Die zehn kuriosesten Derby-Szenen

Zum 99. Mal treffen Borussia Dortmund und Schalke 04 am Samstag in der Bundesliga aufeinander und noch immer ist es etwas Besonderes.

Das Spiel, auf das alle gucken, hat nur zu oft Spektakel geboten oder Kuriositäten geliefert.

Auffallend, dass sich die meisten Merkwürdigkeiten bei Heimspielen des BVB ereigneten. Ein Rückblick anlässlich des 50. Revierderbys in Dortmund.

Der höchste Heim-Sieg: 26. Februar 1966, BVB – Schalke 7:0

Im Stadion Rote Erde gerät Schalke im dritten Bundesliga-Jahr gehörig unter die Räder. Ausschlaggebend ist ein bis heute einmaliger Dreierpack binnen drei Minuten. 1:0 durch Sigfried Held (27.), 2:0 Aki Schmidt (28.), 3:0 Held (29.) – die Schalker kommen gar nicht mehr weg vom Anstoßpunkt. (DATEN: Die Tabelle der Bundesliga)

Auch nach der Pause nehmen sich die Schalker eine Auszeit, binnen zehn Minuten fallen die restlichen vier Treffer: 4:0 Willi Sturm (67.), 5:0 Dieter Kurrat (72.), 6:0 Schmidt (74.), 7:0 Lothar Emmerich (77.). (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)

Fünf Treffer werden per Kopf erzielt, sogar der kleine Kurrat schafft das Kunststück, weshalb Trainer Willi Multhaup anerkennend den Hut zieht. Launiger Kommentar der WAZ: „Bei der Torjagd waren die Schalker die Hasen.“

Der Hundebiss: 6. September 1969, BVB – Schalke 1:1

Tatort Rote Erde: Als Schalke nach 37 Minuten in Führung geht, rennen Dutzende Fans jubelnd aufs Feld und die Ordner lassen die Hunde los. Ein fünfjähriger Schäferhund namens Blitz beißt in den nächsten Hintern, den er zu fassen bekam: den von Schalkes Friedel Rausch.

Der schreit vor Schmerzen, hält dank einer Tetanusspritze durch. Später stellt sich heraus, dass es sich nicht um einen „offiziellen“ Wachhund gehandelt hat. Vielmehr hat ihn ein Fan benutzt, um sich als angeblicher Ordner den Eintritt zu erschleichen.

Der arme Friedel Rausch hat den Schaden und den Spott dazu. Wochenlang wird er von Passanten auf offener Straße angebellt, auch Gegenspieler haben ihren Spaß, „fast in jedem Spiel kam einer an und machte wuff-wuff.“

Die Bundesliga verdankt dieser Episode die Maulkorbpflicht für alle vierbeinigen Ordnungskräfte und die Errichtung von Zäunen.

Das Cocktail-Tor: 22. August 1992, BVB – Schalke 0:2

Immer neue Helden wurden geboren in dieser einmaligen Atmosphäre. Einer wie der begnadete Schalker Techniker Günter Schlipper, der (nur) bei Derbies zu Hochform auflief. So auch am 2. Spieltag 1992/93, als dort unter Trainer Udo Lattek der erste Sieg nach 20 Jahren oder 7466 Tagen gelingt.

Der 1:0-Schütze Schlipper trifft auf besonders elegante Weise, verlädt Torwart Stefan Klos und Weltmeister Stefan Reuter und trifft auch verbal: „Das kannten die Dortmunder nicht: den Ball mit der Sohle zurückgezogen und mit der Pike aufs Tor gehauen.“

Weil das so brasilianisch anmutet, bekommt er den Spitznamen Schlippinho und so heißt auch ein Cocktail, der in einer Gelsenkirchener Bar ihm zu Ehren fortan serviert wird.

Das erste Torwart-Tor: 19. Dezember 1997, BVB - Schalke 2:2

Im Westfalen-Stadion läuft die letzte Minute, Champions-League-Sieger Borussia führt mit 2:1. Zum zweiten Mal eilt Schalkes Keeper Jens Lehmann bei einer, übrigens unberechtigten, Ecke nach vorn um das Unmögliche zu versuchen: ein Tor zu erzielen. Nun, es gelingt ihm, per Kopf!

Der Gästeblock eskaliert, auch die neutralen Zuschauer sind begeistert. So was gab es noch nie in der Bundesliga. Nach 33.234 Toren ist es das erste eines Torwarts aus dem Spiel heraus.

Ihm folgen nur noch Frank Rost (Werder Bremen/2002) und Marwin Hitz (FC Augsburg/ 2015). Diese Episode veranlasst den Wettanbieter Partybets dazu, noch 2011 über ein Kopfballtor von Manuel Neuer (damals Schalke) im Derby zu spekulieren.

Möllers Triumph beim höchsten Auswärtssieg: 23. September 2000, BVB – Schalke 0:4

Selten stand ein Mann stärker im Fokus des Revier-Derbys als er: Andy Möller, der mit Dortmund Champions-League-Sieger geworden war, ist im Sommer 2000 gegen den Widerstand der Schalke-Fans auf seine alten Tage (mit 32) zum Revier-Rivalen gewechselt. Das verübeln ihm beide Fan-Lager und nun ist alle Welt gespannt, wie er damit vor seiner ersten Rückkehr ins Westfalen-Stadion klar kommt.

Möller versichert: „Ich habe vor Borussia keinen Bammel. Und ich bin ja nicht wegen der Fans weggegangen, die haben mich immer gut unterstützt.“ Man sieht nun einige unfreundliche Transparente („Judas“) und hört ein Schmählied über die „Heulsuse Möller“. Aber am Ende sieht man ihn mit freiem Oberkörper als Triumphator vor der Gästekurve feiern. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)

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Denn das Team von Huub Stevens dominiert die Sammer-Elf von Beginn an, führt schon zur Pause dank Jörg Böhme (39./Elfmeter) und Emile Mpenza (45.) 2:0. Ein Eigentor von Jörg Heinrich (60.) bricht dem BVB endgültig das Genick, Ebbe Sand (76.) sorgt schließlich für den höchsten Schalker Sieg in Dortmund. Möller fällt gar nicht sonderlich auf.

Der Kicker rechnet vor: „Von acht langen Pässen kamen fünf an, allerdings stand für ihn nur ein Torschuss zu Buche.“ Völlig egal nach so einem Sieg, durch den Möller ein Schalker wurde. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)

Der Elfmeterrekord von Rost: 30. September 2004, BVB – Schalke 0:1

Wieder steht ein Schalker Keeper im Mittelpunkt. Frank Rost hält in dieser hitzigen Partie mit Platzverweisen auf beiden Seiten gleich zwei Elfmeter und stellt einen Bundesligarekord ein.

Schon nach neun Minuten scheitert Jan Koller an ihm, in der 74. Minute auch Nationalspieler Torsten Frings. Veredelt werden seine Heldentaten durch das späte Siegtor von Ebbe Sand (89.).

Noch etwas macht den Abend besonders: seither hat der BVB an einem Freitag kein Heimspiel mehr verloren.

Die ausgefallene Meisterfeier: 19. Mai 2007, BVB – Schalke 2:0

Am 33. Spieltag kann Schalke nach 49 Jahren mit einem Sieg ausgerechnet in Dortmund wieder Meister werden. Stürmer Gerald Asamoah kündigt für diesen Fall an, die 35 Kilometer nach Gelsenkirchen zu laufen, Manuel Neuer will immerhin das Fahrrad nehmen.

Sie nehmen dann doch den Bus, denn es gibt nichts zu feiern. Die in der Tabelle abgeschlagenen Borussen hängen sich rein als könnten sie selbst noch Meister werden und gewinnen nach Toren von Alexander Frei und Eusebiusz Smolarek mit 2:0.

