Ungefährliches Deutschland – viel Luft nach oben

Ungefährliches Deutschland – viel Luft nach oben

Ein Unentschieden hält Deutschland im Rennen um den Gruppensieg, aber die Offensive wirkte erschreckend harmlos.

Der Spielkommentar von Nico Stankewitz.

Die Abwehr steht, aber nach vorne läuft nicht viel zusammen. Warum Jogi Löw mit diesem Kader und diesem Konzept ins Turnier gegangen ist, wirkt nach zwei Begegnungen rätselhafter denn je.

Die aktuellsten Infos rund um die EM findet Ihr hier in unserem Live-Ticker

Offensivkonzept nicht überzeugend

Erneut konnte das deutsche Team in der Offensive nicht überzeugen. Wie schon gegen die Ukraine brachte das Kombinationsspiel keine Torchancen ein, das Gesamtkonzept wirkt einfach nicht zwingend, da über die Flügel wenig kommt und in der Mitte die Durchschlagskraft fehlt. Wenn man mit dreieinhalb Zehnern spielt, müssen die Kurzpässe viel schneller und viel genauer gespielt werden, aber selbst in der Zeit des extremen Tiki-Taka beim FC Barcelona waren es spektakuläre Einzelaktionen etwa von Messi und ein starkes Flügelspiel, die am Ende die gegnerische Abwehr zerlegten. Insgesamt wirkt Deutschland im Spiel nach vorne taktisch völlig hilflos.

Die deutschen Spieler in der Einzelkritik

Müller und Özil: Viel Arbeit, wenig Ertrag

Die beiden stärkeren Spieler in der wenig weltmeisterlichen Offensive sind Mesut Özil und Thomas Müller – beide arbeiten nach einer langen Saison zwar sehr viel und bemühen sich um gute Aktionen – aber heraus kommt bisher beklagenswert wenig. Beide arbeiten daran richtig ins Turnier zu finden, gut möglich, dass sie das im Laufe des Turniers auch noch schaffen. Aber es ist gut möglich, dass Schürrle und Gomez als Partner der beiden in der Startelf die bessere Alternative wären und Götze eher als Joker gegen etwas ermüdete Abwehrformationen zur Geltung kommen würde. Warum Draxler spielt ist unklar – eher würde man sich ein paar erfrischende Einsatzminuten des jungen Schalkers Leroy Sane wünschen.

Auch Thomas Müller kann dem Spiel offensiv noch nicht seinen Stempel aufdrücken. REUTERS/Charles Platiau Livepic
Auch Thomas Müller kann dem Spiel offensiv noch nicht seinen Stempel aufdrücken. REUTERS/Charles Platiau Livepic

Licht und Schatten bei Hector

Der Linksverteidiger vom 1. FC Köln zeigte offensiv immer wieder gute Ansätze, indem er die Mittelfeldreihe außen überläuft und dann zu Flanken kommt, leider nur bisher erfolglos. Defensiv gab es allerdings auch einige Fehler, insbesondere beim Herausrücken – bei Hector ist noch etwas Luft nach oben, aber er kann noch ein sehr wertvolles Mitglied der Offensive werden. Bei Benni Höwedes verhält es sich etwa umgekehrt: Defensiv stabil, aber offensiv könnte der Schalker sich mehr trauen. In der zweiten Hälfte war der gelernte Innenverteidiger schon etwas häufiger vorne, ein Wechsel zu Emre Can wäre ein belebendes Element für das Offensivspiel.

Abwehrbollwerk steht

Die Rückkehr von Mats Hummels ist gut gelungen. Der Dortmunder kam knapp vier Wochen nach seiner Verletzung aus dem Pokalfinale mit einer guten Vorstellung zurück. Der zentrale Abwehrblock Boateng – Hummels - Neuer steht und das dürfte neben der spanischen Formation Ramos – Pique – De Gea die beste Defensive des Turniers sein – eine wichtige Voraussetzung für ein erfolgreiches Abschneiden bei dieser EM.

Auch Matthäus kritisiert die DFB-Offensive: