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Wie man sich am wahrscheinlichsten mit dem Coronavirus ansteckt

Viel hat die Wissenschaft in den vergangenen Monaten über das pandemische Coronavirus und die Krankheit Covid-19 dazugelernt. Am wichtigsten: Wie es sich überträgt.

Eine Schutzmaske kann größere virushaltige Speicheltröpfchen abfangen. Foto: Symbolbild / gettyimages / VioletaStoimenova
Eine Schutzmaske kann größere virushaltige Speicheltröpfchen abfangen. Foto: Symbolbild / gettyimages / VioletaStoimenova

Am Anfang der Pandemie gab es zahlreiche Mythen, wie sich das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 übertragt. So empfahl beispielsweise ein US-amerikanischer Arzt im März, eingekaufte Lebensmittel nicht direkt in die Wohnung zu bringen und sie stattdessen drei Tage lang vor der Tür zu lagern. Danach sollten sie desinfiziert und in Seifenwasser abgewaschen werden. Sein Youtube-Video sahen damals laut Medium rund 26 Millionen Menschen.

Hygieneempfehlungen bleiben bestehen: Händewaschen

Mittlerweile haben Wissenschaftler*innen viel geforscht und dazugelernt. Vor allem sind ihnen die Infektionswege des Coronavirus besser bekannt – Einkäufe etwa gelten dabei als ungefährlich. Dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sind keine entsprechenden Infektionen bekannt: „Für eine Übertragung des Virus durch Kontakt zu kontaminierten Gegenständen oder über kontaminierte Oberflächen, wodurch nachfolgend Infektionen beim Menschen aufgetreten wären, gibt es derzeit keine belastbaren Belege.“

Grundsätzlich könnten Coronaviren aber durch direktes Niesen oder Husten einer infizierten Person auf Oberflächen gelangen und eine Zeit lang überleben – was die Schmierinfektion einer weiteren Person möglich mache, wenn das Virus kurz danach auf die Schleimhäute der Nase oder Augen übertragen werde. Deshalb empfiehlt das BfR regelmäßiges Händewaschen und Fernhalten der Hände aus dem Gesicht.

Falsches Studiendesign

Wieso anfangs die Infektion über Oberflächen überschätzt wurde, lag dabei ebenfalls an der Wissenschaft – oder besser: an unrealistischen Studien. Der Professor für Mikrobiologie und Biochemie Emanuel Goldman erklärt es im Gespräch mit Medium so: „Viele Experimente nahmen anfangs eine zu große Virusmenge an. Um im Alltag so viele Viren auf eine Oberfläche zu befördern, hätten 100 Menschen auf eine kleine Stelle husten müssen.“

Deshalb war in diesen Studien lange Zeit nach Aufbringen noch infektiöses Virus gefunden. In der Realität ist es weit instabiler und übersteht nur kurz auf Oberflächen, wo es schnell antrocknet. Seine Halbwertszeit liegt bei sechs Stunden, nach dieser Zeitspanne ist nur noch die Hälfte der Viren ansteckend. Nach weiteren sechs Stunden halbiert sich diese Zahl wieder – und so weiter.

„Eine realistische Menge sind zehn bis 100 Viren, so viel beinhaltet ein Hustentropfen ungefähr“, sagt Goldman. „Bei dieser Menge besteht auf Oberflächen aber nach spätestens einem Tag keine Gefahr mehr. Es ist zwar nicht unmöglich, sich über Oberflächen anzustecken. Aber unwahrscheinlich.“

Aerosole und Tröpfchen sind gefährlich

Stattdessen stecken sich Menschen vor allem über die Atemluft an. Beim Sprechen, Singen, Husten oder einfachen Atmen gelangen kleine Virusmengen über Tropfen und sogenannte Aerosole in die Luft. Enthalten diese Aerosole, das sind Flüssigkeitspartikel kleiner als fünf Mikrometer, Coronaviren, können sich andere Menschen anstecken. Das liegt daran, dass die Viren – frisch ausgeatmet – sehr wahrscheinlich aktiv und damit infektiös sind und ihre Konzentration sehr hoch ist, weil sie sich stark im Rachenraum vermehren.

Das BfR schreibt dazu: „Grundsätzlich ist im Umkreis von ein bis zwei Metern um eine infizierte Person die Wahrscheinlichkeit erhöht, mit virushaltigen Tröpfchen und Aerosolen in Kontakt zu kommen. Bei längerem Aufenthalt in kleinen, schlecht oder nicht belüfteten Räumen kann sich die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung durch Aerosole jedoch auch über eine größere Distanz als zwei Meter erhöhen.“ Eine Studie aus China zeigt etwa, wie groß der Unterschied ist, je häufiger und näher man anderen Menschen kommt: So steckt eine infizierte Person mit 17,2 Prozent Wahrscheinlichkeit ein Familienmitglied an. Aber nur in 2,6 Prozent der Fälle eine Person außerhalb der eigenen vier Wände.

Mittlerweile ist ebenfalls bekannt, dass die meisten Infizierten nur wenige andere anstecken. Im Schnitt sind es zwei bis drei. In seltenen Fällen kommt es aber zu sogenannten „Superspreader“-Events, wo eine Person sehr viele infiziert. Medium berichtet dazu von einer Chorprobe außerhalb Seattles, im US-Bundesstaat Washington gelegen, wo 61 Personen gemeinsam sangen. Eine Person steckte an diesem Tag 52 andere an – in gerade Mal zweieinhalb Stunden. Und das, obwohl der Chor Social Distancing beachtete und regelmäßig Oberflächen desinfizierte.

Nicht alles ist bekannt

Wie viele Viren wirklich nötig sind, um eine andere Person anzustecken, ist noch nicht entschlüsselt. „Das ist eines der letzten Teile des Puzzles, die unbekannt sind“, sagt Joshua Santarpia, Mikrobiologe an der Universität von Nebraska im Gespräch mit Medium. „Vermutlich müssen es aber hunderte Viren sein. Nicht wie bei Masern oder Pocken, wo bereits wenige Viruspartikel ausreichen.“

Aus all diesem Wissen entsteht, wie man sich am Besten vor einer Infektion mit dem Coronavirus schützen kann: mit Abstand und MNS-Masken. Schutzmasken halten dabei größere virushaltige Tröpfchen ab und können auch die Aerosol-Dosis verringern. Was entscheidend ist, wenn eben die Viren-Menge über eine Ansteckung entscheidet. Genauso wichtig ist – mit Blick auf den bevorstehenden Herbst und Winter – eine gute Ventilation in geschlossenen Räumen. So wird virushaltige Luft ausgetauscht und es kann sich gar nicht erst gefährliches Aerosol ansammeln.

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