Ungewohnte Einblicke: Bundesliga-Schiri sorgt für Novum

"Polizist und Schiedsrichter - du stehst wohl drauf, nicht gemocht zu werden!?"

Sprüche wie diesen bekommt Bundesliga-Schiri Patrick Ittrich des Öfteren zu hören. Sprüche wie dieser haben ihn veranlasst, ein eigenes Buch zu veröffentlichen - als erster aktiver Bundesliga-Schiedsrichter überhaupt.

Das hat in seinem Umfeld nicht nur für Begeisterung gesorgt, wie Ittrich in "Die richtige Entscheidung: Warum ich es liebe, Schiedsrichter zu sein" offen zugibt. Der 41-Jährige hat sein Buchprojekt dennoch umgesetzt, seit einigen Wochen ist es inzwischen auf dem Markt.

"Ich will den Menschen zeigen, dass die Schiedsrichterei kein Geheimbund ist", sagte Ittrich anlässlich der Veröffentlichung, "und dass wir Schiedsrichter keine skurrilen und kuriosen Typen sind".

Ittrich mit Hoeneß zu Gast im Doppelpass

Auch deshalb sitzt Ittrich am Sonntag an der Seite von Uli Hoeneß im CHECK24 Doppelpass - und auch wenn er noch nicht ganz so lange in der Bundesliga dabei ist wie der Bayern-Macher, hat der Hamburger doch so einiges zu erzählen.

Der CHECK24 Doppelpass mit Uli Hoeneß und Bundesliga-Schiedsrichter Patrick Ittrich am Sonntag am 11 Uhr LIVE im TV auf SPORT1 und im LIVESTREAM

Aus einer erfrischend anderen, weil bisher unbekannten Perspektive, berichtet Ittrich in dem Buch von seinen Erlebnissen in Deutschlands Stadien.

Der Polizeibeamte verrät, warum es oft keine gute Idee ist, sich mit Fans auf der Tribüne anzulegen - und warum er es manchmal trotzdem tut. Er erklärt, warum der alte Fangesang "Schiri, wir wissen wo dein Auto steht" bei ihm ins Leere läuft - und worüber sich Schiris und Spieler vor dem Spiel unterhalten.

Wie Terodde Ittrich alt aussehen ließ

Auch die eine oder andere amüsante Anekdote aus dem Geschehen auf dem Rasen gibt Ittrich preis. Zum Beispiel, wie ihn der heutige HSV-Stürmer Simon Terodde einmal ganz alt aussehen ließ.

"Heute triffst du doch eh nicht mehr", habe er Terodde in einer Spielunterbrechung einer Zweitligapartie einmal zugeraunt, der damalige Kölner habe geantwortet: "Ich mach gleich noch einen!" Fünf Minuten später: Tor Köln - Terodde. "Als er beim Jubeln an mir vorbei kam, grinste er mich kurz an: 'Siehst du!'"

Wer die ganz großen Enthüllungen aus dem vermeintlichen "Geheimbund" der Schiedsrichter oder aus den Katakomben der Bundesliga-Stadien erwartet, der wird in Ittrichs Buch nicht fündig werden.

Kein Wunder, schließlich ist es Ittrichs erklärtes Ziel, noch bis zur Altersgrenze von 47 Jahren in der Bundesliga Spiele zu pfeifen.

Knifflige Regelfragen zum Selbsttest

Wer sich jedoch einmal ernsthaft mit dem Job des Schiedsrichters auseinandersetzen und neue Einblicke gewinnen will, dem ist "Die richtige Entscheidung" nur ans Herz zu legen.

Wussten Sie, welche Fitnesstests ein Schiedsrichter Jahr für Jahr bestehen muss, um in der Bundesliga aktiv zu sein? Wie die typische Woche eines Bundesliga-Referees aussieht? Sie werden überrascht sein, wie oft Ittrich und Co. trainieren und wie viel Zeit sie für ihren "Nebenjob" investieren.

Und vielleicht noch spannender: Wie viele Details es am Spieltag selbst zu beachten gilt? Was allein die Unparteiischen rund um eine Bundesliga-Partie leisten müssen, damit diese möglichst reibungslos über die Bühne geht?

Dazu liefert Ittrich nach jedem Kapitel eine knifflige, weil ungewöhnliche Regelfrage, bei der die Leser ihre eigenen Kenntnisse überprüfen können.

Wer nicht selbst als Amateur-Schiedsrichter schon einmal einen Regeltest absolvieren musste, der wird womöglich überrascht sein, mit welchen teils absurden Szenarien sich die Regelhüter regelmäßig auseinandersetzen müssen, um auf jede auf den ersten Blick noch so unwahrscheinliche Eventualität vorbereitet zu sein.

Gastbeitrag von Dieter Hecking

Sein Ziel, den Job des Schiedsrichters und den Menschen, der dahintersteht, aus einer neuen Perspektive zu zeigen, hat Ittrich mit "Die richtige Entscheidung" in jedem Fall erreicht.

Gespräche mit dem langjährigen Bundesliga-Trainer Dieter Hecking ("Generell sollten wir mehr miteinander als übereinander reden"), dem ehemaligen Bundesliga-Schiedsrichter Aron Schmidhuber ("Ich habe am Anfang 72 D-Mark pro Bundesligaspiel bekommen") und ein Gastbeitrag von Ittrichs Sportpsychologen Dr. Ole Benthien sorgen für Abwechslung und zusätzliche Blickwinkel.

"Schiedsrichter lernen Fähigkeiten, die im Berufsleben helfen. Selbstbewusstsein, Kritikfähigkeit und vor allem: Entscheidungen treffen. Schiedsrichter sein ist eine Lebensschule", betont Ittrich ziemlich am Anfang seines Buches.

Und man merkt: Da schreibt jemand, der Spaß an dem hat, was er tut. Man kauft ihm ab, dass das Schiedsrichtersein für ihn eben genau "die richtige Entscheidung" war.

"Der Drang, Spiele zu leiten, treibt mich an. Ich will die Tasche packen, losfahren und raus auf den Platz", schreibt Ittrich.

Das klingt tatsächlich wenig nach einem skurrilen und kuriosen Typen - sondern einfach nur nach jemandem, der richtig Lust auf Fußball hat.

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Patrick Ittrich: Die richtige Entscheidung: Warum ich es liebe, Schiedsrichter zu sein. Ein Schiedsrichter der Fußball-Bundesliga berichtet / Edel Books, 224 Seiten, 18,95 Euro