Der völlig verrückte Westen

Die NBA-Saison geht in die heiße Phase. 16 Teams kämpfen in den Playoffs um die Meisterschaft in der besten Basketball-Liga der Welt.

Vor allem mit Blick auf die Western Conference verspricht die Postseason dabei eine sehr wilde und offene Angelegenheit zu werden. Denn hinter jedem Team im Westen stehen einige Fragezeichen.

Dies betrifft auch die Denver Nuggets, die zwar aufgrund ihres Status als Top-Seed als Mitfavorit ins Rennen gehen, von vielen Experten aber nicht so hoch gehandelt werden.

NBA-Playoffs: Nuggets-Ausrutscher werfen Fragen auf

Allerdings haben die Nuggets in den vergangenen Jahren auf diesen Moment hingearbeitet und ein gesundes Team aufgebaut, dass vom zweifachen MVP Nikola Jokic angeführt wird.

Jamal Murray, Michael Porter Jr. und Aaron Gordon vervollständigen die Führungsriege des tiefen Denver-Kaders, für den das fünftbeste Offensiv-Rating der Liga zu Buche steht.

Dennoch haben nicht nur die zahlreichen Ausrutscher in den vergangenen beiden Wochen der Regular Season Zweifel aufkommen lassen, ob das Team wirklich ein großer Titelkandidat ist - und nicht immer lag es daran, dass Spieler geschont wurden.

Defensiv lässt der Kader sowieso einiges zu wünschen übrig, was vor allem an Porter Jr. liegt. Aber auch die größte Schwäche von Jokic ist immer noch die Defense, obwohl er sich hier bereits verbessert hat.

Fragezeichen bei Grizzlies und Kings

Auch die Zweitplatzierten Memphis Grizzlies und die Sacramento Kings, die einen Platz dahinter liegen, werden nicht als „echte“ Finalisten gehandelt.

Die Grizzlies haben sich unter anderem durch außersportliche Eskapaden selbst geschwächt. Der Waffenskandal um Superstar Ja Morant sowie verbale Scharmützel brachten die eigentlich sportlich konstante Saison ins Wanken.

Vor dem Duell mit den Lakers wird aus dem Lager der Grizzlies erneut ein frecher Ton angeschlagen. Defensiv-Spezialist Dillon Brooks verkündete, dass er mit aller Macht LeBron James ausschalten wolle.

Es bleibt abzuwarten, ob Memphis dies gelingen wird, zumal mit Steven Adams und Brandon Clarke zwei Center verletzungsbedingt nicht zur Verfügung stehen, was im Duell mit Lakers-Superstar Anthony Davis zum großen Problem werden könnte.

Die Kings, die erstmals seit 2006 wieder in den Playoffs stehen, begeisterten zwar durch Offensiv-Spektakel, müssen jedoch schleunigst ihre schwache Defensive in den Griff kriegen. Zumindest in Spiel eins konnten die Kings den Golden State Warriors schon mal Paroli bieten und legten in der Serie vor.

Dennoch kann sich Sacramento nicht darauf verlassen, dass sie jedes Mal drei Punkte mehr als die Warriors erzielen oder Steph Curry den Buzzer Beater verwirft. Auf Dauer muss die Defense abliefern, sonst werden sie von GSW brutal bestraft.

Warriors profitieren von Wiggins-Rückkehr

Indes könnten auch die Warriors mit all ihrer Meisterschafts-Erfahrung zu einem ernsthaften Titelkandidaten werden, vor allem wenn Andrew Wiggins tatsächlich rechtzeitig zurückkehrt.

Der Kanadier absolvierte seit dem All-Star Break aufgrund privater Gründe kein Spiel mehr, ist aber seit einer guten Woche wieder beim Team. Gegen die Kings stand der Forward wieder im Team und kam in 28 Minuten auf 17 Minuten.

Sein Comeback steigert die Kadertiefe des Vorjahreschampions, die zuletzt bereits durch die Rückkehr von Gary Payton II verbessert wurde.

Zusätzlich verfügen die Warriors mit Steph Curry, Klay Thompson, Draymond Green und Trainer Steve Kerr über viel Erfahrung, besonders in den Playoffs.

