"Wahnsinns-Spiel" gegen Kiel: Wölfe kurz vor der Rettung

Divock Origi trifft zur Führung für den VfL Wolfsburg

Pflicht erfüllt, Rettung in Sicht: Der VfL Wolfsburg hat den Überfliegern von Holstein Kiel im Relegations-Hinspiel die Flügel gestutzt und darf am Ende einer Katastrophen-Saison auf den Klassenerhalt im Nachsitzen hoffen.

Das Team von Trainer Bruno Labbadia besiegte den Zweitligadritten im Duell der Gegensätze mit 3:1 (2:1) und hat am Montag (ab 20.30 Uhr im LIVETICKER) alle Trümpfe in der Hand, den ersten Abstieg nach 21 Jahren in der deutschen Eliteklasse noch abzuwenden.

Kiel hadert mit Spielweise

"Es war ganz ordentlich, wir haben das vierte Tor verpasst und kamen dann in den letzten 15 Minuten ins Schwimmen. Aber man muss dazu sagen – wir sind 16. in der Bundesliga und haben immer nur drauf bekommen. Dass es dann 90. Minuten nicht immer 100 Prozent klappt ist klar", sagte Kapitän Maximilian Arnold nach der Partie bei Eurosport.

Die Einstellung seiner Teamkollegen lobt der Kapitän: "Jedem ist bewusst, um was es geht. Hätten wir das in dieser Saison ein paar mal mehr gemacht, hätten wir jetzt nicht diese Scheißspiele." Auch Labbadia war zufrieden. Für ihn war es die "beste Leistung zusammen mit dem Spiel in Köln".

Kiel vergab in der Schlussphase beste Möglichkeiten, der Durchmarsch rückt damit in weite Ferne. Vor heimischem Publikum brauchen die Störche einen Sieg mit mindestens zwei Toren Unterschied.(LIVETICKER zum Nachlesen)

"Wir hatten genug Torchancen, meine Jungs haben sich nicht belohnt. Es kann sich keiner beschweren, wenn wir zwei Tore mehr schießen", erklärte Kiel-Trainer Markus Anfang bei Eurosport.

Torjäger Marvin Ducksch kündigte für das Rückspiel "ein Feuerwerk" an.

Kiel winkt historischer Aufstieg

Für die spielfreudigen Wölfe, die schon im vergangenen Jahr erst in der Sonderschicht die Klasse gehalten hatten, trafen Divock Origi (13.), Josip Brekalo (40.) und Yunus Malli (56.). Kingsley Schindler hatte für die Kieler den zwischenzeitlichen Ausgleich erzielt (34.). Für den Außenseiter, der vor einem Jahr noch in der 3. Liga spielte, geht es um den ersten Bundesliga-Aufstieg überhaupt.

"Wir glauben daran. Wir wollen mutig sein, wir wollen nach vorne spielen", hatte Kiel-Coach Anfang gesagt und damit eine forsche Spielweise angekündigt: "Wir sind bislang in jedes Spiel gegangen, um es zu gewinnen. Und das wollen wir gegen Wolfsburg auch."

Wolfsburg startet dominant

Von den "Ballermännern" der 2. Liga (71 Saisontore) war allerdings zunächst kaum etwas zu sehen. Wolfsburg startete mit viel Energie und bestimmte von Beginn an Spieltempo und -rhythmus.

Weil Kiel zu tief verteidigte und das Mittelfeld nahezu komplett preisgab, kamen die Hausherren angetrieben vom starken Malli immer wieder gefährlich ins letzte Drittel - und gingen folgerichtig in Führung.

Auch danach dominierten die Wolfsburger, deren Personaletat mit etwa 60 Millionen Euro rund zehnmal so hoch ist wie beim Underdog von der Förde.

Doch anstatt nachzulegen, traf Kiel fast aus dem Nichts. Nach einem fein vorgetragenen Angriff ließ Dominick Drexler an der Torauslinie zwei Gegenspieler stehen und legte zurück auf Schindler, der den Fuß nur noch hinzuhalten brauchte.

Brekalo mit Distanz-Hammer

Es folgten die Minuten des jungen Brekalo. Erst traf der 19-Jährige nach einem kapitalen Abwehrschnitzer der Störche volley zur erneuten Führung. Dann umkurvte er drei Gegenspieler, bevor er mit seinem Linksschuss an Holstein-Keeper Kenneth Kronholm hängen blieb.

Genauso munter ging es nach der Pause weiter. Zunächst hatten die Gastgeber Glück, als Drexler freistehend aus elf Meter direkt in die Arme von VfL-Torhüter Koen Casteels schoss. Kurze Zeit später zeigte Liverpool-Leihgabe Origi sein ganzes Können und bediente nach einem starken Solo Malli, der Kronholm stehen ließ und zum 3:1 traf.

Die große Chance zum Anschlusstor verpasste Holsteins Alexander Mühling (71.). In der Schlussphase vergaben Ducksch und Seydel weitere Hochkaräter aus Sicht der Holsteiner.

"Es war ein hochintensives Spiel, für die Zuschauer sicher ein Wahnsinns-Spiel", urteilte Wölfe-Trainer Bruno Labbadia. "Wir nehmen viele gute Dinge mit, aber auch Dinge, die wir abstellen müssen."

In den insgesamt 19 Bundesliga-Relegationsduellen seit 1982 setzte sich lediglich fünfmal der klassentiefere Klub durch. Als bislang letzter Zweitligist schaffte Fortuna Düsseldorf über die Playoff-Spiele (gegen Hertha BSC) den Sprung nach oben. Das war 2012.