Tränen fließen in Schalkes Kabine und ein Borussen-Fan-Transparent wird berühmt: „Nur gucken, nicht anfassen“. Es veräppelt einen Werbespot mit Schalkes Manager Rudi Assauer, der sich die Meisterschale wieder nur aus der Ferne angucken darf. Denn am letzten Spieltag wird der VfB Stuttgart Meister.

Klopps glückliche Hand: 13. 9. 2008, BVB – Schalke 3:3

Was aus der Allianz Jürgen Klopp/BVB geworden wäre, hätte er in seinem zweiten Heimspiel nicht den richtigen Joker gezogen – wer weiß? Eigentlich scheint schon alles verloren, doch Schalke verspielt in den letzten 23 Minuten noch eine 3:0-Führung.

Zur Pause (0:2) bringt Klopp den ungeliebten Stürmer Alexander Frei und damit seinen Retter. Der Schweizer erzielt zwei Tore, das letzte per Handelfmeter in der 89. Minute gegen nur noch neun Schalker (Rot für Pander und Ernst).

Selten sind die Schalke-Fans aufgewühlter als an diesem Tag, Schiedsrichter Lutz Wagner ist ihr Feindbild. Frei hingegen glaubt, es sei „vielleicht eines der besten Derbys aller Zeiten“ gewesen.

Der Batman-Jubel: 28. Februar 2015, BVB – Schalke 3:0

Das Beste an der aus Dortmunder Sicht reichlich verkorksten Saison 2014/15 kommt im Derby, das bis zur 78. Minute torlos bleibt. Dann glückt Pierre-Emerick Aubameyang das 1:0.

Er eilt nicht etwa zu seinen Mitspielern, sondern an die Seitenauslinie, wo der Dolmetscher einen Turnbeutel hinterlegt hat. Darin ist ein Batman-Cape und eine Robin-Maske. Er nimmt das Cape, Marco Reus die Augenmaske. Das Bild der schwarzen Rächer geht um die Welt. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)

„Auba“ bekommt für die verbotene Jubel-Show Gelb und einen Rüffel von Klopp, aber der lebenslustige Gabuner steht drüber: „Ich hatte Gänsehaut, wir sind halt beide etwas verrückt.“ Ausgeheckt haben sie den Maskenstreich beim Mittagessen.

Das Derby des Jahrhunderts: 25.11.2017, BVB – Schalke 4:4

Vor dem 13. Spieltag 2017/18 spekuliert der Kicker über einen Machtwechsel im Revier. Schalke steht auf Platz 2 und schickt sich an, neuer Bayern-Jäger zu werden. Der BVB ist vor diesem Derby nur Fünfter. Doch nichts scheint die alte Ordnung zu gefährden, der BVB spielt Schalke an die Wand und führt nach 25 Minuten bereits mit 4:0, auch Mario Götze trifft.

In der Pause geht Schalke-Trainer Domenico Tedesco, der schon zweimal gewechselt hat, vor seiner Mannschaft auf die Knie und beschwört sie, nicht aufzugeben. Den Vierten Schiedsrichter aber fragt er, ob „wir heute nicht nur 70 Minuten spielen können?“ Hinterher ist er über jede gespielte Minute froh, denn die blauweiße Gemeinde erlebt den totalen Wahnsinn.

Am Ende steht ein Unentschieden, das schöner als hundert Siege ist. Durch Tore von Guido Burgstaller (61.), Joker Amine Harit (65.) und Daniel Caligiuri (86.) kommen sie auf 4:3 heran, auch dank Aubameyangs Platzverweis (72.) spielt nur noch Schalke.

In der vierten Minute der Nachspielzeit gibt es noch eine Ecke und Naldo köpft das 4:4! Ende, Aus. Die Bild am Sonntag titelt: „Das Jahrhundert-Derby“. Aber da sollte man sich bei dieser Paarung sich nicht so sicher sein…

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