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Wie Djokovic die US Open zur Farce machen kann

Tennis-Spektakel oder doch eher eine große Corona-Farce?

Das ist die entscheidende Frage, die sich vor den US Open stellt. Das Grand-Slam-Turnier in New York soll trotz der alarmierenden Corona-Zahlen in den USA stattfinden - doch noch ist unklar, welche Stars da mitmachen.

So haben bei den Damen mit der Weltranglistenerste Ashleigh Barty, Elina Svitolina und Kiki Bertens bereits drei Top-10-Spielerinnen abgesagt und weitere Absagen von Topstars wie von Simona Halep stehen vermutlich unmittelbar bevor.

Insgesamt haben bereits 13 Top-100-Spielerinnen ihren Verzicht auf die US Open erklärt, unter anderem auch Julia Görges. Die Deutsche sagte bei SPORT1, dass sie sich "nicht wohl dabei fühlen würde, angesichts der hohen COVID-19-Zahlen in den USA nach New York zu reisen und mich und mein Team irgendeinem unnötigen Risiko auszusetzen".

Veranstalter USTA und den großen US-Medienpartnern bereitet dies allein aber vermutlich wenig Sorgen. Mit der 23-maligen Grand-Slam-Siegerin Serena Williams und dem 16-jährigen US-Wunderkind Coco Gauff haben die Amerikaner alles, was sie brauchen, um das Event ihrem TV-Publikum zu verkaufen.

Nadal und Federer sorgen für Historisches

Deutlich anders sieht die Lage bei den Herren aus. Nach der verletzungsbedingten Absage von Roger Federer war der Verzicht von Rafael Nadal ein herber Schlag. Zum ersten Mal seit den US Open 1999 findet ein Grand Slam ohne mindestens einen der beiden Zuschauerlieblinge statt.

"Das ist eine Entscheidung, die ich nie treffen wollte, aber ich werde meinem Herzen folgen. Momentan möchte ich lieber nicht reisen", erklärte Nadal: "Die weltweite Situation ist sehr kompliziert, die COVID-19-Fallzahlen steigen, es sieht aus, als hätten wir noch immer keine Kontrolle."

Mit dem Schweizer Stan Wawrinka fehlt ein weiterer mehrmaliger Grand-Slam-Sieger und auch Nick Kyrgios sowie Svitolinas Freund Gael Monfils, der 2016 bis ins US-Open-Halbfinale kam, verzichten auf eine Teilnahme. Doch auch wenn weitere Absagen folgen werden, bleibt der befürchtete Super-GAU wohl aus.

Streik der Top 20? Hordorff widerspricht

Die spanische Zeitung Marca hatte berichtet, dass eine von Novak Djokovic angeführte Gruppe eine Garantie verlange, nach dem Turnier in New York problemlos zur Fortsetzung der Tour nach Europa reisen zu können – andernfalls würden die europäischen Topspieler alle nicht antreten.

Tennis-Funktionär Dirk Hordorff widersprach dem kollektiven Rückzug der Top-20-Profis jedoch bereits: "Ich war in dem Call. Von einem angedrohten Streik kann nicht die Rede sein", sagte der Vizepräsident des Deutschen Tennis Bundes (DTB) dem SID.

Zudem werden laut jüngsten Medienberichten Spieler, die nach den US Open direkt zum Turnier nach Rom reisen, nicht in Quarantäne müssen. Dies ist nach dem Wegfall des Frauen- und Männer-Turniers in Madrid wichtig bei der Vorbereitung auf die French Open.

Viele Spieler sind auf Preisgeld angewiesen

An Spielern wird es den US Open sowieso nicht mangeln. Viele Profis, die nicht innerhalb der Top 50 der Weltrangliste liegen, sind nach der monatelangen Corona-Pause mehr denn je auf das Preisgeld bei dem Grand Slam angewiesen.

Das Fehlen von Nadal und Federer sowie der Ungewissheit bei Djokovic könnte sogar dazu führen, dass viele Topspieler eine einmalige Gelegenheit sehen, einen Grand Slam während der Ära der "Big Three" zu gewinnen.

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"Ich würde es lieber haben, wenn die US Open nicht stattfinden. Aber wenn sie stattfinden, was sollen wir Spieler machen? Es geht ja auch um Ranglistenpunkte", sagte Deutschlands Nummer eins Alexander Zverev.

Zudem werden in New York große Namen zurückkehren. Der verletzungsgeplagte Olympiasieger Andy Murray erhielt zunächst eine Wildcard, rutschte dank zahlreicher Absagen jedoch direkt ins Hauptfeld. Bei den Damen bekam die viermalige Grand-Slam-Siegerin Kim Clijsters bei ihrem erneuten Comeback eine Wildcard.

Djokovic-Teilnahme wichtig für US Open

Die wichtigste Frage für die Veranstalter wird aber sein: Was macht Djokovic?

Der Weltranglistenerste hat sich mit seinem Verhalten während der Corona-Pandemie wenig Freunde gemacht. Angefangen vom Verbreiten wilder Theorien über giftiges Wasser, welches durch positive Gedanken zum Heilwasser werden kann bis zu seiner im Fiasko geendeten Adria Tour war alles dabei.

Doch Djokovic polarisiert wie kein zweiter Profi und sein Grand-Slam-Fernkampf mit Federer und Nadal wäre zweifelsohne die Geschichte des Turniers. Aktuell steht der Serbe bei 17 Triumphen und liegt damit nur noch knapp hinter Federer (20) und Nadal (19) - und genau deshalb ist eine Teilnahme von Djokovic wahrscheinlich.

Von den drei Topstars bedeutet Djokovic der Grand-Slam-Rekord am meisten. Daraus macht er auch keinen Hehl. Womöglich würde ihm dieser Rekord endlich die Anerkennung bringen, die ihm weltweit gesehen im Vergleich zu Federer und Nadal bisher verwehrt bleibt.

Keine Zuschauer in der Bubble in New York

Ein weiterer positiver Faktor für Djokovic: Buhrufe der ihm nicht immer wohlgesonnenen US-Amerikaner werden dem im Jahr 2020 auf der Tour noch ungeschlagenen Spieler erspart bleiben. Ähnlich wie bei der NBA versuchen die Veranstalter der US Open eine "Bubble" aufzubauen, um Corona-Infektionen zu verhindern.

Die Spieler werden dazu mit maximal drei Gästen in abgeschotteten Hotels untergebracht, aber auch die Anmietung von Privathäusern soll in Ausnahmefällen möglich sein, solange sich Spieler an Isolationsregeln halten und regelmäßig getestet werden.

Direkt bei ihrer Ankunft werden Profis am Hotel auf eine Corona-Infektion getestet. Binnen 48 Stunden folgt ein zweiter Test, weitere im Verlauf des Turniers. Zudem soll täglich die Körpertemperatur der Profis gemessen werden und abseits des Courts gilt Maskenpflicht.

All das soll dafür sorgen, dass die US Open nicht in einem ähnlichen Fiasko wie die Adria Tour enden. Dazu werden die Veranstalter bei Verstößen hart durchgreifen müssen. Denn gerade einige männliche Profis haben mehrmals bewiesen, dass sie bereits kleine Corona-Maßnahmen überfordern.

Der Sieger der US Open wird damit leben müssen, dass ein fader Beigeschmack beiwohnt - mit klaren Regeln sowie hartem Durchgreifen kann aber wohl zumindest ein komplettes Desaster verhindert werden, welches den Profi-Tennissport weit zurückwerfen und auch die folgenden Grand Slams in Gefahr bringen würde.