Vettel-Ersatz trotzt Ferraris Pleitenserie: Würde wieder Ja sagen

Es war ein erfolgreicher Nachmittag für Carlos Sainz.

Beim Qualifying zum Großen Preis von Italien in Monza gelang dem Spanier in seinem McLaren überraschend der Sprung auf Rang drei. Hinter den beiden Silberpfeilen führt er am Sonntag die zweite Startreihe an. Sein künftiger Arbeitgeber Ferrari erlebte dagegen mit den Plätzen 13 und 17 das nächste Debakel.

Im SPORT1-Interview spricht Sainz über die Frage, wie es sich anfühlt, zu einer derart erfolglosen Scuderia zu wechseln. Außerdem erklärt er, wie er den Roten aus der Krise verhelfen will und worüber er mit Sebastian Vettel spricht.

SPORT1: Herr Sainz, Glückwunsch zu Platz drei beim Qualifying in Monza. Nächstes Jahr wechseln Sie von McLaren zu Ferrari. Warum tun Sie das? Schaut man auf die Ergebnisse, ergibt das derzeit wenig Sinn.

Sainz: Warum? Das habe ich schon oft beantworten müssen. Ich denke einfach, für mich ist es der richtige Schritt zur richtigen Zeit meiner Karriere. (DATENCENTER: Die Fahrerwertung der Formel 1)

SPORT1: Im nächsten Jahr bekommt Ihr McLaren-Team den besten Motor in der Formel 1, einen Mercedes-Antrieb. Sie allerdings wechseln dann ja zu Ferrari.

Sainz: Ich denke gar nicht groß darüber nach. Ich bin ein Mensch, der von Rennen zu Rennen denkt. Und nicht über eine Zukunft, die mich nicht mehr betrifft.

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SPORT1: Mercedes ist eine deutsche Firma. Mit Andreas Seidl haben Sie bei McLaren einen deutschen Teamchef. Wie denken Sie über ihn?

Sainz: Sehr gut. Die Atmosphäre im Team ist toll. Alle arbeiten in die gleiche Richtung, ziehen am gleichen Strang. Das kommt auch von dem Geist, den Andreas Seidl vorlebt.

SPORT1: Ihr Vorbild Fernando Alonso ist ja auch bei Ferrari gefahren. Was bedeutet es für Sie, auf seinen Spuren zu wandeln?

Sainz: Zunächst einmal: Ich glaube, jeder Formel-1-Pilot hat irgendwann das Ziel, für Ferrari zu fahren. Ich bin zu einer Zeit aufgewachsen, als McLaren jedes Jahr mit Ferrari um Siege und Titel kämpfte. Wenn man es so sieht, habe ich alles erreicht, was ich mir als Kind gewünscht habe. Ich fahre für McLaren und werde nächstes Jahr zu Ferrari wechseln.

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SPORT1: Es muss ein sehr emotionaler Moment gewesen sein, als Sie sich mit Ferrari einig wurden.

Sainz: Ja, in der Tat. Wobei ich sagen muss, es kam nicht über Nacht. Es hatte immer wieder Gespräche gegeben. Und ich spüre auch jetzt schon, dass ich bald zur Ferrari-Familie gehöre. Die Fans wissen, wo ich im Hotel wohne, sie muntern mich auf und geben mir Energie. Ich würde zu Ferrari jedes Mal wieder Ja sagen.

SPORT1: Trotzdem: Wie groß sind Ihre Sorgen, wenn Sie sich Ferraris Leistung in diesem Jahr anschauen?

Sainz: Ich bereue nichts, ich fühle mich wohl mit meiner Entscheidung. Sie brauchen beim Motor einen großen Schritt nach vorne. Aber ich habe volles Vertrauen in Ferrari. Sie wissen, wie man schnelle Autos baut.

SPORT1: Sie ersetzen Sebastian Vettel, einen viermaligen Weltmeister. Setzt Sie das unter Druck?

Sainz: Nein, er ist für mich einer der besten Fahrer aller Zeiten in der Formel 1, ohne Zweifel. Ich bewundere seine Leistung. Aber ich beschäftige mich nur mit meiner eigenen Karriere und lasse mich nicht von anderen beeinflussen. Ich habe mich auch nicht mit Fernandos Karriere verglichen. Wichtig ist, sich nur um sich zu kümmern und nicht, andere zu kopieren. (Rennkalender 2020 der Formel 1)

SPORT1: Haben Sie schon mit Sebastian über Ihren Wechsel zu Ferrari geredet?

Sainz: Nicht speziell über den Wechsel. Aber ich rede viel mit ihm in den Fahrerbesprechungen, über andere Dinge. Wie man die Rennen noch besser machen kann zum Beispiel. Es ist durch Corona und die damit verbundenen Maßnahmen auch schwierig geworden, jemanden zu treffen, der nicht zu deinem Team gehört, weil ja jeder in seiner eigenen Blase bleibt.

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SPORT1: Was können Sie persönlich leisten, um Ferrari zurück auf die Siegerstraße zu bringen?

Sainz: Das ist eine sehr gute Frage. Ich denke, ich habe das Talent und die richtige Einstellung, um ihnen weiterzuhelfen. Und jetzt auch die nötige Erfahrung, um mein Wissen und Können einzubringen.

SPORT1: Machen Sie sich Sorgen, hinter Charles Leclerc als Nummer-zwei-Fahrer zu enden? Er gilt ja als Liebling im Team.

Sainz: Nein, überhaupt nicht. Das steht auch nicht in meinem Vertrag. Ich werde versuchen, meinen Weg zu gehen, ohne dem Team zu schaden. Ich denke, ich werde alle Möglichkeiten bekommen, mich zu beweisen.

SPORT1: Was wäre ein schönes Abschiedsgeschenk für McLaren?

Sainz: So viele Punkte wie möglich und noch gemeinsame Podiumsplatzierungen, das wäre schön.

SPORT1: Zum Abschluss noch eine Fußballfrage: Sie sind bekennender Fan von Real Madrid-Fan. Sollte Real Lionel Messi kaufen?

Sainz: Das wäre schön, ja. Aber wir haben mit Zidane einen tollen Trainer und einen sehr starken Kader. Wir brauchen ihn nicht wirklich.