Verschwörungstheorien, keine Maske, Test verweigert: Das sind die arbeitsrechtlichen Folgen

Der Arbeitgeber kann in der Regel das Tragen von Masken anordnen - wenn das nicht der Gesetzgeber ohnehin schon tut (Symbolbild: Getty Images)
Der Arbeitgeber kann in der Regel das Tragen von Masken anordnen - wenn das nicht der Gesetzgeber ohnehin schon tut (Symbolbild: Getty Images)

Darf ein Arbeitgeber Mitarbeitern kündigen, die einen Corona-Test verweigern oder an einer Demo teilnehmen? Ein Überblick über die Rechtslage am Arbeitsplatz angewandt auf die Pandemie.

Momentan macht eine Kündigung in einem Seniorenheim Schlagzeilen. Eine Mitarbeiterin hatte sich nach dem Besuch der Berliner Corona-Demos am Wochenende krank gemeldet, einen Corona-Test jedoch verweigert. Das “Haus Itzstedt”, in dem 65 Senioren untergebracht sind, kündigte der Mitarbeiterin daraufhin fristlos. Dafür erntete die Einrichtung nun einen Shitstorm der Corona-Demonstranten. Das Kündigungssschreiben war in einschlägigen Foren und Chatgruppen aufgetaucht, vermutlich von der Frau selbst verbreitet.

Danach hagelte es schlechte Bewertung für das Seniorenheim. Dort würden “die Alten wie im Käfig gehalten”, hieß es. Gewalt gehöre zur Routine behaupten andere. Die Wut der selbsternannten “Coronarebellen” richtet sich gegen die ihrer Ansicht nach ungerechte Entlassung. Von “Gesinnungskündigung” ist da immer wieder die Rede. Doch stimmt das in diesem Fall? Agiert hier ein Arbeitgeber aufgrund seiner eigenen abweichenden politischen Meinung, wie die Unterstützer der Entlassenen behaupten? Oder ist eine solche Kündigung nicht viel mehr arbeitsrechtlich vollkommen gerechtfertigt, weil die Angestellte sich rechtmäßigen Weisungen widersetzte und die Pflegeeinrichtung eine Schutzpflicht für die älteren Bewohner hat, die Teil der Corona-Risikogruppe sind? Ein Überblick über die aktuelle Rechtslage zu den wichtigsten Corona-Fragen.

Darf der Arbeitgeber einen Corona-Test fordern?

Ohne einen triftigen Anlass darf der Arbeitgeber solch einen Test nicht einfordern. Auch eine anlasslose Untersuchung der Körpertemperatur ist nicht erlaubt. Allerdings gilt: Gibt es einen begründeten Verdacht für einerhöhtes Infektionsrisiko, wie zum Beispiel die Rückkehr aus einem Risikogebiet oder auch die Teilnahme an einer Großveranstaltung, kann der Arbeitgeber eine betriebsärztliche Untersuchung verlangen oder ein amtsärztliches Attest einfordern. Im Fall der entlassenen Seniorenheim-Mitarbeiterin wäre die Aufforderung zu einem Test arbeitsrechtlich insofern wahrscheinlich gerechtfertigt, wie etwa ein ein Fachanwalt “T-Online” bestätigt - eine Entscheidung vor Gericht steht dazu freilich noch aus.

Kann man zum Tragen einer Maske verpflichtet werden?

Der Arbeitgeber kann Vorgaben zum Verhalten am Arbeitsplatz machen, das nennt sich Direktionsrecht. Dazu gehören auch hygienische Maßnahmen, wie zum Beispiel das Tragen einer Mund-Nasenschutz-Maske. Verweigert der Arbeitnehmer das Tragen oder äußert sich am Arbeitsplatz immer wieder kritisch dagegen, kann dies arbeitsrechtlich durchaus als geschäftsschädigend ausgelegt werden und Anlass für eine Kündigung sein. Hier wird immer auch die jeweilige Arbeitssituation in Betracht gezogen. Dem Profibasketballer Joshiko Saibou wurde von seinem Verein gekündigt, weil er mit der Teilnahme an einer Demo wissentlich gegen die Hygiene-Auflagen seines Arbeitgebers verstieß. Noch über dem Direktionsrecht des Arbeitgebers stehen aber natürlich immer gesetzliche Anordnung. Das heißt, sind etwa eine Maskenpflicht oder Abstandsregeln vom Gesetzgeber aus vorgeschrieben, gilt das auch am Arbeitsplatz. So sind die Vorgaben im Einzelhandel oder der Gastronomie nicht von Seiten der Arbeitgeber, sondern der jeweiligen Landes- oder der Bundesregierung festgelegt worden.

