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Die Woche in Europa - verspielen Serben und Kosovaren ihre EU-Zukunft?

Die Woche in Europa - verspielen Serben und Kosovaren ihre EU-Zukunft?

Der Krieg in der Ukraine erinnert die osteuropäischen Länder an die Brutalität Moskaus während des Kalten Krieges auf ihrer Seite des Eisernen Vorhangs.

Länder, die sich heute um die Mitgliedschaft in der EU bemühen.

Allen voran natürlich die Ukraine, aber auch Moldau, beides Ex-Sowjetrepubliken, denen die EU vor genau einem Jahr den Kandidatenstatus verliehen hat.

Aber es gibt auch die Länder des westlichen Balkans, auf die Moskau gerne mehr Einfluss ausüben würde.

Diese Länder sind von EU-Territorium umgeben, fühlen sich aber von der EU wie Schmuddelkinder behandelt und seit vielen Jahren außen vor gelassen.

Angesichts der jüngsten russischen Aggression hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen diese Woche einen Plan vorgelegt, um die westlichen Balkanstaaten näher an die europäische Familie zu bringen.

"Wir haben begriffen, dass es nicht ausreicht, nur darauf zu warten, dass unsere Freunde außerhalb der Union auf uns zugehen. Es reicht nicht, zu sagen, dass die Tür offen ist. Wir müssen auch Verantwortung übernehmen, um die aufstrebenden Mitglieder unserer Union viel näher an uns heranzuführen."

Der Plan würde die Angleichung der Staaten des westlichen Balkans an den Binnenmarkt weiter vorantreiben, die wirtschaftliche Integration erleichtern, die Justizreform und die Korruptionsbekämpfung beschleunigen UND die Heranführungshilfe aufstocken.

Klingt gut. Doch dann wurde die Region diese Woche wieder von ihren ewigen Dämonen heimgesucht.

Serbische Demonstranten gerieten im Norden des Kosovo mit NATO-Friedenstruppen aneinander. Hintergrund war die Berufung von albanischstämmigen kosovarischen Bürgermeistern.

Schockierende Gewaltszenen erinnerten die Fernsehzuschauer überall daran, dass gegenseitiger Hass und Ressentiments weiterhin mietfrei in den Köpfen der Menschen leben.

Dies war Anlass für eine ernste Warnung.

Jens Stoltenberg, NATO-Generalsekretär: "Die Gewalt wirft den Kosovo und die gesamte Region zurück und gefährdet die euro-atlantische Zukunft. Sowohl Pristina als auch Belgrad müssen konkrete Schritte unternehmen, um die Situation zu deeskalieren, und von weiterem unverantwortlichen Verhalten Abstand nehmen."

Dazu ein Interview mit Dragos Tudorache aus Rumänien, Mitglied des Auswärtigen Ausschusses des Europäischen Parlaments.

Euronews: Sie sind auch Mitglied der Delegation für die Beziehungen der EU zum Kosovo. In der Vergangenheit waren Zusammenstöße wie diese Woche oft der Beginn von ernsten bewaffneten Konflikten in der Region - ist das diesmal anders?

Tudorache: Ich hoffe auf jeden Fall, dass es anders sein wird, und ich hoffe, dass auf beiden Seiten die Weisheit siegt und dass die Führer tatsächlich Weisheit an den Tag legen, was wir in den letzten Tagen leider nicht unbedingt gesehen haben. Beide Seiten müssen die Verpflichtungen, die sie eingegangen sind, sehr ernst nehmen. Und ich wünsche mir von den beiden Führern des Kosovo und Serbiens ganz klare Signale für den Weg der Deeskalation.

Euronews: Die Präsidenten von Kosovo und Serbien haben sich gegenseitig beschuldigt, Öl ins Feuer zu gießen und die Spannungen zu verschärfen - wer hat Recht?

Tudorache: Nun, ich denke, beide haben dazu beigetragen, aber nicht positiv. Einerseits denke ich, dass die Entscheidung, die neu gewählten kosovarischen Bürgermeister in die von der serbischen Bevölkerung dominierten Gemeinden zu zwingen, nicht klug war. Und ich denke, auch international wurde diese Entscheidung der Kosovaren als unklug angesehen. Und dann die Rhetorik vom serbischen Präsident Vucic, die leider nicht neu ist.

Euronews: Serbien erhielt 2012 den offiziellen Kandidatenstatus für die EU-Mitgliedschaft, der Kosovo ist ein potenzieller Kandidat für den EU-Beitritt. Doch beide Seiten scheinen nicht willens oder nicht in der Lage zu sein, das Kriegsbeil zu begraben. Wie ist das mit einer gemeinsamen EU-Zukunft vereinbar?

Tudorache: Sicherlich nicht, denn was wir uns insbesondere von den Ländern wünschen, aber auch von denen, die sich um den Beitritt bemühen, ist zunächst ein Verständnis, ein sehr ernsthaftes Verständnis der Werte, die dieser Union zugrunde liegen. Und zu diesen Werten gehören Toleranz und ein gutes Einvernehmen mit den Nachbarn, vor allem in einer Region, die in den letzten Jahrzehnten so sehr mit Gewalt und ethnischen Konflikten zu kämpfen hatte. Ich denke, dass beide Seiten eine noch größere Verantwortung haben, zu verstehen, was es bedeutet, ein Mitglied, ein Beitrittskandidat der EU zu sein, sich an diese Werte zu halten und sie in ihrem politischen Verhalten zu zeigen.

Euronews: Befürchten Sie, dass sich die öffentliche Meinung in der EU gegen die EU-Bestrebungen Serbiens und des Kosovo wenden wird, wenn sie ihre Beziehungen nicht normalisieren können?

Tudorache: Nun, die europäischen Bürger erwarten das sicherlich von all diesen Ländern und all diesen Bevölkerungen, die Mitglieder des Clubs werden wollen. Sie wollen ein gewisses Maß an Engagement, an Verständnis und sicherlich auch ein klares Bestreben sehen, Teil dieser Werte zu sein. Und ich denke, es besteht das Risiko, dass dieses Verständnis und die Bereitschaft vieler Europäer, Serbien und die Kosovaren hier in der EU willkommen zu heißen, erodieren und das Vertrauen schwinden könnte, wenn sie sehen, dass dieser gemeinsame Glaube und dieses Verständnis nicht vorhanden sind.