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Wimbledon: Kritik an John McEnroes Raducanu-Kommentar

John McEnroe äußert sich zum Wimbledon-Aus der britischen Nachwuchsspielerin Emma Raducanu. Jetzt springt ihr ausgerechnet ihre Gegnerin zur Seite.

Emma Raducanu war das Highlight von Wimbledon. Doch nach ihrem sensationellen Einzug ins Achtelfinale musste sie verletzungsbedingt aufgeben. (Bild: REUTERS/Paul Childs)
Emma Raducanu war das Highlight von Wimbledon. Doch nach ihrem sensationellen Einzug ins Achtelfinale musste sie verletzungsbedingt aufgeben. (Bild: REUTERS/Paul Childs)

John McEnroe war schon zu seinen aktiven Zeiten als Tennisstar in den 80er Jahren bekannt für seine große Klappe. Die hat der Ex-Profi auch als Kommentator nicht abgelegt. Für die "BBC" begleitet er das Tennis-Geschehen in Wimbledon und damit natürlich auch die große Story des bisherigen Turniers. Die trug den Namen Emma Raducanu. Denn die erst 18-jährige Britin war mit begeisterndem Tennis bis ins Achtelfinale des renommierten Wettbewerbs gestürmt. Als Nummer 338 der Welt wurde sie dafür besonders von den englischen Fans gefeiert.

Doch im Achtelfinale gegen die Australierin Ajla Tomljanovic war beim Stand von 4:6 und 0:3 plötzlich Schluss. Raducanu griff sich mehrfach in die Magengegend und musste das Match dann abbrechen. Bei der Spielerin wurden im Nachhinein Atemprobleme als Grund für die Aufgabe angegeben.

John McEnroe kommentierte das Aus der Teenagerin allerdings als mentale Schwäche. Es sei wohl alles ein bisschen zu viel für sie gewesen, sagte McEnroe als Kommentator der "BBC". "Natürlich tut es mir leid für Emma," fügte er hinzu. Doch dann bezog sich der dreifache Wimbledon-Sieger auf die Vorgeschichte von Naomi Osaka, die sich von den French Open zurückgezogen hatte, nachdem sie trotz ihrer Depressionen und Angstzustände weiter an den Presseveranstaltungen teilnehmen sollte. "Wie viel halten die Spieler und Spielerinnen aus?" fragte McEnroe. Wenn man sich die Männer und Frauen anschaue, die lange im Geschäft seien, sehe man wie gut sie mit dem Druck umgehen könnten. "Ich hoffe, sie lernt aus dieser Erfahrung." Es könne auch daran gelegen haben, dass sie bei dem späten Beginn des Matches zulange Zeit gehabt habe, nachzudenken, orakelte der US-Amerikaner.

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"Wusste nicht, dass er einen Röntgenblick hat"

Die Kritik zu McEnroes uninformiertem Kommentar ließ nicht lange auf sich warten. Der bekannte Fernseh-Arzt Dr. Alex George schrieb auf Twitter: "Ich wusste nicht, dass John McEnroe medizinisch qualifiziert ist oder einen Röntgenblick hat." Der walisische Arzt ist als britischer Jugendbotschafter für psychische Gesundheit im Bildungsministerium tätig.

Auch Gegnerin Tomljanovic sprang für Raducanu in die Bresche. McEnroes Kommentare seien definitiv hart gewesen, sagte sie auf Nachfrage von Reportern. "Ich kann mir nicht vorstellen, in ihrer Haut zu stecken. und mit 18 das Achtelfinale in ihrem Heimatland zu spielen." Sie nahm ihre Gegnerin in Schutz vor den Vorwürfen: "Ich habe schon etwas Ähnliches erlebt, wenn auch nicht in dem Ausmaß. Ich weiß, dass das echt ist und habe mit Profis gesprochen, die dasselbe durchgemacht haben. Das ist nicht leicht."

Kritik von Journalisten und Sportlern

John McEnroe kommentiert Wimbledon für die
John McEnroe kommentiert Wimbledon für die "BBC". (Bild: Karwai Tang/WireImage)

McEnroe hatte in seinem Kommentar davon gesprochen, dass die Art und Weise der Niederlage Raducanu vielleicht sogar gut tun würde. "Ich habe dieses Turnier mit 18 gespielt und war auf eine Art froh, das ich ausgeschieden bin. Ich habe dadurch verstanden, was es braucht, um es weit zu bringen," so der 62-Jährige. Doch andere Kommentatoren und Sportler hatten wenig Verständnis für seine Einschätzung. Die britische Journalistin Chloe Hubbard schrieb auf Twitter: "Ich glaube, die Produzenten hätten McEnroe ein besseres Briefing über mentale Gesundheit geben sollen, anstatt ihn ALLE seine Ansichten teilen zu lassen." Radio-Journalistin Harriet Minter schrieb: "1. Ist er betrunken? 2. Gibt es etwas Nervigeres als einen Mann der einer Frau sagt, sie sei nicht verletzt, es sei nur emotional? Nein, gibt es nicht." Und auch der ehemalige Rugby Spieler Christian Day hatte nicht viel übrig für die Meinung McEnroes. Er klinge wie ein Ex-Spieler, der jetzt an der Bar des Vereinshauses sitzt und "jedem der zuhört erzählt, dass sie nichts können im Vergleich zu früher."

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