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In den USA infizieren sich immer mehr Patienten im Krankenhaus mit Corona — das sind laut Experten die Gründe

Eine erschöpfte Krankenschwester wischt sich den Schweiß auf der Intensivstation ab. Die medizinische Fachkraft ist nach einer Operation im Schutzanzug erschöpft. Sie ist während der Covid-19-Pandemie im Krankenhaus.
Eine erschöpfte Krankenschwester wischt sich den Schweiß auf der Intensivstation ab. Die medizinische Fachkraft ist nach einer Operation im Schutzanzug erschöpft. Sie ist während der Covid-19-Pandemie im Krankenhaus.

Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde CDC (Centers for Disease Control and Prevention) überrascht im vergangenen Monat viele Medizinexperten, als sie ankündigte, dass Beschäftigte im Gesundheitswesen sieben Tage nach einem positiven Covid-19-Test an ihren Arbeitsplatz zurückkehren können. Bisher mussten sie sich zehn Tage isolieren.

Wer schwer krank ist, bleibt natürlich auch in den Vereinigten Staaten von Amerika zuhause, denn diese Regel gilt nur für Personen, die ohne Symptome sind oder deren leichte oder mittelschwere Symptome sich bessern und die innerhalb von 48 Stunden nach der Rückkehr an den Arbeitsplatz negativ getestet werden. Die CDC erklärte jedoch, dass die Isolationszeit im Falle von Personalengpässen sogar noch weiter – bis auf fünf Tage – verkürzt werden könnte. In diesem Fall bräuchte das Gesundheitspersonal nicht einmal einen Test, um aus der Isolation wieder an den Arbeitsplatz zurückzukehren. Und in einem Krisenszenario, wenn nicht mehr genügend Personal für eine sichere Patientenversorgung zur Verfügung steht, gäbe es laut CDC überhaupt keine Arbeitsbeschränkungen.

Nach den jüngsten Daten des US-Gesundheitsministeriums (HHS) meldet fast ein Viertel der Krankenhäuser in den USA kritische Personalengpässe. Das bedeutet oft, dass man sich zwischen der Behandlung kranker Patienten und der Rückkehr infizierter Mitarbeiter an den Arbeitsplatz entscheiden muss. Allerdings können die Krankenhäuser selbst entscheiden, wie sie den Begriff des kritischen Personalmangels auslegen.

Seuchenexperten befürchten jedoch, dass die CDC-Politik die Übertragung im Krankenhaus fördert, da Untersuchungen zeigen, dass einige Menschen noch bis zu zehn Tage lang mit dem Coronavirus infektiös sein können. "Es ist ein bisschen wie ein Pandemie-Theater. Sie treffen die Entscheidung, Mitarbeiter des Gesundheitswesens zurückzuholen, wenn sie krank sind", sagte Susan Butler-Wu, eine beigeordnete Professorin für klinische Pathologie an der Universität von Süd-Kalifornien, vor einem Monat zu Business Insider. "Ich glaube nicht, dass die Daten das unterstützen."

Krankenhausinterne Übertragungen des Coronavirus in den USA
Krankenhausinterne Übertragungen des Coronavirus in den USA

Eine Woche nach der Ankündigung der CDC am 23. Dezember stieg die Gesamtzahl der Krankenhauspatienten, die sich mindestens zwei Wochen nach ihrem Krankenhausaufenthalt mit Corona angesteckt hatten, laut HHS-Daten um 80 Prozent – von etwa 1200 auf 2200 Patienten. Diese Patienten "kamen ursprünglich wegen etwas anderem als Covid ins Krankenhaus und wurden dann als positiv befunden", sagt Jorge Caballero, Datenwissenschaftler bei der gemeinnützigen Organisation "Programmierer gegen Covid". "Der einzige Ort, an dem sie sich angesteckt haben können, ist das Krankenhaus, weil sie dort waren und es zu Beginn nicht hatten."

Jeremy Faust, Notfallmediziner am Brigham and Women's Krankenhaus, sagte, dass viele Krankenhäuser die Empfehlungen der CDC umsetzten, bevor sie einen kritischen Personalmangel erreichten. "Wenn man die Wahl hat zwischen gar niemandem und jemandem, der etwas früher als nötig wieder an die Arbeit geht und eine FFP-Maske trägt, dann würde ich Letzteres wählen", sagte er. "Aber nur, wenn es absolut notwendig ist, denn wenn man die Leute früher wieder zurück an den Arbeitsplatz holt, erhöht sich das Risiko einer Ausbreitung. Man muss entscheiden, ob dieses erhöhte Risiko es wert ist. In vielen Fällen ist es das nicht", sagt Faust.

