Der verborgene deutsche Schatz von London

U21-Europameister 2021, Leistungsträger in der Premier League - und trotzdem ist der Name des DFB-Talents nur eingefleischten Fans ein Begriff. Das könnte sich bald ändern.

Vitaly Janelt steht ganz oben auf der Liste der jungen Spieler, die Bundestrainer Hansi Flick mit Blick auf die Heim-EM 2024 im Auge hat.

In der Premier League spielt der 24-Jährige beim Tabellen-Elften FC Brentford im Westen Londons unter dem Radar der meisten deutschen Fans. Dabei lassen die Leistungen, die der Mittelfeldspieler dort abliefert, absolut aufhorchen.

Vitaly Janelt: Über den HSV, RB und Bochum in die Premier League

Janelt ist in Hamburg geboren und im nahe gelegenen Bargfeld-Stegen in Schleswig-Holstein aufgewachsen, spielte in der Jugend für den HSV und für RB Leipzig, schaffte dann ab 2016 schrittweise den Durchbruch als junger Profi beim VfL Bochum in der 2. Bundesliga.

2020 wechselte er zum damaligen England-Zweitligisten Brentford, für eine Ablöse von gerade einmal 600.000 Euro. Janelt stieg mit dem Team auf und entwickelte sich zum Leistungsträger.

Der Linksfuß hat inzwischen 62 Spiele in der Premier League absolviert, dabei sieben Tore geschossen. Und das, obwohl er überwiegend im defensiven Mittelfeld eingesetzt wird. Er kann das Spiel gut lesen, ist dazu sehr zweikampfstark. Ihm wird ein überragendes Positionsspiel nachgesagt.

Der dänische Coach Thomas Frank, der das Projekt Brentford seit 2018 führt und nach vorn entwickelt hat, baut auf Janelts Qualitäten.

Janelt ist eine Alternative für die DFB-Defensive

Inzwischen liegt sein Marktwert laut Transfermarkt.de bei 16 Millionen Euro, einem Vielfachen seiner damaligen Ablöse. Sollte er sich auch im Nationalteam durchsetzen, wäre er eine veritable Alternative, um neue Stabilität in der oft brüchigen DFB-Defensive zu kreieren und Stars wie Ilkay Gündogan, Leon Goretzka oder Joshua Kimmich zu entlasten.

Bereits vor einem Jahr hatte Flick sich ein Spiel in England angesehen, um Janelt auch vor Ort zu beobachten. Seit Janelts Teamkollege Kevin Schade im März sein Nationalmannschaftsdebüt gegeben hat, dürfte Flick nun noch häufiger nach Brentford schauen.

Auch nach der 2:3-Niederlage im Freundschaftsspiel gegen Belgien Ende März hat sich Flick auf England-Reise begeben. Wieder sein Ziel: Brentford. Der Bundestrainer will die Zeit bis zur EM nutzen, um noch einige junge Spieler zu testen. Bis im nächsten Jahr soll sich dann ein Mannschaftskern ergeben.

Janelt selbst reagiert betont zurückhaltend auf das Thema DFB. Er sei „natürlich bereit“, sagte er im Sportbuzzer-Interview: „Aber ich bin niemand, der sich die ganze Zeit Gedanken um die Nationalmannschaft macht. Mein Ziel für die kommenden Jahre ist es, in der Premier League zu spielen und mich weiter zu verbessern. Ich will einfach mein Ding durchziehen.“

Ein Shisha-Brand und ein EM-Titel

Janelt darf sich dabei berechtigte Hoffnungen machen, bei der EM zur Kader-Option zu werden: „Es ist für uns wichtig, dass der Spieler die Idee, wir spielen wollen, umsetzen kann. Er macht es gut, Vitaly macht das sehr gut“, sagte Flick bei Sky über Janelt. „Er ist dort einer der Führungsspieler. Wir haben uns mit seinem Trainer unterhalten. Man muss einfach sagen, in der Premier League so zu spielen, ist in Ordnung.“

Für Janelt spricht auch, dass ihm der DFB-Kosmos nicht fremd ist, er durchlief seit der U17 sämtliche Juniorenteams - und seine Karriere dort wurde auch nicht ausgebremst, als er dort 2016 negativ auffiel: Als er mit der U19-Nationalmannschaft in Albanien war, löste er mit dem Leipziger Teamkollegen Idrissa Toure einen Brand im Hotelzimmer aus. Eine Shisha hatte offenbar das Feuer verursacht. Die beiden wurden suspendiert und auf eigene Kosten nach Hause geschickt, auch bei Leipzig gab es Ärger.

Seinerzeit wurde kolportiert, dass Janelt mehrfach durch kleinere disziplinarische Mängel aufgefallen sei, sein weiterer Werdegang legt allerdings nahe, dass er sie hinter sich gelassen hat: Janelt war auch Teil des U21-Europameisterteams 2021, Stefan Kuntz setzte ihn mehrere Male als Joker ein, auch beim 1:0-Finalsieg gegen Portugal.

Zu Janelts Teamkollegen gehörten Nico Schlotterbeck, Florian Wirtz, Karim Adeyemi, David Raum und Mergim Berisha - ein Wiedersehen bei der EM ist nicht ausgeschlossen ...