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Zementiert Neuer seinen Legendenstatus?

Manuel Neuer hält im Halbfinale der Champions League den Sieg des FC Bayern fest. Er befindet sich in blendender Verfassung - der besten aller Zeiten?

Als er im Halbfinale der Champions League gebraucht wurde, war Manuel Neuer da.

Lyons Stürmer Karl Toko Ekambi hatte in der 58. Spielminute beim Stand von 2:0 für den FC Bayern die große Chance auf den Anschlusstreffer, doch beim Schlussmann der Münchner war Endstation.

"Er hatte die Ruhe und hat den Winkel verkürzt. Er bietet dem Stürmer eine Ecke an, hat aber mit dem langen Bein noch die Chance die lange Ecke zuzumachen", beschrieb Bayern-Vorstand Oliver Kahn am Donnerstag im Pressetalk des Klubs die Szene: "Das ist eine große Qualität, es wäre sonst das 2:1 gewesen und dann hätte es nochmal richtig gebrannt."

Doch es brannte nicht mehr und die Mannschaft von Trainer Hansi Flick zog mit einem 3:0-Sieg in das Finale gegen Paris Saint-Germain ein. Die Großtat gegen Toko Ekambi war nicht die einzige starke Parade Neuers, der einen großen Anteil daran hat, dass der Triple-Traum weiterlebt.

Neuer kämpft sich nach schwieriger Zeit zurück

Als Bayerns Torwart-Legende weiß Kahn besser als jeder andere, auf was es im Kasten des deutschen Rekordmeisters ankommt: "Ein Torwart wird bei Bayern München nie dauerbeschäftigt, dafür ist die Defensive zu gut und zu stabil. Er muss aber dann da sein, wenn er gebraucht wird und das ist alles andere als einfach für einen Torwart."

Diese unbestrittene Klasse Neuers, die er gegen Olympique Lyon unter Beweis stellte, wirft die Frage auf, ob derzeit der beste Manuel Neuer aller Zeiten zu sehen ist.

Dass es überhaupt legitim ist, diese Frage zu stellen, hätte vor einem Jahr wohl kaum jemand geglaubt. Neuer hatte sich gerade von einem Muskelfaserriss erholt und auch zuvor hatte er keine leichte Zeit durchgemacht.

Vor der Weltmeisterschaft 2018 hatte den Keeper ein Mittelfußbruch außer Gefecht gesetzt. Neuer wurde zwar rechtzeitig fit, um dann mit dem Vorrunden-Aus aber eine herbe sportliche Enttäuschung hinnehmen zu müssen.

"Wie er sich da wieder professionell rangearbeitet hat, ist stark", sagte Kahn. "Ich bin nah dran und sehe, mit welcher Akribie er auf seine Fitness achtet. Da ist es kein Wunder, dass er diese Leistungen immer wieder bringt. Er ist einfach einmalig."

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Punktsieg im Duell mit ter Stegen

In dieser Saison knüpfte Neuer größtenteils wieder an seine besten Zeiten an, wie an das Jahr 2014, als er in bestechender Verfassung mit dem DFB-Team Weltmeister in Brasilien wurde. Der Kapitän der Münchner strahlte Sicherheit und Ruhe aus - und hat sich seine besten Paraden wohl für das Final-Turnier in Lissabon aufgehoben. Wie es Weltklasse-Keeper eben so machen.

Im Viertelfinale errang er beim sensationellen 8:2-Sieg gegen den FC Barcelona einen Punktsieg im direkten Torwart-Duell. Gegen das Team von Marc-André ter Stegen agierte Neuer tadellos, seinem Konkurrenten in der Nationalmannschaft unterliefen hingegen ungewöhnliche Fehler - vor allem im Spielaufbau. Dafür patzte Neuer im Achtelfinal-Rückspiel gegen den FC Chelsea (4:1). Sein Fehler zum Gegentor blieb allerdings ohne Folgen.

Neuer hat seine Position als deutsche Nummer eins in dieser Saison zementiert. In den letzten Monaten war sein Stammplatz im DFB-Team in der Öffentlichkeit diskutiert worden - vor allem wegen der hervorragenden Leistungen ter Stegens.

Neuer hatte seine Konkurrenten, darunter auch FCB-Neuzugang Alexander Nübel, verbal auf ihren Platz als Nummer zwei hinter ihm verwiesen. Dass der Ehrgeiz des 34-Jährigen nicht abgeklungen ist, ist nicht nur in solchen Momenten deutlich spürbar.

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Kahn: Ein Torwart wird im Alter eher besser

Denn Neuer führt seine Mannschaft derzeit immer näher an den Gewinn des Triples, das er mit den Bayern schon im Jahr 2013 nach München gebracht hatte. Dass Spieler mit großen Erfolgen auch satt sein können, zeigt im Moment das Beispiel FC Barcelona. Doch davon ist bei Neuer nichts zu spüren.

Mit seiner Mischung aus Erfahrung und Ehrgeiz kann Neuer seinem Team vielleicht sogar mehr helfen, als je zuvor. Ob der Keeper rein sportlich über die Saison die beste Leistungen seiner Karriere abliefert, ist zwar fraglich. Wenn er im Finale allerdings den Henkelpott festhält, ist er für die Münchner trotzdem so wichtig wie nie - auch weil die Defensive in dem offensiven Spielsystem Flicks manchmal zu kurz kommt.

Der Legendenstatus wäre Neuer mit einem weiteren Triple ohnehin nicht mehr zu nehmen.

Gegen PSG wird Neuer es mit den Superstars Kylian Mbappé und Neymar zu tun bekommen. Kahn glaubt, dass Neuer gerade gegen Weltklasse-Stürmer einen Unterschied machen kann: "Wenn man vor Manuel Neuer eine Chance hat, dann ist das etwas anderes für den Stürmer, weil er weiß, dass er es mit dem vielleicht besten Torwart der Welt zu tun hat."

Wenn man dem 52-Jährigen glaubt, dann sind Keeper in etwa so, wie ein guter Wein. "Wenn ein Torwart älter wird, wird er keinesfalls schlechter, sondern eher besser", sagte Kahn am Donnerstag. Der designierte Vorstands-Boss glaubt, dass Neuers Zeit noch lange nicht vorbei ist: "Er ist jetzt 34 Jahre alt. Aber Manuel kann auf jeden Fall noch einige Jahre auf sehr hohem Niveau spielen."

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