Vielsagende Kritik von Goretzka

Vielsagende Kritik von Goretzka

Haben die Nationalspieler nach dem Achtelfinal-Aus bei der EM 2021 zu viel Schuld bei Joachim Löw abgeladen?

Leon Goretzka vom FC Bayern München vertritt diese Meinung in einem vor dem Debüt von Nachfolger Hansi Flick am heutigen Donnerstag veröffentlichten Interview - in dem einiges zwischen den Zeilen steckt. (NEWS: Alles zum Fußball)

Löws Taktik als Alibi? Goretzka übt Kritik

“Ich bin der Meinung, dass wir einen hervorragenden Trainer hatten, der uns einen klaren Plan vorgegeben hat“, sagt Goretzka der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) vor dem WM-Qualifikationsspiel gegen Liechtenstein (ab 20.45 Uhr im LIVETICKER): “Wir Spieler sind dafür da, diesen Plan bestmöglich umzusetzen. Das ist uns nicht in vollem Umfang gelungen, da müssen wir selbstkritisch sein.“

In Bezug auf Versäumnisse, die er bei der Mannschaft gesehen hat, führt Goretzka weiter aus: “Wenn sich die Spieler überhaupt nicht mit einem Plan oder einer Taktik identifizieren können und mehrheitlich der Meinung sind, dass sie nicht funktionieren kann, dann kann man gerade von gestandenen Spielern erwarten, das auch zu kommunizieren.“

Löw habe “nicht umsonst herausragende Erfolge gefeiert, er hatte eine klare Idee und hat an ihr festgehalten. Davor ziehe ich meinen Hut. Ich glaube, dass wir Spieler uns zu oft hinter Ausreden verstecken, dass es an der Taktik lag, dass es der Trainer war. Wir sollten mal wieder anfangen, zuallererst vor unserer eigenen Haustür zu kehren.“

Müller nannte Taktik “de facto gescheitert“

Goretzka äußert diese nicht namentlich adressierte Kritik im Kontext von Berichten, dass Teile der Mannschaft Löws Taktik kritisch gesehen und sich nur widerwillig gefügt hätten (SPORT1-Analyse: Darum scheiterte Löw bei der EM gegen England mit seiner Taktik).

Konkret hatte Goretzkas Teamkollege Thomas Müller Anfang Juli die Taktik beim K.o. gegen England - ohne Löw direkt anzugehen - als Fehlschlag bezeichnet („Mit unserer Bestrebung, durch eine eher abwartende, kompakte Defensivstrategie ohne Gegentor zu bleiben sind wir de facto gescheitert“).

Davon, dass es Goretzka in seiner Kritik um Müller geht, ist nicht zwingend auszugehen: An anderer Stelle im Interview spricht er über den gemeinsamen Ärger über ein homophobes Plakat beim Ungarn-Spiel, das ein Auslöser für Goretzkas vielbeachtete Herz-Geste in Richtung des Gästeblocks war (“Da habe ich zu Thomas gesagt: Wenn einer von uns beiden später noch trifft, müssen wir was machen, da müssen wir uns was einfallen lassen“).

Goretzka verspricht sich Schub von Flick

Von Löws Nachfolger Flick erwartet sich Goretzka mit Blick auf die eigenen Erfahrungen bei Bayern viel.

“Hansi Flick hat uns bei Bayern in einer schwierigen Situation übernommen und unter Beweis gestellt, dass er nicht lange braucht, um seine Ideen an die Mannschaft zu vermitteln“, blickt er zurück: “Seine Maßnahmen haben sehr schnell gegriffen, sowohl taktisch als auch atmosphärisch haben wir aus unserem Tief herausgefunden und wichtige Ergebnisse erzielt.“ Da sei „etwas zusammengewachsen, was uns die Hoffnung gibt, dass wir auch hier schnell eine neue Einheit werden“.

Eine Stärke Flicks, die Goretzka betont: “Er hat auf jeden Fall sehr klare Vorstellungen, was sehr viel wert ist. Da gibt es wenige Eventualitäten. Klarheit ist, gerade wenn man nicht viel Zeit hat, ein nicht zu unterschätzender Faktor.“

Auch persönlich verspricht sich Goretzka von Flick im DFB-Team einen Schub: “Ich glaube, dass meine Stärken in der Art und Weise, wie Hansi Flick Fußball spielen möchte, gut zum Tragen kommen.“