Schutzpflicht des Arbeitgebers

Beim Thema Maskenpflicht greift aber auch noch ein anderer arbeitsrechtlicher Punkt. Arbeitgeber sind laut Arbeitsschutzgesetz dazu verpflichtet, die Gesundheit der Beschäftigten zu sichern und zu schützen. Im Sinne dieser Fürsorgepflicht kann zum Beispiel das Tragen von Masken auf Hausfluren als sinnvoll erachtet werden und auch vom Arbeitnehmer gefordert werden. Zum Beispiel muss ein Hygienekonzept vorliegen und die Möglichkeit zum Händewaschen gegeben sein.

Teilnahme an Demonstrationen

Grundsätzlich gilt, dass der Arbeitnehmer keinen Einfluss auf das Freizeitverhalten seiner Angestellten nehmen darf. So ist natürlich auch der Besuch einer Demonstration außerhalb der Arbeitszeiten arbeitsrechtlich nicht relevant. Ob der Arbeitnehmer die Meinung seines Arbeitgebers teilt, hat diesen nicht zu interessieren. Doch auch hier gilt die Einschränkung, dass das Verhalten des Arbeitnehmers nicht geschäftsschädigend sein darf. Ein Sonderfall sind Beamte im Staatsdienst. Momentan prüfen die Polizeidienststellen in Bayern den mutmaßlichen Auftritt von drei Polizisten als Redner auf der Berliner Corona-Leugner-Demo am vergangenen Wochenende. Die sogenannte “Treuepflicht” gilt bei Beamten selbst noch im Ruhestand.

Verbreitung von Verschwörungstheorien

Grundsätzlich ist auch im Betrieb das Recht auf freie Meinungsäußerung gewährleistet. Allerdings hat jeder Arbeitnehmer die Verpflichtung, zur Wahrung des Betriebsfriedens beizutragen. Urteile aus der jüngeren Vergangenheit zeigten zum Beispiel, dass Arbeitgeber Recht bekamen, die Mitarbeiter entließen, die vermehrt rassistisches Gedankengut auf Social-Media-Kanälen verbreitet hatten. Dies gilt vor allem dann, wenn ein Zusammenhang zum Arbeitgeber klar ersichtlich ist, also beispielsweise Dienstkleidung getragen wird. Gleiches gilt also auch für die Verbreitung von Verschwörungstheorien. Privat geäußerte Meinungen darf der Arbeitgeber nicht als Kündigungsgrund heran ziehen. Kann er jedoch nachweisen, dass die Aussagen dem Unternehmen schaden oder der Betriebsfrieden gestört wird, können arbeitsrechtliche Sanktionen bis hin zu einer Kündigung durchaus rechtens sein.

Was gilt bei einer Corona-Erkrankung?

Grundsätzlich gilt, dass ein Arbeitnehmer, der an Corona erkrankt ist, von der Arbeitspflicht befreit ist. Ob er indes eine Mitteilungspflicht gegenüber dem Arbeitgeber über die Infektion hat, ist rein rechtlich nicht abschließend geklärt. Bei einer Krankschreibung besteht Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Eine Kündigung wegen einer Erkrankung dürfte vor Gericht keinen Bestand haben. Bei einer behördlich angeordneten Quarantäne liegt der Fall anders. Denn dann tritt ein sogenanntes Betriebsbetretungsverbot in Kraft, für das der Arbeitnehmer die Folgen zu tragen hat.

Darf man aus Angst vor einer Ansteckung zuhause bleiben?

Dieses Thema beschäftigt verschiedene Berufsgruppen häufiger. Besonders Lehrkräfte und Erzieher, aber auch Pflegekräfte und medizinisches Personal befassen sich mit der Sorge vor Ansteckung. Im arbeitsrechtlichen Sinne gilt ein eigenmächtiges Fernbleiben allerdings als unentschuldigtes Fehlen, das durchaus aus kündigungsrechtlich relevant werden kann. Andererseits hat aber auch der Arbeitgeber eben dafür zu sorgen, dass die Gesundheit der Mitarbeiter geschützt wird.

Sind Befragungen zulässig?

Der Arbeitgeber hat in der Regel nicht das Recht, seine Angestellten nach Aufenthaltsorten oder Kontakten zu befragen. Doch auch hier kann es in der Corona-Zeit Ausnahmen geben. Zum Beispiel ist die Frage nach dem Aufenthalt in einem Risikogebiet zulässig. Ebenso die Frage, ob ein Arbeitnehmer in jüngster Zeit mit einem an Covid-19 erkrankten Patienten hatte.

Video: Mit Abstand, noch ohne Maske - erneut Corona-Demo in Berlin