Gold-Märchen bei EM: Warum sie am meisten weinte

Sie waren einer der wenigen Medaillen-Lichtblicke bei der schwachen WM in Eugene - und haben nun der wesentlich erfolgreicheren Heim-EM in München einen goldenen Abschluss beschert.

Die deutschen Sprinterinnen um Gina Lückenkemper haben mit der Staffel über 4x100 m Gold gewonnen, in verletzungsbedingt leicht veränderter Besetzung.

Alexandra Burghardt, Lisa Mayer, Lückenkemper und Schlussläuferin Rebekka Haase setzten sich vor einem tobenden Publikum im Olympiastadion in 42,34 Sekunden vor Polen (42,61) und Italien (42,84) durch.

Die 26 Jahre alte Mayer ersetzte dabei die verletzte Tatjana Pinto, die mit dem Rest des Quartetts in Eugene Bronze geholt hatte - und erlebte damit einen besonders emotionalen persönlichen Glücksmoment. „Es ist ein ganz besonderer Moment für mich“, jubelte die nach dem Rennen in Freudentränen aufgelöste Mayer bei SPORT1.

Lisa Meyer erlebte Drama vor Olympia

Die Karriere der in Gießen geborenen Mayer war von unzähligen Verletzungs-Rückschlägen geprägt. Der Bitterste: Sie verpasste im vergangenen Jahr die Olympischen Spiele in Tokio, weil in einem Trainingscamp in Japan eine alte Muskelverletzung wieder aufbrach.

Das Aus für die damals in Top-Form befindliche Mayer war damals der Olympia-Türöffner für die selbst mit Verletzungsproblemen kämpfende Lückenkemper - die mit der Staffel in Tokio unter dramatischen Umständen Edelmetall verpasste.

In derselben Besetzung wie damals - Burghardt, Lückenkemper, Haase, Tatjana Pinto - gelang im Juli der Bronze-Coup von Eugene. Vor der EM in München erwischte es dann Pinto - und Mayer war diesmal die Profiteurin.

Tatjana Pintos Pech ist Meyers Glück

„Ich bin unglaublich dankbar, hier laufen gedurft zu haben und das Vertrauen geschenkt bekommen zu haben“, bedankte sich Mayer bei SPORT1 und sprach von einem „Riesen-Happy-End einer unglaublich schweren Zeit“.

Mayer genoss die „Gänsehaut-Atmosphäre“ im Münchener Olympiastadion, dachte aber auch an die verletzte Pinto: „Für sie war das natürlich sehr bitter und sie hat mir sehr leid getan. Ich bin auch irgendwo für sie mitgelaufen.“

Mayer und Pinto sind Weggefährtinnen seit vielen Jahren, 2016 waren sie Teil der drittplatzierten Staffel bei der EM in Amsterdam, auch damals schon mit Lückenkemper und Haase. Das Bronze-Quartett in Berlin 2018 bestand aus Lückenkemper, Pinto, Haase und Startläuferin Lisa-Marie Kwayle.

Auch um Gina Lückenkemper gab es Bangen

Um Lückenkemper, die fünf Tage nach ihrem überraschenden Triumph über die 100 m ihre zweite Medaille in München holte, musste die DLV-Crew diesmal ebenfalls zittern: Die 25-Jährige hatte erst am Samstag grünes Licht für ihren Start gegeben, nachdem sie unmittelbar nach dem Zieleinlauf über 100 m gestürzt war und sich dabei eine Wunde am linken Bein zugezogen hatte. Diese musste im Krankenhaus mit acht Stichen genäht werden.

Die glückliche Genesung ist eine von vielen Geschichten hinter dem Gold-Coup - eine weitere ist die von Burghardt, die nun 2022 einen kompletten Medaillensatz voll hat: Gold in München, Bronze in Eugene - und Silber bei den Olympischen Winterspielen in Tokio, als Bob-Anschieberin von Mariama Jamanka.

Eine weitere Fügung, die dazu beitrug: Die mitfavorisierten Britinnen mit Dina Asher-Smith und die Französinnen waren nach einem Wechselfehler ausgeschieden. (SERVICE: Der Medaillenspiegel der European Championships)

Das deutsche Quartett blieb diesmal vom Pech verschont, worüber Mayer die meisten Tränen der Freude vergießen konnte. Ihre abschließenden Worte an SPORT1: „Ich würde gerne noch ein bis zwei Einzelrennen, aber dann in den Urlaub. Diese Emotionen müssen erstmal verarbeitet werden.“

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Mit Sportinformationsdienst (SID)