Miserable Auswärtsbilanz bremst Warriors-Hoffnungen

Zwar wird die Erwartungshaltung durch die schlechte Auswärtsbilanz von 11:30 ein wenig gedämpft, weshalb die Warriors auch lange im Mittelmaß im Westen zu finden waren - doch für den Endspurt bekamen sie noch die Kurve und qualifizierten sich sogar direkt für die Playoffs.

Nicht wenige erwarten, dass die Stars, die in der Saison beobachteten Defensivschwächen für die Playoffs wieder auf ein Minimum reduzieren.

Letztendlich ist es zudem ein starkes Argument für die Warriors, dass sie während der Curry-Ära in den Playoffs nur von zwei Teams geschlagen wurden: Cleveland mit LeBron und Toronto mit Kawhi Leonard - beides Ost-Teams.

Phoenix Suns der Favorit im Westen?

Für ordentlich Furore könnten die Phoenix Suns, die die Regular Season auf Rang vier beendeten, im Westen sorgen - mit der nominell wahrscheinlich stärksten Mannschaft aus dem Westen ist alles möglich.

Vor allem, wenn Kevin Durant auf dem Feld steht, denn dann sind die Suns in acht Spielen ungeschlagen. Für den Superstar opferte die Franchise zwar einige Picks wie den defensivstarken Dreierschützen Mikal Bridges und Cam Johnson - doch die Rechnung zahlte sich bislang aus.

Neben Durant haben die Suns mit Devin Booker, Chris Paul und Deandre Ayton vermutlich das beste Quartett der NBA.

Allerdings ist Phoenix durch den Trade nicht besonders tief besetzt, wodurch enorm viel von der Gesundheit der vier Starspieler abhängig, die in dieser Saison schon häufiger verletzt waren.

Hier liegt die Chance der Clippers, dem kommenden Gegner der Suns. In Kawhi Leonard haben sie einen Superstar in ihren Reihen, der zuletzt immer besser in Fahrt kam - allerdings auch sehr verletzungsanfällig ist.

Bitter für die Clippers: Es ist weiter unklar, wann der zweite Superstar Paul George nach seiner Knieverletzung Ende März wieder eingreifen kann. So oder so müssen die Clippers ihre Konstanz im Angriff verbessern, wenn sie die Defense der Suns vor Probleme stellen wollen.

Formkurve der Lakers zeigt nach oben

Und dann gibt es auch noch die Lakers, die die reguläre Saison auf Platz sieben beendeten und sich erst durch den Zittersieg gegen die Minnesota Timberwolves für die Playoffs qualifiziert haben.

Zwar agierte das Team - unter anderem auch von einigen Ausfällen gebeutelt - während der regulären Saison lange nicht in Topform, nun zeigt die Ergebniskurve jedoch klar nach oben.

Die Lakers haben in den letzten zwei Monaten der regulären Saison die drittmeisten Siege eingefahren und verfügen über die zweitbeste Verteidigung. Ein wenig profitierte das Team um LeBron auch von einem relativ einfachen Spielplan, doch das Team agierte auch deutlich besser.

Dies liegt zu großen Teilen auch daran, dass die Lakers vor Ablauf der Trade-Deadline Rui Hachimura, D‘Angelo Russell, Malik Beasley und Jarred Vanderbilt verpflichteten und die Probleme des nicht ideal zusammenpassenden Kaders damit zumindest teilweise behoben.

Schröder ein X-Faktor in den Playoffs?

Zusammen mit LeBron und Anthony Davis weisen die Lakers einen talentierten und tiefen Kader auf, zu dem auch Austin Reaves, Troy Brown Jr. und insbesondere Dennis Schröder gehören.

Der deutsche Nationalspieler spielte eine entscheidende Rolle beim Sieg gegen die Timberwolves und könnte auch gegen die Grizzlies als X-Faktor fungieren. Obwohl der Lakers-Kader immer noch nicht perfekt ist, ist er inzwischen speziell im Westen voll konkurrenzfähig.

Schlussendlich gelten alle Teams der Western Conference nicht als absolute Topfavoriten, diese kommen mit den Milwaukee Bucks, Boston Celtics und Philadelphia 76ers aus dem Osten.

Doch genau diese unsichere Ausgangssituation macht die Playoffs besonders spannend und öffnet für alle Teams die Chance auf die Finals. Und wer weiß, vielleicht gelingt einem Team dort dann sogar der ganz große Wurf.