Der starke Anstieg ist nicht nur mit dem höheren Ansteckungsrisiko erklärbar

Auch wenn man die einzelnen US-Bundesstaaten betrachtet, nehmen die Übertragungen im Krankenhaus zu. "Wenn wir uns speziell die großen Krankenhäuser ansehen, in denen die neuen CDC-Richtlinien schnell umgesetzt wurden, sehen wir einen enormen Anstieg", sagte Caballero. Am 31. Dezember aktualisierte das Gesundheitsministerium von Rhode Island seine Isolationsrichtlinien, um die neuen CDC-Empfehlungen für Krankenhaus- und Pflegeheimpersonal zu berücksichtigen. Innerhalb weniger Tage stieg die Zahl der stationären Patienten, die sich während ihres Krankenhausaufenthalts mit Corona infizierten, sprunghaft an.

Aber diese Wahrnehmung deutet nicht gleich auf einen direkten Zusammenhang hin: Omikron ist in höherem Maße übertragbar als andere Corona-Varianten, könnte also allein für eine gewisse Übertragungszunahme in Krankenhäusern sorgen. In den USA gab es etwa einen Monat vor der neuen CDC-Regelung einen leichten Anstieg der Covid-19-Ansteckungen in Krankenhäusern. Es gibt jedoch nur wenige Erklärungen für den raschen Anstieg der Zahl der stationären Patienten, die sich mit Corona infizierten, sagt Caballero. "Alles, was sich geändert hat, war die verkürzte Isolationszeit", sagte er und fügte hinzu: "Wenn ein Krankenhaus über gute Maßnahmen zur Infektionskontrolle verfügt, sollten wir keinen enormen Anstieg der Infektionen im Krankenhausumfeld erleben."

Masken verhindern nicht immer die Ansteckungen

Eine Krankenschwester überprüft den Sitz ihrer Maske, ehe sie in das Zimmer eines Coronapatienten eintritt im St. Mary's Krankenhaus in Leonardtown, im US-Bundesstaat Maryland.
Eine Krankenschwester überprüft den Sitz ihrer Maske, ehe sie in das Zimmer eines Coronapatienten eintritt im St. Mary's Krankenhaus in Leonardtown, im US-Bundesstaat Maryland.

Business Insider sprach kürzlich mit vier Krankenschwestern – zwei in Kentucky, eine in Florida und eine weitere im Nordosten der Vereinigten Staaten –, die angewiesen wurden, mit Covid-Symptomen zur Arbeit zu kommen. Viele von ihnen befürchteten, Patienten anzustecken, hatten aber auch Bedenken, über Stunden hinweg dicke, enge Masken zu tragen, wenn sie bereits eine verstopfte Nase hatten oder kurzatmig waren.

Der Datenwissenschaftler Caballero sagt, Omikron lasse wenig Spielraum für Fehler beim Tragen der Maske. "Wir lernen jeden Tag mehr darüber, dass sogar eine flüchtiges Ausgesetztsein bei der Omikron-Variante ausreicht, um jemanden zu infizieren", sagte er. Selbst Beschäftigte im Gesundheitswesen, die hochgradig schützende Masken tragen, können immer noch infektiöse Partikel ausscheiden, wenn sie husten oder niesen, sagt Caballero. "Wenn Ärzte und Krankenschwestern essen, nehmen sie ihre Maske ab, und wir wissen, dass das Virus über die Luft übertragen ist", sagt Caballero. "Es kann stundenlang wie eine Rauchwolke in den Räumen verweilen.

Der Notzarzt Faust sagte, dass die Übertragung im Krankenhaus in erster Linie auf einige wenige hochansteckende Personen zurückzuführen sei, die selbst nach kurzem Kontakt ganz viele andere anstecken würden. "Ein Patient könnte eine Woche lang im Krankenhaus sein und sein Zimmer nicht verlassen", sagte er. Aber wenn man diesen Patienten zum Röntgen in die Radiologie bringt und dort den ganzen Tag über 50 Personen anwesend sind, "könnte das Virus in der Luft hängen, wenn ein paar von ihnen wirklich ansteckend sind, und man würde sich dort anstecken".

Unabhängig vom Szenario, finden die Experten, berge die verkürzte Quarantäneregel deshalb immer das Risiko einer weiteren Übertragung im Krankenhaus. Auch in Deutschland haben Bundestag und Bundesrat entschieden, dass sich Infizierte oder Kontaktpersonen künftig schon nach sieben Tagen aus ihrer Quarantäne befreien können, wenn sie symptomfrei sind und einen negativen PCR-Test vorlegen können. Die Politiker waren hauptsächlich davon getrieben, dass sie befürchten, dass Mitarbeiter der kritischen Infrastruktur krank zuhause sind und damit die Stromversorgung oder der Krankenhausbetrieb zusammenbrechen würden.

Dieser Artikel wurde übersetzt von Christiane Rebhan, das Original findet ihr hier.