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Warum AJ Styles erst mit 38 bei WWE durchstartete

AJ Styles wählte einen kuriosen Weg, eine wegweisende Karriere-Entscheidung zu verkünden.

In eine Twitter-Botschaft, in der es in erster Linie darum ging, dass er einen Hundewelpen in seine Familie aufgenommen hat, streute er im März 2019 ganz beiläufig ein, dass er einen neuen Vertrag bei WWE unterschrieben hatte.

Einen Vertrag, der sein Rentenvertrag sein dürfte: Mit damals schon fast 42 Jahren soll Styles einen Fünf-Jahres-Deal unterzeichnet haben. Nach einem ebenso späten wie furiosen Start beim Marktführer lässt er seine Karriere also dort ausklingen - die 2020 um ein historisches Kapitel reicher wurde, als Styles zum Gegner des legendären Undertaker in dessen wohl letztem Match erkoren wurde.

Eine erstaunliche Entwicklung, nachdem Styles zuvor mehr als eineinhalb Jahrzehnte der wohl beste US-Wrestler seiner Generation war, der sich nicht an WWE gebunden hatte.

AJ Styles lehnte 2002 erstes Angebot von WWE ab

Styles, am 2. Juni 1977 als Allen Neal Jones in Jacksonville, North Carolina geboren, war 2001 einer der letzten jungen Debütanten des früheren WWE-Konkurrenten World Championship Wrestling (WCW). Sein Team Air Raid mit Partner Air Paris wurde bald darauf vom Ende der Liga gebremst.

WWE bot Styles im Jahr darauf nach einigen Probematches einen Vertrag an, den Styles aus persönlichen Gründen ablehnte: Er hätte nach Ohio, zum Sitz der damaligen Farmliga HWA ziehen soll und sich räumlich von Ehefrau Wendy trennen müssen, die damals aufs College ging.

Styles machte mit seinem technisch brillanten Spektakel-Stil stattdessen in anderen Ligen auf sich aufmerksam: bei der Independent-Liga ROH (Ring of Honor), wo er bereits 2002/03 auf seinen späteren WWE-Weggefährten "American Dragon" Bryan Danielson alias Daniel Bryan und auch mit Paul London begeisternde Matches hinlegte - und vor allem bei TNA, dem späteren Impact Wrestling.

Bis 2013 Aushängeschild von TNA / Impact Wrestling

Der "Phenomenal One" war Gründungsmitglied der 2002 von Jeff Jarrett als NWA TNA formierten und zwischenzeitlich zweitgrößten US-Liga. An letzterem hatte Styles entscheidenden Anteil, er entwickelte sich zum ersten und größten selbstgemachten Star der Promotion.

Styles war Aushängeschild der auf sein Stil zugeschnittenen X-Division, in der vor allem die Dreikämpfe mit Samoa Joe und Christopher Daniels in Erinnerung blieben. Er hielt alle Titel der Liga, teilte den Ring mit allen bekannten Gesichtern, die TNA damals verpflichtet hatte: Sting, Kurt Angle, Kevin Nash, Scott Steiner, Booker T und vielen anderen.

Dass der loyale Styles die Liga je verlassen würde, schien undenkbar - umso bezeichnender für den damaligen Zustand von Impact, dass sie ihn Ende 2013 nach geplatzten Verhandlungen über eine Vertragsverlängerung tatsächlich ziehen ließen. Nach eigenen Angaben hätte Styles 60 Prozent Gehaltseinbußen beim kriselnden Ex-Arbeitgeber hinnehmen müssen, wäre er geblieben.

2014 - 2016: Glanzvolle Auftritte bei NJPW in Japan

Styles zog nach dem spektakulären Abgang wieder durch die Independent-Ligen Amerikas und Europas, schärfte sein Profil aber vor allem bei NJPW in Japan, wo er zum Anführer des populären Bullet Club wurde, sich zweimal den prestigeträchtigen IWGP Heavyweight Championship umschnallte und gegen Könner wie Kazuchika Okada, Hiroshi Tanahashi, Kota Ibushi und Minoru Suzuki ein herausragendes Match nach dem anderen ablieferte.

Zu seinem Meisterstück wurde sein Abschiedskampf gegen den charismatischen Shinsuke Nakamura im Januar 2016 bei Wrestle Kingdom im Tokyo Dome - danach folgten beide Kontrahenten dem Ruf von WWE (wo sie später auch in nicht mehr ganz so hoher Qualität an ihre Vorgeschichte anknüpften).

Styles hatte auch über eine Rückkehr zu Impact verhandelt, die Vertragsgespräche endeten jedoch in einem erneuten Zerwürfnis: Die damaligen Verantwortlichen warfen Styles den Bruch eines schon unterschriebenen Deals vor, Styles bezeichnete das als Lüge und erklärte, dass der ihm vorgelegte Vertrag wenig mit den vorher ausgehandelten Konditionen zu tun gehabt hätte.

Ab 2016: Große Duelle mit John Cena, Brock Lesnar und Co.

Zusammen mit seinen Bullet-Club-Kollegen Karl Anderson und Luke Gallows ging der damals 38-jährige Styles stattdessen zum Marktführer, debütierte als Überraschungsteilnehmer des Royal Rumble 2016 - und kam so gut an, dass er sich bald darauf an die Spitze der Liga katapultierte.

Nach ersten größeren Matches mit Chris Jericho und Roman Reigns folgte eine fantastische Matchserie mit Superstar John Cena, die Styles endgültig im Main Event etablierte. Im September entthronte er Dean Ambrose als WWE-Champion und hielt den Titel in den darauffolgenden Jahren insgesamt über 500 Tage lang. Auch mit Brock Lesnar stellte er bei den Survivor Series 2017 eines von dessen besten Matches auf die Beine, brillierte zudem unter anderem auch in Duellen mit Bryan, Seth Rollins und dem alten Bullet-Club-Gefährten Finn Balor.

2020: Letzter Gegner des Undertaker bei WrestleMania 36?

Styles' später Erfolg machte ihn 2019 auch für den damals neu gestarteten WWE-Konkurrenten AEW interessant, er hatte Medienberichten zufolge aber kein ernsthaftes Interesse mehr, WWE zu verlassen. Aufgrund seines fortgeschrittenen Alters und seiner gesicherten Position bei WWE fühlt sich der vierfache Familienvater inzwischen gut beim Marktführer aufgehoben.

Wie viel Anerkennung sich Styles bei WWE erarbeitet hatte, zeigte sich auch, als Styles dem Undertaker 2020 den Vorschlag machte, gegen ihn ein Match bei WrestleMania 36 zu bestreiten, das als würdiger Karriere-Ausklang des Takers dienen sollte.

Der "Dead Man" nahm an - er sah in Styles den Wiedergänger seines großen Rivalen, des Ausnahme-Wrestlers Shawn Michaels. Und auch wenn das "Boneyard Match" wegen der Corona-Pandemie am Ende einen ganz anderen Charakter bekam als geplant: Styles hat sich bei WWE spät, aber machtvoll auf dessen Niveau etabliert.