einnahm.

Chris allerdings hatte einen enormen Eigenantrieb, Vater und Brüdern nachzueifern, eine unwahrscheinliche Karriere hinzulegen. Obwohl er die Fans an seiner Seite gehabt hätte: Infolge mehrerer Verletzungsrückschläge wurde klar, dass sein Traum nicht realistisch war. Chris bekam Depressionen, erschoss sich im September 1991.

- Kerry von Erich (1960-1993):

Der erfolgreichste der Von-Erich-Bruder: Der "Modern Day Warrior" durfte in einer Feel-Good-Story vor 45.000 Fans im Texas Stadium in Dallas den NWA-Titel von Flair gewinnen, den eigentlich David hätte erringen sollen. Stand auch im Zentrum der berühmten Familienfehde gegen die schillernden Fabulous Freebirds.

Als Texas Tornado feierte er Anfang der Neunziger auch bei WWE Erfolge, nachdem World Class seine Pforten geschlossen hatte. Er hielt kurz den Intercontinental Title der damaligen WWF - trotz eines amputierten Fußes, die Folge eines Motorradunfalls 1986.

Hinter den Kulissen war aber auch Kerrys Leben aus den Fugen, seine Ehe ging in die Brüche, er hatte Drogenprobleme, Suizidgedanken.

Nachdem er 1993 wegen Kokainbesitzes zum wiederholten verhaftet wurde und sich auf eine Gefängnisstrafe einstellen musste, erschoss er sich auf der väterlichen Ranch.

- Die Hinterbliebenen:

Fritz von Erich starb vier Jahre nach Kerrys Tod an Lungenkrebs, ein gebrochener Mann, spät geschieden von der 2015 verstorbenen Ehefrau Doris, beladen nicht nur vom Tod seiner Söhne, sondern auch von Vorwürfen, sie mitverursacht zu haben.

Der investigative Journalist Irvin Muchnick beschuldigte Fritz von Erich in einer viel beachteten Reportage für das Magazin Penthouse, er hätte seine Söhne körperlich und seelisch ausgebeutet, sie förmlich in den Tod getrieben. Seine Familie zeichnete das Oberhaupt in positiverem Licht, unbestreitbar aber ist, dass er immer wieder beschönigende Halb- und Unwahrheiten über Leben und Tod seiner Söhne in die Welt setzte.

Nur Kevin, der Zweitälteste (geboren 1959), überlebte seine Eltern, scheint sich von schlechten Einflüssen stets ferngehalten zu haben. Nach seiner Karriere führte er ein skandalfreies Leben als Geschäftsmann und Familienvater von vier Kindern, wohnt heute auf Hawaii.

Kevins Söhne Ross und Marshall folgten ihm mit bislang überschaubarem Erfolg ins Wrestlinggeschäft, ebenso wie Kerrys 1986 geborene Tochter Lacey - die sich 2010 aus dem Ring zurückzog und nun eine Werbeagentur in Kalifornien leitet.

WWE kaufte 2006 die Rechte an World Class und betrachtet sich damit auch als Erbe des Von-Erich-Vermächtnisses. 2009 nahm sie die von Erichs in ihre Hall of Fame auf, Kevin nahm die Ehrung stellvertretend auch für seinen Vater und seine Brüder entgegen.