WM: Welche Teams bisher überzeugt und welche enttäuscht haben

Die WM-Vorrunde geht in die letzten Züge. Langsam kristallisieren sich erste Favoriten heraus, während andere Teams klar hinter den Erwartungen zurückbleiben.

Locker und leicht: Gavi feiert sein Traumtor gegen Costa Rica mit seinem Teamkollegen Alejandro Balde. (Bild: REUTERS/Dylan Martinez)
Locker und leicht: Spaniens Gavi feiert sein Traumtor gegen Costa Rica mit seinem Teamkollegen Alejandro Balde. (Bild: REUTERS/Dylan Martinez)

Die ersten Teilnehmer für die K.o.-Runde stehen fest. Mit Frankreich und Brasilien konnten sich zwei der ganz großen Favoriten sogar schon vor ihrem letzten Gruppenspiel für das Achtelfinale qualifizieren. Doch aus dem Kreis der Titelkandidaten gibt es auch einige Mannschaften, die ihr Potenzial bisher nicht abrufen konnten. Ein erstes Zwischenfazit.

Frankreich in Titelform

Titelverteidiger Frankreich gehört nach wie vor zu den Teams mit den größten Titelaussichten. Ihre Hausaufgaben erledigte die Mannschaft von Didier Deschamps souverän. Obwohl mit Karim Benzema ein echter Leader ausfiel, kann die wohl am hochkarätigsten besetzte Offensive dieser Weltmeisterschaft den Verlust locker ausgleichen. Dafür brauchte es bisher noch nicht einmal überragende Leistungen von PSG-Star Mbappé (3 WM-Tore). Denn da gibt es ja auch noch Routinier Giroud, der gegen Australien doppelt traf und Antoine Griezmann, der als Vorbereiter glänzt. Im letzten Gruppenspiel gegen Tunesien (Mittwoch 30.11. 16:00) kann Deschamps sogar durchwechseln. Im Achtelfinale könnte allerdings theoretisch bereits ein Duell mit Argentinien warten.

Viel Potenzial - wenig Zählbares

Die Mannschaft von Lionel Messi gehört zu den ganz großen Enttäuschungen der WM bisher. Die Auftaktniederlage gegen Saudi-Arabien in Messis letztem großen Turnier hat zuhause für Entsetzen gesorgt. Da half das 2:0 gegen Mexiko, in dem der PSG-Regisseur seinem Team das Überleben sicherte, eher wenig. Selbst ein Sieg gegen Robert Lewandowskis Polen heute Abend (Mittwoch, 30.11. 20:00) wird die Zweifel an der Titelchance als Krönung für Messis Karriere nicht ausräumen.

Mal wieder weit hinter dem fußballerischen Potenzial bleiben auch die Belgier bisher zurück. Die goldene Generation um Kevin De Bruyne droht ein weiteres Mal, ihren Status als Geheimfavorit nicht in Zählbares umzumünzen. Der dritte Platz bei der WM 2018 in Russland könnte der Höhepunkt gewesen sein. Schon das 1:0 zum WM-Auftakt gegen Kanada war äußerst glücklich zustande gekommen, bei der anschließenden 0:2 Niederlage gegen Marokko zeigte das Team des spanischen Trainers Roberto Martinez dann erhebliche Defizite.

Die Nachbarn aus den Niederlanden hingegen starteten zunächst mit einem recht überzeugenden 2:0 Sieg über den Senegal in die WM, doch das 1:1 gegen Ecuador und auch das abschließende 2:0 gegen Gastgeber Katar ließen viele Fragen offen. Zum engsten Favoritenkreis gehört das junge Team um den Shootingstar Cody Gakpo (drei WM-Treffer) trotz des Gruppensiegs in dieser Form nicht.

Abgeklärte Zauberer und wiederbelebte Weltmeister

Dass die brasilianische Mannschaft mehr ist, als nur Neymar, musste sie zwangsläufig beweisen, denn der Spielmacher verletzte sich im Auftaktspiel am Knöchel. Doch schon dort hatte Brasilien eher durch Geduld und Teamfußball überzeugt, als durch einzelne Geniestreiche. Auch Neymar hatte sich dem klaglos eingefügt und lief und kämpfte mit. Das Scheinwerferlicht überließ er dem Doppeltorschützen Richarlison. Und als der im zweiten Spiel gegen die Schweiz nicht zum Zuge kam, übernahmen Rafinha und Vinicius Junior das Offensivspiel. Vor allem das geduldige Anlaufen gegen eine massive Schweizer Defensive zeichnete das Team von Coach Tite aus. Diese Mischung aus taktischer Disziplin und kreativer Spielfreude, wie beim Siegtor durch Casemiro unter Beweis gestellt, könnte Brasilien zum ersten Titel seit 2002 führen.

Auf dem Weg dahin gibt es aber durchaus Konkurrenz. Denn es konnte einem ein wenig Angst und Bange werden bei den beiden bisherigen Auftritten der spanischen Nationalmannschaft. Genauso leidenschaftlich und spielfreudig, wie sie beim furiosen 7:0 gegen Costa Rica zauberten, kontrollierten sie auch das Spiel gegen die DFB-Elf. Der Ball lief durch die Reihen, wie zu besten spanischen Titelzeiten zwischen 2008 und 2012. Und nur die kollektive Laufarbeit und ein Brustlöser von Niclas Füllkrug verhinderten einen klassischen 1:0 Sieg mit anschließender zermürbender Ballkontrolle. Die Spanier gehören mit dieser jungen Mannschaft definitiv zu den Favoriten und treten überzeugender auf, als es viele erwartet hatten.

Und die Deutschen? Nun ja, Favorit sind sie seit dem 1:2 gegen Japan sicher nicht mehr. Enttäuscht hat die Flick-Elf aber beim darauffolgenden starken Auftritt gegen Spanien auch nicht. Doch durch die Auftaktniederlage ist der Fokus kleiner geworden. Bevor man über Titelchancen sprechen kann, müssen Neuer und Co. gegen Costa Rica (Donnerstag, 1.12. 20:00) erst einmal die Gruppenphase überstehen und dabei sogar auf Schützenhilfe von Spanien hoffen.

Im Video: Deutschland gegen Costa Rica: Stéphanie Frappart leitet als erste Frau Spiel einer Männer-WM