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Wagners DFB-Rücktritt: Wehe, wenn einer die Wohlfühloase stört

Sandro Wagner hat nach seiner WM-Ausbootung keine Lust mehr auf die deutsche Nationalmannschaft. Mit seiner Entscheidung beweist er Rückgrat.

Ein Kommentar von Tommy Gaber.

Nach nur acht Spielen ist die Nationalmannschaftskarriere von Sandro Wagner beendet
Nach nur acht Spielen ist die Nationalmannschaftskarriere von Sandro Wagner beendet

Mit markigen Worten hat Sandro Wagner seinen Rücktritt aus der deutschen Nationalmannschaft verkündet. Seine Art, Dinge klar anzusprechen, passe offenbar nicht ins Bild des DFB-Trainerteams.

Es sind die Worte eines Enttäuschten, der sich sicher war, mit nach Russland zu fahren. Wer aber denkt, Wagner handle überstürzt und aus der Emotion heraus, liegt falsch. Der Bayern-Stürmer bleibt sich und seinen Prinzipien treu und beweist mit seiner Entscheidung Rückgrat.

Man muss das Nachkarten gegen Joachim Löw und dessen Trainerstab nicht gutheißen, das hat eher ein bisschen was von Stress im Sandkasten. Ich nehm’ Dir die Schaufel weg und Du läufst weinend davon. Aber es zeugt von Mut, in der Öffentlichkeit nicht die üblichen Floskeln breit zu treten.

Wagner passt nicht in die Wohlfühloase

Wagner wurde der Traum genommen, sein Heimatland beim größten Fußballturnier der Welt zu vertreten. Dabei liest sich seine (kurze) Nationalmannschaftskarriere gut. In acht Länderspielen erzielte er fünf Tore und gehörte zum siegreichen Confed-Cup-Team 2017. Löw betonte bei seiner Kader-Bekanntgabe, dass sich Wagner stets tadellos verhalten habe im Kreise der Nationalmannschaft. Doch Wagner ist letztlich auch an Löws Prinzip der Wohlfühloase gescheitert.

Anstatt einen mündigen Spieler, der von sich überzeugt ist und öffentlich auch mal Einsatzzeit einfordert mitzunehmen, entschied sich Löw für Mario Gomez, der kürzlich mitteilte, ihm würden in der Nationalelf auch mal “drei Minuten Spielzeit” reichen.

Im Grunde teilt Löw seinen Kader in zwei Lager: Für die Stammelf kommen 14, 15 Spieler in Frage. Auf den hinteren Kaderplätzen befinden sich Spieler, die in erster Linie glücklich sind, dabei zu sein und von denen Löw nicht befürchten muss, dass sie in Russland aufmucken: Ginter, Tah, Plattenhardt, Süle, Goretzka, Rudy, Brandt, Petersen, Gomez.

Auf dieser Liste hat Sandro Wagner nichts verloren und das ist auch gut so. Er ist ein Typ mit Ecken und Kanten, einer, der sich nicht den Mund verbieten lässt. Damit gehört er zu einer aussterbenden Spezies im heutigen Profifußball.

Lieber Tagesschau statt Fußball

Glücklicherweise ist Wagner aber nicht aus der Welt. Er wird ab Juli unter dem neuen Bayern-Trainer Niko Kovac wieder angreifen. Und über seine Enttäuschung wird er am besten drüberwegkommen, wenn er sich an seine eigenen Worte erinnert.

“Wenn mir jemand sagt, Fußball sei sein einziger Lebensinhalt, dann halte ich das für dumm”, sagte Wagner einmal dem Fußballmagazin 11 Freunde: “Dem kann ich nur empfehlen, um 20 Uhr die Tagesschau anzumachen.”